Die Heilerin
waren an der Tagesordnung, und das Leben wurde immer schwieriger für die Gemeinschaft der Freunde.
Der Weg zu den Wallgärten war matschig, aber das machte ihnen nichts. Am Wegesrand spross Huflattich, auch einige frühe Blüten des Wiesenschaumkrauts waren schon zu sehen. Es duftete nach jungem Gras und regenfeuchter Erde.
Noch sah der Garten trostlos aus, doch am Bach blühten Krokusse und Gänseblümchen. Durch den milden Winter hatten die Obstbäume und Sträucher schon früh Knospen angesetzt. Jetzt im April war die Gefahr des Frostes nahezu gebannt. Wahrscheinlich würde es wieder eine gute Ernte geben.
Zwiebeln und Knoblauch streckten die ersten Triebe aus der dunklen Erde. Margaretha hatte schon letzte Woche ein Beet umgegraben und säte nun Mangold und Fenchel aus. Der Gute Heinrich wuchs unter den Apfelbäumen, und davon pflückte sie einige der frischen Blätter. Die jungen Pflanzen würden Rebecca Kraft geben.
Obwohl die Sonne immer noch am Himmel stand, wurde es im Laufe des Nachmittags deutlich kühler. Schließlich beendete Margaretha ihre Arbeit, wusch sich die Hände im kalten Wasser des Baches und wischte sie an ihrem Rock ab. Samuel hatte fröhlich gespielt, doch die frische Luft hatte ihn müde gemacht. Sie nahm ihn hoch und setzte ihn auf ihre Hüfte. Vor ein paar Jahren, dachte sie traurig, war ich hier mit Eva. Es schien unendlich lange her zu sein, dabei waren erst fünf Jahre vergangen. Samuel legte seine kleinen Ärmchen um sie, kuschelte sich an sie. Er duftete nach Kind und Gras, ein leichter Hauch von Seife hing in seinen Haaren.
Langsam ging sie in der Dämmerung zum Stadttor. Kurz vor der Weggabelung blieb Jonkie stehen, stellte die Nackenhaare auf und knurrte leise. Margaretha drückte Samuel enger an sich, jemand kam den Weg entlang, ein Mann mit einer Tasche in der Hand. Sein Schritt war langsam und bedächtig, so als wäre er schon eine ganze Strecke gelaufen. Auch er hatte sie gesehen, schaute nun auf den Hund und blieb stehen. Freundlich tippte er an den Hutrand.
»Guten Abend, Mevrouw. Gelange ich hier zum Stadttor von Krefeld?«
Im ersten Moment verwunderte es Margaretha, dass der Fremde den Hut nicht lüpfte. Sollte er auch Quäker sein?
»Ja«, sagte sie leise, aber mit fester Stimme. »Dieser Weg führt nach Krefeld.«
»Gut. Ist es noch weit? Ich fürchtete schon, die Stadt nicht mehr vor der Dunkelheit zu erreichen.« Er lächelte freundlich.
»Nun, das sollte Euch wohl gelingen.« Margaretha rückte Samuel zurecht. »Ich muss auch in die Stadt, Ihr könnt mich begleiten.«
»Gerne, Mevrouw. Ich bin auf dem Weg zu Freunden, komme aus Köln.«
»Seid Ihr mit dem Schiff gekommen?«
»Ja, ich bin in Uerdingen von Bord gegangen.«
»Ich bin noch nie mit dem Schiff gefahren«, sagte Margaretha. »Das stelle ich mir aufregend vor. Mein Vater hat mich ein paar Mal mit nach Uerdingen genommen, und manchmal gehen wir im Sommer an den Fluss. Da habe ich immer die Schiffe beobachtet und mich gefragt, wie es wäre, auf so einem Schiff zu sein, keinen festen Boden mehr unter den Füßen zu haben.«
»Die Fahrt auf einem Schleppkahn ist eigentlich sehr gemächlich. Es mag hin und wieder schaukeln, aber nur ein wenig. Anders ist es, wenn man auf einem Segelschiff fährt und dann noch über das Meer. Das ist tatsächlich beängstigend.«
»Ihr seid schon über das Meer gesegelt?« Erstaunt sah Margaretha den Mann an. Seine Haare waren im Nacken zu einem ordentlichen Zopf zusammengebunden. An den Schläfen zeigten sich graue Strähnen, soweit sie das trotz seines Hutes sehen konnte. Um seine Augen hatten sich Lachfältchen eingegraben, wie die Speichen eines Rades. Obwohl er schon den ganzen Tag unterwegs gewesen sein musste, strahlten die blauen Augen. Er musste etwa so alt sein wie ihr Bruder Hermann.
»Einmal. Nach England. Und natürlich auch wieder zurück.« Er lachte leise. »Das war aufregend. Aber wir hatten gutes Wetter.«
Er erzählte von der Fahrt, es war ein anregendes Gespräch, und manches Mal brachte er Margaretha zum Lachen. Als sie das Stadttor erreichten, war sie verwundert, wie schnell und kurzweilig die Zeit vergangen war.
»Wir haben unser Ziel erreicht, Mijnheer. Dies ist die Stadt Krefeld. Hier trennen sich wohl nun unsere Wege.« Ein wenig Bedauern klang in ihrer Stimme mit, hatte sie den Begleiter doch als sehr angenehm empfunden.
»Vielleicht könnt Ihr mir ein weiteres Mal helfen. Ich kenne mich in der Stadt so gar nicht aus, bin zum ersten
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