Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
Vom Netzwerk:
Schmerz!
    Wird mir
mein Jammern nützlich sein?«
     
    Vermutlich
nicht, dachte sie und senkte ihr Schreibgerät, um die Zeilen auf
Fehler zu überprüfen. »Du bist schon fertig?«,
fragte der Eunuch und streckte die Hand aus, um die Tafel
entgegenzunehmen. Nachdem er das Gedicht überflogen hatte, hob
er den Kopf und nickte anerkennend. »Ein bemerkenswertes
Talent«, stellte er wohlwollend fest. »Wärst du ein
Mann, hätte ein bedeutender Dichter aus dir werden können.«
Sapphira schlug bescheiden die Augen nieder und murmelte eine
Dankesfloskel. Wäre ich ein Mann, dachte sie, dann würde
ich vermutlich meinem Herrscher in den Kampf folgen!

Kapitel 33
     
    Das
Mittelmeer, Sommer 1400
     
    Es war
beinahe etwas wie Glückseligkeit, das Falk durch die Adern
strömte, als er – die Nase in der seichten Brise –
an der hölzernen Reling des bauchigen Frachtschiffes lehnte.
Alles Misstrauen und alle Zweifel waren in dem Augenblick
verpufft, als sie an Bord der Kogge gegangen waren. Und er hatte sich
schon öfter als einmal dafür geschämt, was er Otto
nach dem Überfall in den Alpen unterstellt hatte. Etwas über
zwei Wochen befanden sie sich bereits auf See, und während sie
zu Beginn der Reise ein starker Wind nach Süden getragen hatte,
herrschte im Moment eine nahezu vollkommene Flaute. Der azurblaue
Himmel über ihm war getüpfelt mit bauschigen Wölkchen,
die allerdings nicht einmal ausreichten, um die erbarmungslos
stechende Sonne zu verdecken. Schon am Morgen hatte er sich der
Schecke entledigt, sodass er in Hemdsärmeln beinahe aussah wie
einer der italienischen Seeleute. Da er viel Zeit an Deck verbrachte,
hatte seine Haut mittlerweile einen dunklen Haselnusston angenommen,
und er war froh, dass er sich im Gegensatz zu Otto nicht schälte
wie eine Erbse. Diesen hatte schon kurz nach dem Auslaufen aus dem
Hafen von Venedig der erste Anfall von Seekrankheit niedergestreckt;
und selbst bei kaum vorhandenem Seegang wirkten die eigentlich
geröteten Wangen stellenweise geisterhaft fahl. Auch heute
kauerte der Ritter wie ein Häuflein Elend in der Nähe des
Hecks, um sich bei den geringsten Anzeichen von Übelkeit würgend
über die Bordwand zu lehnen. Mit einem mitleidigen Lächeln
verfolgte Falk, wie sich sein Onkel stöhnend in den Schatten
eines Fasses verkroch, das vermutlich Trinkwasser enthielt. Da auch
der Katzensteiner seinen schweren Waffenrock abgelegt hatte, wirkte
er ungewohnt schmalbrüstig, und von Weitem hätte man ihn
für einen Knaben halten können. Falk straffte unbewusst die
Schultern und tastete nach dem Schwert an seiner Seite, das er Tag
und Nacht nicht ablegte. Es war nicht einfach, damit zu schlafen,
aber da auch die Besatzung bis an die Zähne bewaffnet war,
fühlte er sich so wohler. »Es ist Vorschrift des Senates«,
hatte der Kapitän sie informiert. »Die Meere wimmeln nur
so von Piraten. Die größeren Handelszüge haben sogar
Geschütze an Bord.«
        Mit
einem faulen Gähnen ließ Falk den Blick über die fünf
kleineren Koggen gleiten, die hinter ihnen die glatte See
durchschnitten. Zwei von ihnen hatten bemalte Segel, wohingegen das
Tuch der anderen strahlend weiß die Sonne einfing. Die runden
Krähennester waren beflaggt und bemannt, und schon mehr als
einmal hatte Falk sich gefragt, wie der Ausblick von dort oben sein
mochte. Vielleicht konnte er den Kapitän ja bei Gelegenheit um
Erlaubnis bitten, die wackeligen Wanten zu erklimmen – wenn ihn
der Mut nicht verließ. Er legte den Kopf in den Nacken und
folgte den starken Tauen bis zu dem Einstieg in den Mastkorb. Wie
hoch es wohl war? Und was würde geschehen, wenn man den Halt
verlor und abstürzte? Die Antwort darauf wurde ihm klar, als er
sich vorstellte, welche Auswirkung es hätte, einen Kürbis
aus dieser Höhe auf die Planken fallen zu lassen. Und er senkte
hastig den Blick zurück auf das frisch geschrubbte Deck.
Vielleicht war es doch besser, das Schicksal nicht noch mehr
herauszufordern als er es mit dieser Reise ohnehin schon getan hatte.
Gedankenverloren drehte er das Kruzifix an seinem Hals, dem immer
noch sein Siegelring Gesellschaft leistete, und sandte ein kurzes
Gebet zum Himmel. »Herr bewahre und begleite mich und behüte
mich vor dem Bösen.« Er verstummte, da er es immer noch
bereute, Otto in das Freudenhaus gefolgt zu sein, anstatt zur Beichte
zu gehen. Sobald sie eine größere Ansiedlung mit einer
Kirche erreichten, würde er dieses Versäumnis endlich
nachholen, beschloss er.
       

Weitere Kostenlose Bücher