Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
Vom Netzwerk:
Dolch, den er für
gewöhnlich niemals ablegte.
        Die
Vorfreude auf diesen Kauf ließ ihn wünschen, die Buden und
Kontore hätten bereits geöffnet. Mit beinahe beschwingtem
Schritt erklomm er hinter dem Katzensteiner die steile Treppe ins
Obergeschoss, wo sie von einem aufgebrachten Stimmenwirrwarr
empfangen wurden. »Was soll das heißen?«, keifte
ein kahler Händler drei Bewaffnete an, die sich um die Tür
seiner Kammer drängten. »Ihr wollt mich wohl ruinieren?
Woher wollt Ihr wissen, dass dieser Quacksalber recht hat?«
»Dieser Signore ist
Stadtarzt«, grollte der größte der Wächter.
»Wenn er sagt, dass Euer Sohn die Pest hat, dann hat Euer Sohn
die Pest!« Der Kahlköpfige warf die Hände in die
Luft. »Ach was«, zeterte er. »Ein Ausschlag ist es,
weiter nichts. Ihr könnt uns doch nicht einfach für vierzig
Tage hier einsperren! Seid Ihr denn von Sinnen?!« Falks Augen
weiteten sich, und er warf Otto, der ebenfalls erbleicht war, einen
ungläubigen Blick zu. »Was meint er damit?«,
tuschelte er – darauf bedacht, die Aufmerksamkeit der Soldaten
nicht zu wecken. »Ich fürchte, genau das, was er sagt«,
entgegnete der Ritter und stieß ihn den Gang entlang auf die
Tür ihrer eigenen Unterkunft zu. »Keinen Mucks«,
warnte er und drehte so lautlos wie möglich den Schlüssel.
Kaum war die Tür mit einem leisen Klicken aufgesprungen drängte
er Falk ins Innere und begann augenblicklich damit, das spärliche
Gepäck zusammenzusuchen. »Wenn wir uns nicht auf der
Stelle aus dem Staub machen«, wisperte er, »dann sitzen
wir hier fest bis zum Sankt Nimmerleinstag!« Als alles verstaut
war, schlichen sie auf Zehenspitzen zurück in den Gang hinaus
und hatten gerade den Treppenabsatz erreicht, als eine der hölzernen
Dielen mit einem Knarren unter Falk nachgab. »Halt!«,
befahl der Anführer der Wachposten und ohne nachzudenken schlug
der Knabe alle Vorsicht in den Wind und polterte hinter seinem Onkel
die Treppe hinab. Augenblicklich setzten ihnen die Bewaffneten nach.
Das Trampeln der genagelten Stiefel hallte so laut durch das Gebäude,
dass die Visdomi am
Ausgang ihnen bereits misstrauisch den Weg vertraten, als sie außer
Atem bei ihrer Stube anlangten. »Haltet sie auf!«,
brüllte einer der Soldaten, und wenngleich ihre Waffen noch in
den Händen der Aufseher des Fondaco waren, flohen Falk und Otto
aus dem Gebäude als wäre der Leibhaftige hinter ihnen her.
        »Schneller!«,
keuchte Falk, dem einer der Männer so dicht auf den Fersen war,
dass er befürchtete, jeden Moment von ihm gefällt zu
werden. Ohne auf den Protest der Kaufleute zu achten, die allmählich
zum Rialto tröpfelten, schlug der Knabe Haken um die Hindernisse
und stürmte zur Halle der Händler, unter deren Arkaden die
ersten Geldwechsler ihre Bänke aufstellten. Mit einer
blitzschnellen Handbewegung wischte sein Onkel vor ihm eine Schale
funkelnder Gulden, Scudi und Dukaten auf den Boden; was zur Folge
hatte, dass die schimpfenden Besitzer der Münzen augenblicklich
dem Schatz hinterherstürzten. Dem Getöse in ihrem Rücken
nach zu urteilen, erzielte dieser Schachzug den gewünschten
Erfolg, da die Bewaffneten lange genug aufgehalten wurden, dass Falk
und Otto in einer der Gassen verschwinden konnten. Ohne darauf zu
achten, wo sie hinrannten, umrundeten sie ein halbes Dutzend
Häuserecken, bevor sie sich schließlich in einen schmalen
Durchgang duckten, der von einem struppigen Busch halb verdeckt
wurde. Heftig keuchend stemmte Falk die Hände auf die
Oberschenkel und rang nach Luft, während ihn erneut Schwindel
übermannte. »Das war knapp«, beschied Otto grimmig.
»Aber die Waffen können wir vergessen.« Er schlug
die Faust gegen die schlampig verputzte Häuserwand. »Verdammt!
Das Schwert war noch nicht mal einen Tag alt!« Hätte Falk
nicht mit dem Drang, sich erneut übergeben zu müssen
gekämpft, hätte ihm sein Onkel leid getan. So allerdings
sackte er mit einem gepressten Laut in sich zusammen und vergrub den
schmerzenden Kopf zwischen den Knien – blind für das
flammende Morgenrot, das den Himmel über ihnen allmählich
überzog. Eine Zeit lang fürchtete er, das laute Gurgeln
seines Magens könne sie verraten. Doch als nach einer
Viertelstunde immer noch keine Wachen aufgetaucht waren, kam er
leicht schwankend zurück auf die Beine. »Ich glaube, wir
haben sie abgeschüttelt«, stellte Otto brummig fest. »Und
du solltest schleunigst etwas essen. Sobald du etwas Festes im Bauch
hast, geht es dir

Weitere Kostenlose Bücher