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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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erscheinen.
        Sollte
dem Befehl nicht Folge geleistet werden, wird das gewaltige Heer des
Sultans wie eine Strafe Allahs über Timur Lenk kommen, ihn
vernichten und ihm seinen Harem rauben.
        Das
Gleiche gilt für den Emir Taharten. Wenn er nicht ebenfalls ohne
Umschweife mit all seinen Schätzen an den Hof nach Bursa
gebracht wird, wird es keine Gnade für ihn oder seine Anhänger
geben.«
     
    Als sein
Schreiber ihm eine vergoldete Feder reichen wollte, damit er seine
Unterschrift unter den Text setzen konnte, winkte Bayezid ab. »Es
genügt, wenn du unterzeichnest.« Damit war die Beleidigung
vollkommen und dem Tataren hoffentlich das Maul gestopft! Mal sehen,
welcher Löwe lauter brüllen konnte, dachte er
selbstgefällig und klatschte in die Hände. Als daraufhin
zwei seiner Pagen vor ihn traten, befahl er knapp: »Bringt mir
Süßigkeiten und Wein.« Diese Worte genügten, um
seinem Hofstaat zu signalisieren, dass er sich zurückziehen
wollte, und das Huschen von Füßen gesellte sich zu dem
Rascheln der Gewänder und dem nervösen Hüsteln eines
Eunuchen. »Warte eine Woche, bevor du den Brief abschickst«,
wies der Sultan seinen Kâtib an. »Timur kann ruhig
im eigenen Saft schmoren«, setzte er murmelnd hinzu. Denn auf
keinen Fall würde er wieder einen Eilboten ausschicken wie beim
letzten Mal oder das Schreiben gar dem Boten des Tataren anvertrauen.
Er stellte sich die Reaktion des lahmen Kriegsherrn vor, wenn dieser
vernahm, dass Bayezid seinem Abgesandten gegenüber nicht einmal
die grundlegendsten Regeln der Höflichkeit beachtet hatte. Sein
Mund verzog sich spöttisch. Als der Schreiber seine Papiere und
Utensilien zusammengelesen hatte, entließ er ihn und gab auch
Ali Pasha zu verstehen, dass er ihn nicht mehr benötigte.
Alleine bis auf zwei seiner Leibpagen, die in den Ecken neben der Tür
kauerten, ließ er ein halbes Dutzend blühender
Topfpflanzen links liegen und duckte sich unter einem schweren
Brokatvorhang hindurch ins Freie. Und schloss einige Momente lang die
Augen, um sich an das grelle Sonnenlicht zu gewöhnen. Mit einem
wohligen Seufzen schob er die langen Ärmel seines Kaftans nach
oben und genoss die Hitze auf seiner Haut, während er mit
geblähten Nasenflügeln den eigentümlichen Duft der
Gärten und Küchen einsog. Wenngleich der Prunkbalkon
beinahe zwanzig Fuß über den Köpfen der im Hof hin
und her eilenden Männer und Frauen aus der Palastmauer ragte,
konnte er mit der Linken die Wedel einer mächtigen Palme
berühren. Leicht hin und her bewegt von einer sanften Brise,
malten die Blätter lange Schatten auf das Fliesenmuster des
Bodens, verwischten die Konturen und schafften neue, flüchtige
Formen.
        Wann
er diese Laus Timur wohl endlich aus seinem Pelz entfernen konnte?,
fragte er sich und dachte mit grimmiger Genugtuung an den Tag vor
etwas über einem Jahr zurück, an dem er die Stadt Sivas
eingenommen und Timurs Groll auf sich gezogen hatte. Hatten ihn die
Einwohner nicht zur Hilfe gegen den Prinzen von Kharput gerufen? Und
ihn gebeten, sie von diesem Vasallen Timurs zu befreien? Was er auch
getan hatte. Dass die etwa 250 Meilen östlich von Ankara
gelegene Stadt ein Tor in den Osten darstellte, war ihm damals nur
allzu gelegen gekommen. Er stemmte die Fäuste auf den heißen
Stein der Brüstung. Und nun dachte dieser Steppennomade, dieser
hinkende Zwerg, dass er, Bayezid, ihm die Stadt zurückgeben, den
Prinzen von Kharput ausliefern und zudem auf seine Forderungen gegen
den Emir Taharten verzichten würde?! Er zog geringschätzig
die Oberlippe hoch. Dazu würde es gewiss nicht kommen.
Schließlich hatte er seinen ältesten Sohn, Suleyman, als
Statthalter des Gebietes eingesetzt! Die Ankunft der Süßigkeiten
unterbrach seine Gedanken. »Hierher«, brummte er und
deutete auf einen Tisch am Rande des Balkons, der gerade groß
genug war, um all die Köstlichkeiten zu fassen. Während er
die Knaben dabei beobachtete, wie sie die Leckereien auftürmten,
lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Schmelzgebäck, dreieckige,
mit Moschus parfümierte Blätterteigkrapfen, in Sesamöl
frittierte Dattelpasteten, Mandel-Honig Gelee und süße
Fladen aus Marzipan teilten sich den Platz mit Zuckerbiskuits und
perlendem Weißwein. Sobald die Pagen verschwunden waren,
stürzte er sich auf das Gebäck und stopfte sich den Mund
voll – gierig wie ein Kind. Während Honig und Öl von
seinen Händen tropften, überlegte er weiter. Vielleicht
sollte er seinem Sohn befehlen,

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