Die Heilerin
Ich möchte Teil dieser Gemeinde sein, aber nicht, weil ich dein Gefreiter bin, sondern weil ich der bin, der ich bin, als Teil der Gemeinde.«
Margaretha senkte den Kopf, dachte nach. »Du musst also erst deinen Platz finden in der Gemeinde?«
Pastorius nickte.
»Und wie?«
»Ich muss ein Haus bauen, mich etablieren. Kannst du darauf warten? Wir müssen uns prüfen, bevor wir eine Bindung eingehen.«
Margaretha schluckte, stieß schließlich den Atem aus, nickte.
Das Frühjahr schritt voran und damit auch der Bau der Häuser. Gemeinsam rodeten sie den Wald hinter den Grundstücken. Zwei eilig gekaufte Ochsen zogen die Baumwurzeln aus dem schwarzen, fetten Boden, der gute Erträge versprach. Sie legten Gärten und die ersten Äcker an, säten und pflanzten. Dann richteten sie die Bauplätze für die Häuser her, legten Fundamente und bohrten Brunnen. Bretter mussten gesägt, Harz gekocht und Steine gefügt, schlichte Möbel geschreinert werden. Von früh bis spät tönte der Klang der Hämmer und Sägen durch die Siedlung.
Abraham und Dirck hatten sich im Auftrag der Siedler nach Philadelphia begeben. Anfang April kamen sie mit einigen Kühen, einem Bullen und Geflügel, das aufgeregt in Körben gackerte und schnatterte, wieder zurück. An die zwanzig Ferkel hatten sie erworben und dazu noch Setzlinge und Saatgut.
So kalt und streng der Winter auch gewesen war, der Frühling belohnte die Siedler für ihre Entbehrungen. Die Luft war mild, es regnete nur ab und an, jedoch blieben sie von schweren Regenfällen verschont. Die vielen Quellen versorgten sie mit Wasser, der Boden war fruchtbar und ließ auf reiche Ernte hoffen. Sie pflanzten Pfirsichbäume an der Hauptstraße, Apfel- und Kirschbäume hinter den Häusern, Margaretha legte einen Kräutergarten an.
Bald schon wuchs der erste Flachs auf den Feldern, aber auch Kohl, Bohnen und Getreide gediehen. Ein Haus nach dem anderen wurde errichtet und fertiggestellt.
»Pastorius hat sich nach Philadelphia aufgemacht«, sagte Abraham an einem schönen Tag Anfang Mai. »Er will die Nägel abholen, die wir beim Schmied in Auftrag gegeben haben.«
Margaretha sah überrascht auf, Franz Daniel hatte sich nicht von ihr verabschiedet. Wenn er erstmal sein Haus gebaut hatte, würde er sicher bei Hermann um ihre Hand anhalten, dachte sie. So oft es ging, verbrachten sie Zeit miteinander. Zusammen gingen sie in den Wald, um Kräuter zu sammeln, auch half er ihr, den Garten anzulegen. Mitunter besprachen sie, wie sie sich ihr Heim vorstellten. Die Zuneigung, die zwischen ihnen herrschte, war nicht verborgen geblieben. Hin und wieder machte Abraham eine spöttische Bemerkung dazu, doch Margaretha nahm sie sich nicht zu Herzen.
»Das ist gut. Er wollte auch ein neues Sägeblatt besorgen und sich nach Pferden umschauen.« Dirck nickte zufrieden.
»Ja, für solche Aufgaben ist er zu gebrauchen. Handwerklich ist er immer noch eher eine Last.« Abraham seufzte.
»Aber er bemüht sich doch.« Margaretha runzelte die Stirn.
»Ja, er gibt sich Mühe.« Dirck lachte. »Ich habe ihm neulich gezeigt, wie man Kühe melkt.«
Abraham grinste. »Ich kann es mir vorstellen. Er hat wahrscheinlich auf die Zitzen gestarrt und überlegt, wie man da Milch rausbekommt.«
»So ähnlich. Er hatte Sorge, zu fest zuzupacken. Aber nachdem ich es ihm gezeigt habe, klappte es erstaunlich gut.«
»Tischlern kann er auch inzwischen. Da stellt er sich ganz geschickt an, aber Baumfällen oder Brunnengraben ist nichts für ihn«, sagte Hermann. »Ich bin mal gespannt, wie das mit dem Bau seines Hauses werden wird. Kürdis’ Haus muss noch gedeckt werden, dann sind nur noch Theißens übrig. Leonard hat schon den Baugrund abgesteckt und mit dem Fundament begonnen.«
»Pastorius ist aufmerksam. Er beobachtet euch sehr genau und schaut sich vieles ab.« Esther knetete den Brotteig mit gleichmäßigen Bewegungen. »Ich glaube, ihr vertut euch. Er mag noch nicht viel Übung haben, aber ungeschickt ist er nicht.«
»Möglich, Vrouw, und doch ist er anders als wir.«
»Es wäre ja auch furchtbar, wenn wir alle gleich wären.« Margaretha stieß den Stößel in das Butterfass. Endlich hatten sie wieder frische Milch und Butter. Letzte Woche war ein Kalb verendet, den Kälbermagen konnte sie zum Käsen gut gebrauchen. Die Vorratskammern füllten sich allmählich. »Durch seine Hilfe und seine Gastfreundschaft haben die Alten und Kranken den Winter in Philadelphia überstanden. Er hat seine Vorräte mit
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