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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Angst vor dem Tod?«, hatte der Eunuch ihn
eines Tages gefragt, nachdem er Falk ein Lob für seine wache
Auffassungsgabe ausgesprochen hatte. »Nein«, war Falks
trotzige Antwort gewesen, und Ünsal hatte wissend genickt. »Dann
hast du gewiss Angst vor dem Sterben. Denn ansonsten wärest du
ein Tor.« Auch diese Annahme hatte Falk heftig von sich
gewiesen und war dem forschenden Blick des Lehrers ausgewichen. Aber
die Furcht, die sich in seiner Magengrube eingenistet hatte, strafte
ihn Lügen. Er versuchte, die Gedanken an Ünsal zu
vertreiben. Was wusste dieser Verräter seines eigenen Glaubens
schon davon, wie Falk sich fühlte?! Seine Hand schloss sich um
den Griff des Krummschwertes, als könne die Waffe ihm Halt in
einer Welt geben, die schon lange aus den Fugen geraten war. »Ihr
werdet so lange gegeneinander kämpfen, bis sich euer Gegner
ergibt oder kampfunfähig wird.« Der Fechtmeister hob
drohend den eigenen Yatağan und deutete damit auf eine
Gruppe älterer Burschen, die je mit einer Peitsche bewaffnet am
Rand des Platzes warteten. »Wer aufgibt oder sich feige zeigt,
schmeckt den Lohn der Schande! Ihr solltet es euch also gut
überlegen, bevor ihr um Gnade winselt.« Damit drosch er
mit seinem Schwert auf eine zerbeulte Kupferscheibe, die einen
gequälten Ton von sich gab. Bevor Falk sich versah, stürzte
sich ein breitschultriger Italiener auf ihn und hieb auf ihn ein, als
wolle er ihm den Schädel spalten. Obschon Falk auf einen Angriff
vorbereitet war, überraschte ihn die Heftigkeit der Attacke, und
er parierte den ersten Streich in letzter Sekunde. Der Aufprall des
gegnerischen Yatağans ließ ihn zurücktaumeln
und gerade noch rechtzeitig ausweichen, als sein Gegner mit
verzerrtem Gesicht nach seinem Schwertarm schlug. Ein gewaltiger
Streich folgte dem nächsten, und schon bald verlor Falk
jegliches Zeitgefühl. Wie im Traum hieb und stieß, duckte
und drehte er sich, während der bloße Überlebenswillen
übermenschliche Kraft in ihm freisetzte.
        Irgendwann
im Lauf des Kampfes wendete sich das Blatt, und die Angriffslust des
Italieners verwandelte sich in schwerfälliges Abblocken.
Inzwischen folgte jedem Hieb ein angestrengtes Stöhnen, das in
dem Klirren von Eisen unterging. Als sein Gegner über eine
Unebenheit in der Grasnarbe stolperte, nützte Falk den kurzen
Moment der Ablenkung und brachte ihn mit einem gezielten Schlag zu
Fall. Bevor sich der Gestrauchelte von der Überraschung erholen
konnte, nagelte er seinen Schwertarm mit dem Stiefel am Boden fest
und setzte ihm den Yatağan auf die gepanzerte Brust. Als
hätten sie die ganze Zeit über auf diesen Augenblick
gewartet, stürzten daraufhin zwei der älteren Burschen auf
den Platz, packten den Italiener und zerrten ihn auf einen der
zahlreichen, in den Boden gerammten Pfähle zu. Nachdem sie ihm
die Kleider vom Leib gerissen hatten, banden sie seine Hände
daran fest und schlugen mit der Peitsche auf ihn ein. »Du bist
ein guter Kämpfer«, tönte der Fechtmeister, der
unbemerkt hinter Falk getreten war. »Du erhältst bei der
nächsten Mahlzeit eine Extraration Brot.« Er entblößte
eine Reihe schlechter Zähne. »Bring dein Schwert zurück
in die Waffenkammer. Für dich ist der Tag zu Ende.« Halb
besinnungslos vor Erschöpfung starrte Falk ihm nach und
verhärtete sein Herz gegen die Schreie des geprügelten
Italieners. Hätte er ihn nicht besiegt, wäre es jetzt seine
Haut, auf welche die erbarmungslosen Hiebe rote Striemen malten.
Schaudernd wandte er dem Kampfplatz den Rücken und stolperte
zurück zu dem Gebäudekomplex, in dem die Janitscharen
untergebracht waren. Da es den ganzen Tag über immer wieder
geregnet hatte, klebte ihm die Uniform am Körper, der sich
anfühlte, als habe ihn jemand auf ein Rad gebunden und
zerschlagen. Einige der riesigen Blasen an seinen Händen waren
während des Kampfes aufgeplatzt, sodass warmes Blut seine Finger
entlangrann und auf den Boden tropfte. Hinkend umrundete er die
Werkstatt eines Schmiedes und blieb wie angewurzelt stehen, als er
ein schneeweißes Ross erblickte, das darauf wartete, beschlagen
zu werden. Große, intelligente Augen rollten von links nach
rechts, während das Tier den schlanken Kopf auf und ab warf. Die
formvollendeten Flanken zuckten – als wolle der Hengst im
nächsten Moment fliehen. Mit spielenden Ohren und geblähten
Nüstern stampfte er mit der Hinterhand auf, als der Schmied nach
einem Huf griff.
        Die
Schönheit des Tieres ließ Falk für den

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