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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Richtung Norden
folgte. Er malte sich in Gedanken bereits aus, wie er die neu
erwählte Konkubine von dem störenden Stoff befreien würde,
als sich eine Tür zu seiner Rechten öffnete und eine Schar
Hofdamen im Gang erschien. Diese hatten mit den Gemahlinnen der
geladenen Würdenträger in einem anderen Raum das Gastmahl
abgehalten – unter dem Vorsitz seiner gestrengen Mutter. Ein
Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, als er sich vorstellte, wie
die Valide seinen
Befehl, die Inderin für sein Lager vorzubereiten, aufgenommen
hatte. Vermutlich hat sie es Olivera brühwarm unter die Nase
gerieben, um sie zu erniedrigen, dachte er und bedeutete den Frauen
mit einer faulen Geste aufrecht zu stehen. Aufgeregte Stimmen
verrieten, dass die Neuigkeit noch verdaut wurde. Und als kurz darauf
Olivera im Rahmen der Tür auftauchte, breitete sich beinahe
etwas wie Häme in Bayezid aus. Kühl hielt sie einen Moment
lang seinem herausfordernden Blick stand, bevor sie die Hände
vor der Brust faltete und sich verneigte. Einem plötzlichen,
unerklärlichen Verlangen folgend trat er bis auf einen Schritt
an sie heran und zischte: »Welch ein Jammer, dass deine
monatliche Unreinheit immer länger zu dauern scheint. Da muss
ich mich wohl oder übel nach einer anderen Gefährtin
umsehen.« Ihre Miene blieb ausdruckslos, als sie den Kopf hob
und ihn ansah. »Warum seid Ihr so grausam?«, fragte sie.
Doch anstatt der erwarteten Eifersucht flackerte einen verräterischen
Moment lang Erleichterung in ihrem Blick auf. »Ich bin sicher,
die Ausbildung des Mädchens lässt nichts zu wünschen
übrig.« Sie schlug hastig die Augen nieder, als Bayezid
die Brauen zusammenschob und sie misstrauisch musterte. Irgendetwas
war faul. Alles hatte er erwartet, aber diese Reaktion erregte seinen
Argwohn. Hätte sie ihn mit frostiger Höflichkeit behandelt
oder die Sklavin durch die Blume abgewertet, hätte er sich dazu
gratuliert, sein Ziel erreicht zu haben. So allerdings keimte der
Verdacht in ihm auf, dass er genau das tat, was sie wollte. Er fasste
sie genauer ins Auge und merkte, wie sie unter seiner Betrachtung
schrumpfte.
        Warum
zog sie seit einigen Wochen immer die Schultern ein, sodass sie
beinahe wirkte wie eine gebeugte alte Frau? Und warum trug sie in
letzter Zeit Gewänder, die sie noch vor einem halben Jahr als
unförmig verschmäht hätte? Sein Misstrauen verstärkte
sich, als er den dünnen Schweißfilm bemerkte, der auf ihre
Oberlippe getreten war. Zusammen mit der steifen Haltung und dem
unsicheren Zucken ihrer Mundwinkel bestätigte ihr Verhalten
seinen Argwohn. »Sieh mich an«, herrschte er sie deshalb
an. Als sie zögerte, packte er sie unsanft am Kinn und zwang
ihren Kopf nach oben. Ihre Augen verdunkelten sich und die
Erkenntnis, dass er sich von ihr hatte foppen lassen, traf ihn wie
ein unerwarteter Hieb. Inzwischen hatte sich ein Halbkreis
neugieriger Hofdamen um sie gebildet, aus dem in diesem Moment die Valide hervortrat.
Als fürchte sie, dass ihr Sohn seine Entscheidung bereits wieder
vergessen hatte, schob sie das schöne Mädchen vor sich her
– wie ein Händler, der seine Ware anpreisen wollte.
»Erhabener Sultan«, säuselte sie und zupfte ein
edelsteinbesetztes Diadem auf dem Haar der jungen Frau zurecht, »Eure
Gefährtin wird schon bald in Eure Gemächer gesandt.«
Bayezid winkte ungeduldig ab. »Dann geh und mache sie bereit«,
brummte er. »Ich erwarte sie in einer Stunde.« Das
Rascheln von Stoff verriet, dass sich mit der Valide auch die anderen Hofdamen
zurückzogen, und schon bald waren nur noch Olivera und ihre
Zofen übrig. »Verschwindet«, gebot er mürrisch
und bohrte den Blick in Oliveras blaue Augen. »Du kommst mit
mir!« Er platzierte die Linke zwischen ihren Schulterblättern
und stieß sie den Korridor entlang auf den Nordflügel zu,
wo sich seine Privatgemächer befanden. Dort angekommen schob er
sie in sein Schlafgemach und verscheuchte seine Diener. Dann fasste
er Olivera derb bei den Schultern und befahl frostig: »Mir ist
nach einer Vorspeise. Zieh dich aus!« Ihre Augen weiteten sich
furchtsam und das Blut wich aus ihren Wangen. »Ich bin noch
nicht wieder rein«, hauchte sie und versuchte, sich seinem
Griff zu entwinden. Doch anstatt sie loszulassen, verstärkte er
den Druck so lange, bis sie mit einem erstickten Laut zusammenzuckte.
»Ihr tut mir weh«, flüsterte sie – die
förmliche Anrede wählend, um sie wie eine Waffe gegen ihn
zu verwenden.
        »Ich
werde es nicht noch

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