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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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wenn der Mond noch dreimal
voll am Himmel stand, ist die Zeit gekommen. So lange musst du dich
gedulden.« Obwohl Otto am liebsten protestiert hätte,
hielt ihn der Ausdruck auf ihrem Gesicht davon ab. »Allerdings
habe ich auch eine gute Neuigkeit«, fuhr sie fort und legte die
Hand auf ihren Bauch. »Wir haben letzte Nacht ein Kind Luzifers
gezeugt.«

Kapitel 62
     
    Bursa,
Winter 1400
     
    Sie war
wieder da! Immer noch zu schwach, um den Kopf mehr als einige
Fingerbreit zu heben, verfolgte Falk wie das wunderschöne
Mädchen sich auf dem Schemel neben seinem Lager niederließ
und behutsam nach seinem Bein griff. Auch wenn ihr Auftauchen stets
Qualen bedeutete, brachte es auch Hoffnung und eine überwältigende
Empfindung, die Falk Stärke und Lebenswillen zurückgab. Sie
war fast wie ein Elixier, das ihn von innen heraus heilte, ihn
kräftigte und ihn ganz machte. Mit ruhigen Bewegungen löste
sie die Verbände an seinem Bein und sah ihn kurz entschuldigend
an, bevor sie die letzte Schicht entfernte. Wie jedes Mal durchfuhr
ihn ein scharfer, stechender Schmerz, der zu einem dumpfen Pochen
abklang, sobald die kühlende Salbe die Wunde berührte. »Wie
sieht es aus?«, fragte die zweite Frau, die mit Tabibe angesprochen wurde. »Es gibt nur noch wenige Eiterherde und
die Wundflüssigkeit wird durchsichtig«, erwiderte das
Mädchen, dessen Name offenbar Sapphira war. »Die Fäulnis
ist besiegt.« Das klang gut, dachte Falk und biss die Zähne
aufeinander, als Sapphira kurz darauf neue Binden anlegte. Um nicht
aufzuschreien, konzentrierte er sich auf den starken Geruch von Harz,
Weihrauch und Wachs, den er gelernt hatte, mit ihr in Verbindung zu
bringen. Wohingegen er die ersten Tage und Wochen nach der Verletzung
kaum lange genug bei Bewusstsein geblieben war, um Furcht zu
empfinden, waren die Intervalle der Klarheit inzwischen länger
und – was noch wichtiger war – die Geister hatten
aufgehört, ihn zu belagern. Lange Zeit hatte er am Abgrund des
Todes verharrt, hatte mit einem Fuß in der Welt gestanden, in
der er hoffte, seine Eltern wiederzusehen. Doch irgendwann hatte der
Wunsch zu leben die Oberhand gewonnen, und er hatte der Süße
der Sehnsucht widerstanden. Zwar konnte er sich nicht an viel
erinnern, aber als dem Mädchen eines Tages der Schleier
verrutscht war und er ihr vollkommenes Gesicht erblickt hatte, hatte
ihn eine Erkenntnis getroffen.
        Derjenige,
der ihn ins Jenseits locken wollte, gaukelte ihm etwas vor. Das Leben
war viel zu wertvoll, um es aufzugeben. Der Anblick, den er von
Sapphira erhaschen durfte, musste ein Zeichen Gottes sein. Ob es sein
Gott war oder der Gott, von dem Ünsal gesprochen hatte, war ihm
mit einem Mal gleichgültig geworden. »Wer auch nur ein
einziges Körnchen Glauben in seinem Herzen hat, wird aus der
Hölle gerettet werden.« Diese Worte des alten Eunuchen
hatten ihn immer und immer wieder von der Dunkelheit zurück ins
Licht geholt und ihn die Pein erdulden lassen. »Trink etwas
hiervon.« Ihre Stimme war warm und voller Mitgefühl.
Mühsam hob er den Kopf ein wenig höher und schluckte den
leicht süßlichen Trunk, den sie ihm viermal am Tag
einflößte. Angestrengt versuchte er, sich ein wenig in den
Kissen nach oben zu schieben, aber der Versuch misslang und ein Teil
des Trankes rann an seinem Kinn entlang und tropfte in die Laken.
Ihre Augen verrieten, dass sie unter dem Schleier schmunzelte, und
plötzlich schämte Falk sich für seine Schwäche.
»Wie lange willst du ihn noch so verweichlichen?«,
erklang ein Tenor und alle Freundlichkeit wich aus dem Blick des
Mädchens. Ihr Rücken versteifte sich, und Falk sah, dass
ihre Hände leicht zitterten. »Er ist immer noch sehr
krank«, erwiderte sie förmlich, blieb jedoch unbeweglich
an Falks Seite sitzen. »Wenn Ihr Einwände habt«,
fügte sie hinzu, »wendet Euch an die Tabibe. Sie ist allerdings bereits
nach nebenan zurückgekehrt.« »Dort gehört sie
auch hin!«, knurrte der Mann und verschwand leise schimpfend
dorthin, woher er gekommen war. »Was für ein Esel«,
schimpfte Sapphira und tupfte die verschüttete Medizin von Falks
Kinn. »Esel«, krächzte er schwach und erschrak über
den rostigen Klang seiner Stimme. »Pssst«, ermahnte ihn
die junge Frau und legte ihm die Hand auf die Stirn. Ihre Berührung
sandte ein Prickeln über Falks Kopfhaut. »Wie fühlst
du dich?« Falk versuchte ein Lächeln. »Heiß«,
murmelte er und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, die
sich rau und aufgeplatzt

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