Die Heilerin des Sultans
ein Exempel an dem Prinzen von
Kharput zu statuieren. Wenn er ihm auftrug, diesen Vasallen Timurs zu
enthaupten und anschließend vor den Stadttoren aufzuhängen,
würde das seinem Herrn eine Lektion sein! Er kaute genüsslich
weiter und angelte nach dem dritten Krapfen. Er würde darüber
nachdenken.
Durstig
spülte er seine Kehle mit einem Glas Wein, während seine
Überlegungen ihn zu seinem zweiten Sohn, dem zehnjährigen
Mehmet, führten. Bald würde sich der Knabe auf dem
Schlachtfeld beweisen und zeigen können, ob er den Namen des
Propheten zu Recht trug. Auch wenn er eigentlich keinen seiner Söhne
bevorzugen sollte, war Mehmet der Augapfel seines Vaters. Das musste
Bayezid seiner Mutter, der schönen Devlet Hatun, lassen: Die
Ausbildung des Knaben ließ in keinerlei Hinsicht zu wünschen
übrig. Wie es von der Mutter eines Prinzen erwartet wurde,
kümmerte sie sich zum Teil persönlich um die Unterweisung
ihres Sohnes, während sie den harten Teil seiner Erziehung den
Kriegern des Sultans überließ. Bayezid beschloss, den
Knaben ein weiteres Mal im Zweikampf mit dem Yatağan – dem türkischen Krummschwert – zu prüfen. Es
wurde Zeit, dass er dem Jungen noch mehr von dem beibrachte, was sein
eigener Vater ihm beigebracht
hatte. Auch wenn die Mütter seiner anderen drei Söhne,
Mustafa, Musa und Isa, sich dann sicherlich bei der Valide beschweren würden.
Bayezid schüttelte den Kopf. Wie sehr er doch das Schlachtfeld
den Intrigen des Harems vorzog! Allmählich wurde
er des Herumsitzens überdrüssig. Wenn sich nicht bald ein
Grund für ihn ergab, sich persönlich in die Belagerung
Konstantinopels einzumischen, dann würde er eben zuerst gegen
Timur Lenk in die Schlacht ziehen. Bevor er hier in Bursa vor
Langeweile umkam. Ein reumütiger Ausdruck stahl sich auf sein
Gesicht. Nun ja, nicht gerade Langeweile. Seine Männlichkeit
stimmte ihm zu, als er sich an das letzte Liebesspiel mit Olivera
erinnerte. Aber es dürstete ihn dennoch nach der Hitze eines
Gefechtes. Immerhin konnte er Olivera oder irgendeine der anderen
Frauen ja mitnehmen, wenn er ins Feld zog. Neugierig verfolgte er,
wie eine seiner Sklavinnen mit hochgezogenen Schultern das Hospital
verließ und auf den Palast zuhuschte. Wenngleich ihr
rabenschwarzes Haar unter einem weißen Tuch verborgen war,
erkannte er in ihr die Kleine aus dem Hamam .
Irgendwann würde er auch ihren Garten der Lüste betreten.
Doch im Moment war er der Experimente überdrüssig. Ein
jungenhaftes Feixen erhellte seine Züge. Warum in die Ferne
schweifen …? Und es war nicht nur das Gute, das nah lag,
sondern auch das Feurige und erregend Verbotene. Auch wenn es seine
eigenen Verbote waren, gegen die er verstieß.
Kapitel 15
Aufgeregt,
den Salbentiegel fest umklammert, hastete Sapphira auf den Westflügel
des Palastes zu, der durch die Flucht der Valide mit dem
Ostteil des Gebäudes verbunden war. Nachdem sie die Kranken wie
befohlen versorgt hatte, hatte sie sich achtlos eines der zahllosen
Gefäße gegriffen und der Tabibe die erstbeste Lüge
aufgetischt, die ihr eingefallen war. Da es allerdings bereits
mehrmals vorgekommen war, dass eine der Hofdamen sich eine Arznei
hatte bringen lassen, hatte ihre Ausflucht kein Misstrauen erregt.
Blind für die Schönheit der Gärten und Wasserspiele,
eilte sie beklommen an den Küchengebäuden vorbei, ließ
die Quartiere der männlichen Bediensteten links liegen und
näherte sich dem Säulengang, an dessen Ende eine Treppe ins
Obergeschoss führte. Von der anderen Seite der Mauer drangen das
Klirren von Metall und das Surren von Pfeilen an ihr Ohr. Doch weder
das Gebrüll der Ausbilder noch das Treiben der jungen
Janitscharen barg an diesem Tag irgendein Interesse für sie.
Immer wieder zuckte ihre Hand zu der Tasche, in der das goldene
Schmuckband mit jeder Sekunde an Gewicht zuzunehmen schien. Sicher,
dass ihr jeder ansehen konnte, dass sie Diebesgut verbarg, schlug sie
die Augen nieder und wich den entgegenkommenden Jariyes und
Eunuchen aus. Je näher sie dem Aufgang zu den Gemächern der
Sultansmutter kam, desto mehr hatte sie das Gefühl, durch Sirup
zu waten, da ihr die Furcht die Beine lähmte. Diebesgut! Es war
als hielte sie eine kalte Hand im Nacken gepackt. Welches der Mädchen
konnte so böswillig sein, ihr das anzutun?, fragte sie sich
erneut und rief sich die Gesichter ihrer Mitschülerinnen ins
Gedächtnis. Konnte es Bülbül, die Nachtigall, sein,
deren kornblumenblaue Augen unschuldig und ein
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