Die Heilerin des Sultans
drangen solch eindeutige Geräusche,
dass Falk trotz der Benommenheit ein letztes Mal versuchte, Reißaus
zu nehmen. »Nicht doch«, schalt sie ihn sanft, legte den
Arm um seine Taille und manövrierte ihn in einen von Kerzen
erhellten Raum, wo er sich von ihr auf eine klumpige Matratze drücken
ließ. Dankbar dafür, endlich wieder festen Halt zu haben,
ließ er sich nach hinten sinken und streckte die Beine von
sich.
»Du
wirst mir doch nicht einschlafen wollen«, tadelte sie
scherzhaft und trat zu ihm, um ihm mit geübten Bewegungen aus
Hemd, Schecke und Hose zu helfen. Wenngleich sein Kopf sich anfühlte,
als wäre er unter Wasser, verfolgte er mit halb geschlossenen
Lidern, wie sie sich geschmeidig aus ihrem Kleid wand, es zu Boden
gleiten ließ und das Haar löste, das in einer goldenen
Flut bis zu ihren Hinterbacken fiel. Er stöhnte leise und
versuchte, sich von ihr abzuwenden. Doch im nächsten Moment
schwang sie sich auf ihn, und er spürte zu seinem Entsetzen, wie
seine Männlichkeit sich selbständig machte. Mit einem
perlenden Lachen drückte sie die üppigen Schenkel in seine
Seiten und beugte sich über ihn, um seinen Hals und seine Brust
mit Küssen zu bedecken. Die Hitze, die ihm beinahe schmerzhaft
in die Lenden schoss, ließ ihn zusammenzucken. Als ihre Lippen
weiter seinen Bauch hinabwanderten, verwandelte sich der Weinrausch
in einen Taumel der Leidenschaft. Die Benommenheit wie abgestreift,
grub er die Finger in ihre weichen Rundungen und zog sie gierig an
sich. Seine Lippen suchten noch nach ihrer verhärteten Brust,
als sie sich mit einem Laut, der wie ein Schnurren klang,
aufrichtete, ihr Gewicht auf die Knie verlagerte und ihn in sich
aufnahm. »Oh, Heilige Mutter Gottes«, murmelte er.
»Vergib mir meine Sünden.« »Das wird sie, mein
Engel«, spottete die Dirne, die mit einem beinahe triumphalen
Ausdruck auf ihn hinabblickte. »Das wird sie ganz sicher.«
Mit diesen Worten begann sie, die Hüften auf und ab zu bewegen;
und während sich eine Woge flüssigen Feuers über Falk
ergoss, verfiel sie in einen immer schneller werdenden Rhythmus. Als
er schließlich kam, war der Höhepunkt des jungen Mannes so
gewaltig, dass er einen Augenblick lang fürchtete, sein Kopf
würde zerspringen. Doch dann ebbte das überwältigende
Gefühl genauso schnell wieder ab, und das Rasen seines Herzens
vermischte sich mit dem Rauschen in seinen Ohren, während der
Schwindel sich allmählich zurückschlich. Als wäre
nichts geschehen, glitt die junge Frau von ihm, schlüpfte in ihr
Kleid und setzte sich neben ihn auf die Matratze. Eine Zeit lang
betrachtete sie ihn schweigend, dann griff sie nach einem Becher und
hielt ihm diesen mit einem süßen Lächeln an die
Lippen. Immer noch heftig atmend, trank er zwar gierig, aber zitternd
von dem kühlen Wein, dessen Geschmack sich sauer über
seinen Gaumen legte. »Trink«, säuselte sie und
umspielte den Rand des Gefäßes mit ihrer Zunge, die sie
neckend in die Flüssigkeit tauchte. »Trink.« Damit
nötigte sie ihn erneut zu nippen, und erst als der Wein von
seinem Kinn auf das Laken tropfte, stellte sie den Becher ab und
küsste ihn auf die Augen. Diese – bleiern von Alkohol und
Erschöpfung – schienen mit jeder Sekunde schwerer zu
werden, und Falk merkte nicht einmal mehr, wie die Dirne sich vom
Bett erhob, die Kammer verließ und die Tür von außen
verschloss.
Kapitel 28
Bursa,
Frühsommer 1400
Das leise
Zischen der Flamme verkündete, dass sie bald erlöschen
würde. Obgleich ihr vor Müdigkeit beinahe die Augen
zufielen, hielt Sapphira eine neue Kerze an den zerfransten Docht und
drückte diese in das heiße Wachs des ersterbenden
Stummels. Konnte es wirklich so sein, wie Aristoteles sagte? Dankbar
darüber, eine lateinische Übersetzung des griechischen
Philosophen in den Händen zu halten, blätterte sie einige
Seiten zurück und begann, von vorne zu lesen. »Der
männliche Samen enthält einen Homunculus, einen
winzigen Menschen, der in der Gebärmutter der Frau ausgebrütet
wird.« Sie legte die Stirn in Falten. Wie, um alles in der
Welt, kam dieser kleine Mensch in den Samen? Platzierte Gott ihn
darin? Und wenn ja, warum musste er dann von der Frau erst noch
ausgetragen werden? Warum geschah dies nicht im Leib des Mannes, der
– den alten Meistern zufolge – wesentlich stärker,
wärmer und vollkommener war als der der Frau? Ihr Zeigefinger
wanderte über die eng geschriebenen Zeilen, die allmählich
undeutlich wurden. Wenn
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