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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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er seinen Großwesir,
dem er vertraute wie einem Bruder. Ein säuerlicher Ausdruck
huschte über sein Gesicht. Vielleicht eher wie einer Schwester.
Denn die würde ihm niemals den Thron streitig machen. »Nun
ja«, erwiderte Ali Pasha vorsichtig, da diesem wohl bewusst
war, wie dünn das Eis war, auf dem er tanzte. Das war es, was
Bayezid so an ihm schätzte. Noch nie hatte der Großwesir
einen Vorschlag gemacht, der ihn, den Herrscher des Ostens, das
Gesicht gekostet hätte. Nicht einmal damals, als er
vorgeschlagen hatte, Johannes Palaiologos zu verschonen und zu einem
Verbündeten in Konstantinopel zu machen. »Die Frage ist
nicht leicht zu beantworten«, konstatierte Ali Pasha das
Offensichtliche. Stets der Taktiker, dachte Bayezid anerkennend und
wartete gespannt darauf, dass der Wesir fortfuhr. »Auf der
einen Seite, bedarf die Unverschämtheit des Emirs Taharten der
Vergeltung. Sich Eurem Befehl zu widersetzen und nicht hier zu
erscheinen, um Euch seine Schätze auszuliefern, darf nicht
ungesühnt bleiben. Auf der anderen Seite solltet Ihr Euch seinen
Herrn, diesen Timur, nicht ausgerechnet jetzt zum Feind machen.«
»Was soll das heißen?«, brauste Bayezid auf. »Denkt
an die Worte Eures Vaters«, beschwichtigte ihn der grauhaarige
Staatsmann, dessen langer Bart beim Sprechen auf und ab wippte. Die
kleinen, scharfen Augen bohrten sich in die des Sultans. »Es
ist wie beim Kampf mit dem Krummschwert. Solange man sich auf einen
Gegner konzentriert, wendet man immer einem anderen den Rücken
zu, und das sollte man tunlichst vermeiden.« Er senkte demütig
den Kopf, als Bayezid ihn zornig anblitzte. Was war in den Kerl
gefahren? War er seines Lebens überdrüssig? »Euer
Reich gleichzeitig nach Westen und nach Osten auszudehnen ist
riskant«, setzte der Großwesir hinzu. »Und so wie
Timur Lenk schreibt, sieht er keine große Veranlassung, gegen
Euch zu rüsten. Es sei denn, Ihr provoziert ihn weiter und hört
nicht auf, seine Vasallen zu beleidigen oder gefangen zu setzen.«
Bayezids Zorn verrauchte genauso schnell, wie er gekommen war, und er
warf erneut den Kopf in den Nacken, um ein kehliges Lachen
auszustoßen.
        »Da
mögt Ihr recht haben, Ali«, stimmte er scheinbar
versöhnlich zu. »Aber vielleicht sehe ich eine Veranlassung, gegen ihn zu rüsten!« Seine
Stimme wurde hart. »Es kann nur einen obersten islamischen Feldherrn geben, und das bin ich!« Er
erhob sich von dem prunkvollen Thron und schlenderte den Teppich
entlang, bis er direkt vor seinem Wesir zum Stehen kam. Sämtliche
Bediensteten und Höflinge schienen den Atem anzuhalten, als er
die Pranke an den Dolch legte und diesen mit einer abrupten Bewegung
zog. Als handle es sich um ein harmloses Stück Holz und nicht um
eine tödliche Waffe, hielt er sie Ali Pasha direkt vor die
Augen, in denen lediglich ein winziger Funken Furcht aufglomm. Das
musste man dem alten Mann lassen: Er hatte Mut. »Mit dem
Osmanischen Reich verhält es sich wie mit dieser Klinge«,
erklärte er beinahe fröhlich. »Sie hat zwei
Schneiden, und wirkt am besten, wenn man sie mitten ins Herz der
Beute stößt.« Seine Hand schoss nach unten, sodass
der Stahl nur um Haaresbreite den Brustkorb seines Gegenübers
verfehlte. Doch der alte Großwesir verriet sich mit keinem
Wimpernzucken. »Was bedeutet, dass dieser Timur genauso
unterworfen werden muss wie Konstantinopel!« Die Spannung im
Raum war beinahe greifbar, und erst als Bayezid einen Schritt
zurücktrat, atmeten die Anwesenden auf. » Kâtib !«,
donnerte er, woraufhin sich sein Schreiber unter tiefen Verbeugungen
näherte. Als er auf fünf Schritte herangekommen war, warf
er sich flach auf den Boden und kroch bis direkt vor Bayezids Füße.
»Steh auf«, knurrte dieser und scheuchte den Mann zum
Fenster, wo ein aus Rosenholz gearbeiteter Tisch stand. Kaum hatte
sich der Schreiber dort niedergelassen und mit unsicheren Händen
seine Tintenfässer und Federn vor sich ausgebreitet, begann sein
Herr zu diktieren. »Schreib in goldenen Lettern: Bayezid Yilderim, Sultan
von Rum und oberster Herrscher des Ostens.« Er wartete, bis das
Kratzen des Kiels verstummte. »Darunter, in kleineren,
schwarzen Buchstaben: An Timur Lenk, den Lahmen.« Ein Grinsen
breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er sich vorstellte, wie der
tatarische Khan auf diese Beleidigung reagieren würde.
     
    » Der
erhabene Padischah, Bayezid Yilderim, befiehlt seinem unwürdigen
Diener, Timur dem Tataren, ohne Umschweife vor ihm zu

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