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Die Heilerin des Sultans

Die Heilerin des Sultans

Titel: Die Heilerin des Sultans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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mehr wunderte Falk sich über die Auswahl des
Anlegeplatzes. Wollte der Kapitän mitten im Meer ankern? Denn
egal wie sehr er die Augen zusammenkniff, eine Bucht oder einen Hafen
konnte er beim besten Willen nicht entdecken. Da die Besatzung jedoch
keinerlei Unruhe zeigte, zuckte er innerlich die Schultern und
beobachtete fasziniert, wie der Steuermann das bauchige Schiff
geschickt um kleinere Felsen herummanövrierte, deren
messerscharfe Kanten den Rumpf aufschneiden konnten wie Butter.
Hoffentlich wusste der Mann, was er tat!, dachte Falk und hielt die
Luft an, als der Bug gefährlich nahe an einem der Riffe
entlangschrammte. Je weiter sie sich der Insel näherten, desto
aquamarinblauer wurde das Wasser, und allmählich zeichneten sich
Olivenhaine auf dem Kamm der Steilküste ab. Winzige Punkte, die
Falk für Ziegen hielt, bewegten sich hüpfend von einer
unmöglichen Stelle zur nächsten; und als das Schiff nach
langer Fahrt schließlich wieder tieferes Wasser erreichte,
schnellten schnatternde Delfine an die Oberfläche.
        Eine
Ewigkeit schien vergangen, bevor die Kogge endlich einen felsigen
Vorsprung umrundete, hinter dem sich eine halbmondförmige Bucht
verbarg. Dort – überschattet von Zypressen – duckte
sich ein Fischerdorf in eine Senke, und in einem winzigen Hafen
schaukelten dicht gedrängte Nachen. »Holt das Segel ein
und werft Anker!«, befahl der Kapitän. Nachdem die
Besatzung die Order ausgeführt hatte, trat er auf Falk zu und
bemerkte mit einem Blick auf das Dörfchen: »Wenn Ihr
wollt, rudern meine Männer Euch und Euren Onkel an Land. Dort
gibt es sicherlich frischen Fisch und besseren Wein als hier an
Bord.« Er verzog den Mund zu einem Lächeln. »Und
Euer Onkel würde ein Nachtlager an Land sicherlich vorziehen.«
Falk nickte. Das würde Otto bestimmt. Da die Bewohner harmlose
Fischer zu sein schienen, stimmte er dem Vorschlag nur zu gerne zu.
Auch er sehnte sich nach einem anständigen Bett und etwas
anderem zu essen außer Dörrfleisch und hartem Brot. Der
Himmel färbte sich bereits orange, als er und der Katzensteiner
Ritter aus dem flachen Boot sprangen, das sie zum Strand gebracht
hatte. Ein Großteil der Besatzung war an Bord der Kogge
geblieben, doch sowohl der Kapitän als auch der Steuermann und
ein halbes Dutzend weiterer Männer wateten ebenfalls aus dem
seichten Wasser ans Ufer. Auch von den übrigen fünf
Schiffen lösten sich einige Kähne, die wie sie die Bucht
ansteuerten, die größer war als Falk zuerst vermutet
hatte. Bis hinauf in die Hügel erstreckten sich die einstöckigen
Häuser des Dorfes. In der Mitte eines kleinen Platzes lockte
eine urige Schenke, deren Gastraum überfüllt war mit
Einheimischen. Beim Eintreten der Fremden verstummten die Gespräche
einige Augenblicke lang, um kurz darauf noch lautstarker wieder
einzusetzen. Einen kurzen Moment lang hatte Falk den Eindruck, dass
der Kapitän kein Unbekannter für die Fischer war –
ein Gefühl, das verstärkt wurde, als der Venezianer das
unverständliche Kauderwelsch des Wirtes erwiderte. Doch als kurz
darauf ein üppiges Mahl aufgetischt wurde, vergaß er seine
Umgebung. Hungrig von dem langen Tag schlang er das Essen in sich
hinein, bis ihm der Bauch spannte und ihn satte Müdigkeit
übermannte. Hätte er sich nicht bald danach mit Otto in den
hinteren Teil des Gebäudes zurückgezogen, hätte er
einen interessanten Austausch zwischen den Einheimischen und dem
Italiener beobachten können. So allerdings schlüpfte er
neben seinem Onkel unter die Decke und lauschte eine Zeit lang dem
Zechlärm, bis ihm schließlich die Augen zufielen.
        Eingelullt
von dem Stimmgemurmel, glitt er ins Reich der Träume ab, in dem
sich staksige Fohlen und silbern schimmernde Stuten auf saftigen
Koppeln tummelten. Alles war friedlich und vollkommen, bis aus dem
Nichts eine schwarze Wolke am Himmel auftauchte, die den penetranten
Geruch von Feuer verströmte. Schon bald gesellten sich weitere
Wolken zu der ersten, die sich mit einem Mal in einen Pechklumpen
verwandelte, aus dem echsenhäutige Teufel krochen. Der Schlag
eines Donners folgte einem Blitz, der auch die anderen Wolken
aufriss, sodass diese zischelnde Schlangen ausspien. Eine dieser
Kreaturen legte sich um Falks Hals und zog sich zusammen, bis er das
Gefühl hatte, keine Luft mehr zu bekommen. Wild um sich
schlagend, versuchte er, der Gefahr zu entkommen, griff nach dem
schuppigen Leib und zerrte voller Verzweiflung daran. Doch das
Einzige, das er damit

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