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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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davon,
ohne sich noch einmal nach ihr umzublicken. Bevor die Valide und ihre Begleiterinnen –
die zweifelsohne nebenan gelauscht hatten – in den Raum
zurückkehrten, befand sich Olivera bereits mit federnden
Schritten auf dem Weg in ihre eigene Zimmerflucht.

Kapitel 31
     
    Venedig,
Frühsommer 1400
     
    Das Hämmern
in Falks Schläfen ließ ihn mit einem Stöhnen die
Augen aufschlagen – was er allerdings sofort bereute, da sich
das flackernd im Raum schwebende Licht wie ein Dolch in sein Gehirn
bohrte. »Oooh«, hauchte er belegt und hob zitternd die
Hand an die Stirn, die vor Hitze glühte. »Oh, Gott, was
ist geschehen?«, murmelte er und hustete trocken. Mühsam
bewegte er die pelzige Zunge hin und her und versuchte zu schlucken.
Doch damit verschlimmerte er lediglich den brennenden Durst, der ihm
die Kehle zuschnürte. »Wie ich sehe, hast du dich
vergnügt«, bemerkte der Schemen neben seinem Bett, und
wenngleich der Raum sich um ihn drehte, erkannte Falk das
verschwommene Gesicht seines Onkels. »Hoch mit dir«,
forderte dieser ihn auf, packte seinen Arm und zog ihn in eine
sitzende Stellung. »Wer säuft, sollte es tragen wie ein
Mann!« »Nicht«, jammerte der Knabe und presste die
Hände auf die Ohren, um zu verhindern, dass ihm der Kopf
platzte. »Du hast genug geschlafen«, beharrte der
Katzensteiner. »Die Sonne geht bald auf. Trink, das wird
helfen.« Blinzelnd nahm Falk den hölzernen Becher
entgegen, den Otto ihm reichte, und stürzte das abgestandene
Wasser in einem Zug in sich hinein. Dann atmete er einige Male tief
durch und versuchte, den Aufruhr in seinen Gedärmen unter
Kontrolle zu bringen. »Kommt heute Abend zur achten Stunde zum
Kai bei San Marco«, bemerkte eine Gestalt im Hintergrund, die
Falk erst jetzt entdeckte. »Der Zug sticht morgen früh in
See.« Damit reichte der in einen Kapuzenmantel gekleidete Mann
Otto die Hand und wandte sich zum Gehen. »Wer war das?«,
fragte Falk verdattert und neugierig zugleich, doch die plötzlich
in ihm aufsteigende Übelkeit verdrängte alle anderen
Gedanken. Würgend fasste er sich an den Bauch und torkelte vom
Bett auf einen Eimer zu, vor dem er schlotternd auf die Knie fiel.
Während Hitzewallungen und Kälteschauer sich jagten,
befreite sein Körper sich von dem weinverdünnten
Mageninhalt. Als er schließlich mit einem Stöhnen zurück
auf die Fersen sank, fühlte er sich trotz des ekelhaften
Geschmackes in seinem Mund etwas besser.
        »Das
war der Kapitän des Schiffes, das uns an Bord nehmen wird«,
erklärte Otto, wenig gerührt von Falks jämmerlichem
Zustand. »Aber vorher sollten wir zurück ins Fondaco. «
Er kräuselte die Lippen. »Da kannst du deinen Rausch
vollends ausschlafen.« »Ich habe gar nicht so viel
getrunken«, protestierte Falk lahm. Als ihm siedend heiß
wieder einfiel, dass das nicht ganz stimmte und er zudem nicht
alleine gewesen war in der Kammer, schluckte er den Rest der
Verteidigung jedoch beschämt und senkte die Lider. Wenn er doch
nur zur Beichte gegangen wäre, anstatt Otto in die Herberge zu
folgen!, dachte er reumütig. Aber für solche Gedanken war
es jetzt wohl zu spät. Linkisch streifte er sich die überall
verstreuten Kleider über und folgte dem Ritter auf wackeligen
Beinen hinaus in die schwüle Nacht. Immer noch herrschte reger
Verkehr in den verwinkelten Gassen, und in mehreren Ecken vergnügten
sich Freier mit den käuflichen Mädchen der Stadt. Ekel
stieg in ihm auf. Wie hatte er sich nur zu einer solchen Tat
hinreißen lassen können? Am liebsten hätte er sich
die Sünde auf der Stelle abgewaschen, aber so wie die Dinge
standen, würde er damit noch eine Weile warten müssen.
Niedergedrückt trabte er hinter dem Ritter über die
Rialtobrücke auf die Deutsche Faktorei zu, deren Fenster bereits
wieder hell erleuchtet waren. Ohne viele Worte gaben sie ihre Waffen
bei den Visdomi ab,
und Falk beschloss insgeheim, sich vor dem Aufbruch in den Orient
selbst ein Schwert zu besorgen. Immerhin war solch eine Schiffsreise
nicht ungefährlich. Entgegen der Zerknirschung wegen der
Verfehlungen der Nacht stahl sich ein Grinsen auf sein Gesicht. Und
außerdem hatte er sich schon immer ein Schwert gewünscht.
Warum hatte er nicht schon früher daran gedacht? Immerhin war er
seit beinahe einem halben Jahr ein Mann, und als solcher dazu
berechtigt, eine richtige Waffe zu besitzen. Wie es sich wohl an
seiner Seite anfühlen würde? Sicherlich besser als der zwar
teure, aber lange nicht so beeindruckende

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