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Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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nichts tun können. Mach dir keine Sorgen, Mutter wird schon nach Hause kommen.«
    »Wenn sie wenigstens Jonkie mitgenommen hätte …«
    »Hat sie aber nicht, und nun male keine Schatten an die Wand, sondern frage lieber nach heißem Würzwein«, sagte Hermann und ging in die kleine Kammer, die er mit Esther bewohnte.
    Der Morgen graute schon, als Gretje schließlich nach Hause kam. Sie schleppte sich die Stiege hoch, setzte sich entkräftet auf den Stuhl. Die Kinder schliefen, doch die Erwachsenen waren voller Sorge aufgeblieben.
    »Endlich, Moedertje. Wo warst du? Wir hatten Angst um dich.« Margaretha half der Mutter aus den nassen und klammen Sachen. Hermann ging nach unten, um heißen Würzwein und Brühe aus der Küche zu holen, Esther schürte den kleinen Kamin.
    »Es tut mir leid, Kinder«, sagte Gretje schwach. Sie nippte nur an dem Würzwein, bat Margaretha, ihr ins Bett zu helfen. Esther legte ihr einen heißen Backstein, den sie in ein Tuch gewickelt hatte, an das Fußende. Gretje schlief schnell ein, aber ihr Atem ging flach und unregelmäßig. Esther und Hermann zogen sich in ihre Kammer zurück, Margaretha versuchte, auch noch eine Weile zu ruhen, doch die Sorge hielt sie auf.
    Bald schon rollten die ersten Karren über das Pflaster der Straße, die morgendliche Unruhe drang in die kleinen Räume, die sie bewohnten. Jacob wurde wach. Esther versorgte das Kind. Margaretha wusch sich flüchtig, dann ging sie in die Küche und half, das Frühstück vorzubereiten.
    »Ein Sturm kommt auf«, sagte Mevrouw Telner besorgt.
    Margaretha sah sie erstaunt an. »Aber der Regen hat doch nachgelassen.«
    »Das Gewitter heute Nacht war nur ein Vorbote des Sturms, Meisje. Das Schlimmste kommt erst noch.«
    Margaretha schaute aus dem Fenster. Immer noch jagten dichte Wolken über den Himmel, doch hin und wieder blitzte die Sonne hervor. »Es klart doch auf.«
    »Seht Ihr, wie schnell die Wolken sich bewegen? Sie kommen vom Meer.« Mevrouw Telner war neben sie getreten. »Ich kenne das und spüre es auch in den Knochen, wenn ein Sturm aufzieht. Die Luft ist kälter geworden.«
    »Und was bedeutet das?«
    »Große Sorgen müssen wir uns nicht machen, Sturmfluten gibt es nur im Herbst oder Winter, aber ungemütlich wird es in den nächsten Tagen werden.«
    Mevrouw Telner sollte recht behalten. Schon gegen Mittag frischte der Wind auf, und wieder heulte der Sturm durch die Straßen. Das Gebälk ächzte, der Wind pfiff im Kamin und unter der Dachtraufe, der Regen peitschte wieder gegen die Fenster. Hermann half Mijnheer Telner, die Fensterläden zu schließen. Es war unheimlich, nur bei Kerzenlicht in der Stube zu sitzen und dem Sturm zu lauschen.
    »Wie lange wird das schlechte Wetter anhalten?«, fragte Hermann besorgt.
    »Das kann ich Euch nicht sagen. Vielleicht nur ein paar Tage, vielleicht aber auch eine Woche.«
    »Wir wollten in den nächsten Tagen nach England segeln.« Hermann rieb sich über das Kinn.
    »Das wird nicht möglich sein, die See ist zu unruhig. Aber auf ein paar Tage mehr wird es nicht ankommen, selbst wenn Mijnheer Claypoole drängt. Auch die ›Concord‹ kann bei diesem Wetter nicht auslaufen«, beruhigte Telner ihn. »Ihr habt die Schiffspassage gebucht, und so schnell wird der Kapitän keine anderen Interessenten finden. Auch das Land geht Euch nicht verloren, Ihr habt die Verträge unterschrieben und sie sind besiegelt.«
    »Das ist richtig, mein guter Freund. Aber je später wir abreisen, umso später kommen wir auch an. Sechzig Tage in etwa wird die Überfahrt dauern, und zwar auch nur bei guten Winden,wurde mir gesagt. Wir haben Anfang Juli. Wenn wir jetzt abreisen, werden wir frühestens Mitte September ankommen. Da bleibt nur wenig Zeit, um das Land vor dem Winter in Besitz zu nehmen. Das macht mir Sorgen.«
    »Ich verstehe Euch gut, aber gegen den Sturm werden wir nichts ausrichten können«, sagte Jakob Telner. Er reichte Hermann den Beutel mit Pfeifentabak.
    Margaretha hatte dem Gespräch gelauscht, nun stand sie auf und stieg die steile Treppe nach oben. Sechzig Tage auf See, ein schier unvorstellbarer Gedanke. Doch vielleicht war es auch nur deshalb so schwer, sich das vorzustellen, weil sie gar keinen Begriff davon hatte, wie es war. Sie öffnete die Tür zu der kleinen Kammer, in der Zugluft sank die Kerzenflamme knisternd herab, um gleich darauf wieder hochzusteigen. Gretje drehte sich stöhnend auf dem Lager um. Mit Sorge trat Margaretha an das Bett der Mutter. Schon bevor sie

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