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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Truppen mobilisiert sind, schickt es als
Warnung vorneweg. Und sorgt dafür, dass genug Vorräte auf
dem Weg sind, bevor wir aufbrechen.« So war es Brauch seit
seinem Urgroßvater Osman. Und an Bräuche sollte man sich
halten, solange sie Sinn machten. Er gab dem für seinen Turban
zuständigen Offizier zu verstehen, ihm diesen um die gelbe Kappe
zu winden. Sobald der Mann von ihm zurücktrat, zog er die
dunkelblaue Hirka unter dem blutroten Kaftan zurecht. »Ich
berufe den Diwan ein«, sagte er an Ali Pasha und die übrigen
Wesire gewandt. »Aber zuerst werde ich beten.«
        Damit
entließ er den surrenden Schwarm und atmete einige Male tief
durch. Die Dinge begannen, sich zu überschlagen. Auch wenn er es
nicht hatte wahrhaben wollen, schien Ali Pasha recht gehabt zu haben
mit seiner Warnung, nicht an mehreren Fronten gleichzeitig zu
kämpfen; denn dieser Zug nach Griechenland schöpfte seine
Reserven an Soldaten nahezu aus. Es war höchste Zeit, dass sich
der Agha der
Janitscharen um Nachschub an Militärsklaven kümmerte, damit
Bayezid, falls nötig, die Belagerung Konstantinopels verschärfen
und seinem Sohn Suleyman bei dem bevorstehenden Gefecht mit Timur
Lenk zur Seite stehen konnte. Hatte er sich vor dem Ausbruch seiner
Krankheit noch gelangweilt, war dieses Gefühl der Eintönigkeit
inzwischen einem Hauch von Demut und, vor allem, der Vorfreude auf
die Schlacht gewichen. Er tätschelte beinahe liebevoll den Knauf
seines Krummschwertes, das bald wieder das Blut seiner Feinde trinken
würde. » Paşali !«,
rief er einen der unzähligen Diener zurück, der sich direkt
auf der Schwelle des Gemaches zu Boden warf. Ȇberbringe
meinem Sohn Mehmet den Befehl, sich in den nächsten Tagen für
die Reise zu rüsten. Er wird mich nach Griechenland begleiten.«
Sobald der kahl geschorene Knabe davongestoben war, griff er nach
einer kleinen Glocke, die er jedoch sofort darauf mit einem Seufzen
wieder abstellte, ohne sie benutzt zu haben. Er musste hart zu sich
sein! Beinahe eine Woche hatte ihn der verfluchte Anfall gekostet;
und wenngleich er den Speiseplan der Tabibe für nichts weiter als
eine Schikane hielt, hatte er so viel Respekt vor dem Wissen der
Heilerin, dass er sich geschworen hatte, vorerst keinen Wein zu
trinken. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, wie schwer es
war, diesen Vorsatz einzuhalten! Unbewusst rieb er sich das
Ellenbogengelenk, das nur noch dann leicht schmerzte, wenn er sich
nachts ungeschickt umdrehte. Er musste die Warnung, die Allah ihm geschickt hatte,
beherzigen! Immerhin gab es noch andere Dinge, mit denen man sich die
Zeit vertreiben konnte. Grinsend wippte er einige Male auf den Fersen
auf und ab, bevor er eine kleine, goldbeschlagene Schatztruhe auf dem
Tisch öffnete, darin herumstöberte und einen
tropfenförmigen Rubin zum Vorschein brachte. Nachdem er diesen
einige Male in den Fingern hin und her gedreht hatte, ließ er
ihn mit einem nachdenklichen Schmatzen wieder fallen und angelte nach
einer riesigen, bläulich schimmernden Perle. Dieser folgten zwei
goldene Armketten und eine diamantbesetzte Gürtelschnalle, die
er ebenso in den Falten seines Kaftans verstaute wie den Rest. Das
sollte genügen, um die Wogen zu glätten, die immer noch im
Herzen seiner Gemahlin hochschlugen. Bevor er sich in die Moschee und
dann zum Diwan begab, musste er Abbitte bei Olivera leisten.
Allerdings auf eine Art und Weise, die es ihm gestattete, das Gesicht
zu wahren. Auf keinen Fall konnte er sich direkt bei ihr
entschuldigen für das, was geschehen war. Ein Sultan
rechtfertigte sich nicht vor einem Weib! Er reckte sich zu seiner
vollen Größe. Aber irgendwie musste es ihm gelingen, sie
wieder gnädig zu stimmen. Denn auch wenn er sie in einem Anfall
von Zorn und Todesangst hätte hinrichten lassen, ohne mit der
Wimper zu zucken, sehnte er sich beinahe schmerzlich nach ihrer
Gesellschaft. Er zog die Hand aus den Falten des Gewandes zurück
und wandte sich der Tür zu. Schließlich konnte sie nicht
ewig schmollen!

    *******

    » Du warst es! Du bist Schuld an der Krankheit, die ihn um ein
Haar umgebracht hätte. Du bist eine Hexe, eine Ifritin, die ihm irgendwann den Tod bringen wird!« Die Stimme der Valide
Sultan überschlug sich vor Wut und Hass, und ihr war
deutlich anzusehen, dass sie die Gemahlin ihres Sohnes am liebsten
auf der Stelle erdrosselt hätte. »Dir ist es zu verdanken,
dass er sich schon viel zu lange hier herumdrückt, anstatt zu
kämpfen!« Die kalten grauen Augen

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