Die Heilerin
uns und ihnen geteilt, war sich nicht zu fein, auch etliche Wochen hier mit uns zu darben.«
»Das stimmt, Margret, und doch ist er von einem anderen Schlag als wir.«
»Er ist sich dessen auch bewusst«, sagte Rebecca und drückte die Hände ins Kreuz. Ihr Bauch wölbte sich schon sehr. Margaretha hatte die Befürchtung, dass ihre Schwägerin zwei Kinder trug. »Er weiß, dass er anders ist, und es dauert ihn. Was es gar nicht muss, finde ich. Wie viele Häuser werden wir noch bauen müssen? Nächstes Jahr schon, so hoffen wir doch alle, werden wir den Flachs verarbeiten und wieder weben können. Die Stoffe wollen wir verkaufen, und hier haben wir noch keine festen Handelspartner so wie in Krefeld. Alsobrauchen wir jemanden, der Verträge aushandeln kann. Und wer könnte das besser als Pastorius?« Sie zwinkerte Margaretha zu.
Margaretha senkte den Kopf, spürte das Blut in ihren Schläfen pochen.
»Ja«, sagte Hermann nachdenklich. »Da sagst du etwas. Es wird tatsächlich schwierig werden, neue Handelswege aufzubauen, und Pastorius kann bestimmt hilfreich sein. So weit hatte ich noch nicht gedacht. Ich bin froh, dass wir den Winter überlebt haben, auch wenn Moedertje von uns gegangen ist. Einige Zeitlang habe ich bedauert, den Schritt in dieses Land getan zu haben, habe damit gehadert. In Krefeld würde Moedertje heute noch leben.« Er senkte den Kopf, wischte sich über die Augen.
»Moedertje war schon in Krefeld schwach, Hermann.« Margaretha stand auf und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Sie war alt und schwach. Natürlich war die Reise anstrengend, aber ob wir sie viel länger bei uns gehabt hätten, bezweifle ich.«
Er nahm ihre Hand, drückte sie. »Meinst du? Manchmal habe ich so ein schlechtes Gewissen. Im Winter, als wir so knapp waren, da habe ich mich verflucht. Doch Pastorius fand immer tröstende Worte und hat meinen Glauben gestärkt.«
»Pastorius ist ein Beutelschneider, ein Blender.« Abraham schnaufte erbost.
»Ach? Bereust du, hierher gekommen zu sein? War dir das Leben im freien Glauben doch nicht so wichtig?« Margaretha wandte sich ihm zu.
»Nein, das bereue ich nicht. Ich schätze es, dass wir hier frei und gottesfürchtig leben können. Doch ich glaube, dass Pastorius in Philadelphia bleiben sollte.«
»Warum?«, fragte Esther.
»Er gehört nicht in diese Siedlung, nicht zu uns. Er sollte in der Stadt bleiben, unter seinesgleichen. Der harten körperlichen Arbeit ist er nicht zugetan. Er mag gottfürchtig sein,aber trotzdem ist er nicht wie wir.« Abraham stopfte seine Pfeife. »Und ich fürchte, es wird Missgunst und Zwietracht wegen ihm geben.«
»Weshalb? Wer sollte missgünstig sein und worauf?« Margaretha sah ihren Bruder ratlos an.
»Warte es ab. Wir bauen unsere Häuser alle im Schweiße unseres Angesichts, aber ob Pastorius das auch machen wird?«
»Er hat Baugrund gekauft und ihn auch schon abgesteckt. Warum sollte er nicht dort bauen?«
»Weil er ein Advokat und kein Handwerker ist. Er wird nicht selbst bauen, er wird bauen lassen«, brummte Abraham.
»Onzin, Broeder, er hilft uns doch tatkräftig. Natürlich wird er auch unsere Hilfe brauchen, wenn er sein Haus baut, und so wie wir uns allen gegenseitig geholfen haben, werden wir auch ihm helfen. Das gebietet schon die Nächstenliebe«, sagte Hermann.
Abraham stand auf und ging ohne ein weiteres Wort hinaus.
»Welche Laus ist ihm denn über die Leber gelaufen?«, fragte Rebecca leise.
»Keine Laus, sondern Catharina. Sie hat Angst, dass Pastorius’ Haus prunkvoller und prächtiger wird als ihres.« Esther verdrehte die Augen.
»Gottegot, Prunk und Pracht.« Margaretha schnaubte. »Und das von unserer gottfürchtigen Catharina.« Sie schüttete vorsichtig die Buttermilch ab, füllte diese dann in das Fass. »Als ob Franz Daniel sich dafür interessieren würde.«
»Nein, im Moment liegt sein Interesse ganz wo anders.« Rebecca stupste sie lachend in die Seite. Margaretha lächelte.
Später am Tag ging sie in den Garten. Sie hatte einiges an Gemüse ausgesät, Stecklinge gesetzt. Wenn das Wetter so blieb, würden sie bald schon die ersten Wurzeln ernten können. Neben den Karotten wuchsen Lauch und Zwiebeln, Knoblauch, Radieschen und Rettich. Auch Mangold und Guten Heinrichhatte sie gesät. Giersch kroch unter dem Zaun an dem Geflügelgehege durch. Sie zupfte einige der frischen, noch glänzenden Blätter, damit würde sie die Suppe verfeinern.
Der Hahn scharrte im Staub. Zwei Gelege ließen sie
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