Die Heilerin
uns nach Hause gehen.«
Er führte sie zurück, Esther gab ihr ein Pint Branntwein, reichte ihr eine Schale mit dampfendem Eintopf. Die Brüder fragten danach, wo sie gewesen war und was passiert sei, aber Margaretha antwortete nur einsilbig. Sobald sie konnte, zog sie sich in ihr Zimmer zurück. Sie faltete die Hände und betete. Doch auch der Gedanke an den Wilden, ohne den sie den Weg nicht gefunden hätte, und an Jonkie, die vermutlich der Bache zum Opfer gefallen war, ließ sie nicht los. Sie schlief unruhig, wurde immer wieder wach, Albträume quälten sie.
Am nächsten Morgen war der Himmel grau, der Regen, der im Laufe des Tages fallen würde, lag schon in der Luft. Margaretha fütterte die Ferkel und die Hühner, nahm dann ihren Korb und ging in Richtung Wald. Heute sah alles anders aus als in der letzten Nacht, nicht mehr bedrohlich und auch nicht fremd. Sie lauschte in den Wald hinein, doch sie konnte nichts Ungewöhnliches hören.
»Jonkie? Jonkie!«, rief sie wieder und wieder, aber die Hündin kam nicht, es war auch weder Bellen noch Gejanke zu hören. Immer weiter ging Margaretha, bis sie zu einer Weggabelung kam. Hier führte ein kleiner Pfad ab vom großenWeg. Dorthin war sie noch nie gegangen, hatte sich bisher immer in der Nähe der Straße gehalten. Aber in der letzten Nacht musste sie wohl da abgebogen sein. Dicht standen die Bäume. Sie zögerte einen Augenblick. Was, wenn die Bache mit ihren Frischlingen hier in der Nähe wäre? Die Rauschzeit war schon lange vorbei, doch der Wald war reich an Nüssen, Eicheln und Kastanien. Möglicherweise war dies eine junge Bache, die vor ihrer Zeit rauschig geworden war und nun doppelt aggressiv sein würde, wenn die Frischlinge noch sehr klein und im Kessel liegen würden. Wie alt der Wurf war, hatte Margaretha gestern Nacht nicht erkennen können.
Langsam ging sie weiter. Nach wenigen Schritten kam sie an eine Stelle, wo das Unterholz durchbrochen war. Dort lag Jonkie. Der Hund hob den Kopf und fiepte leise. Sein Bauch war aufgerissen, die Erde unter ihm war dunkel vor Blut.
»Gottegot, Jonkie!« Margaretha kniete neben dem Tier, nahm seinen Kopf in ihren Schoß. Der Hund schaute sie an, jankte einmal, dann erschlaffte der Körper. Margaretha weinte haltlos. Das treue Tier hatte sie in den letzten Jahren begleitet, war zu einem Freund geworden. Und nun war Jonkie tot.
Der Hund war zu schwer, als dass sie ihn nach Hause hätte tragen können. Margaretha grub ein flaches Grab, legte Jonkie hinein, bedeckte den Hund mit Erde, Steinen und Ästen.
Kapitel 33
Der Verlust ihres geliebten Tieres schmerzte Margaretha sehr. Lange trauerte sie. Doch der Frühling wurde zu Sommer, der Bau der Häuser schritt voran.
Die Böden erwiesen sich als fruchtbar, die Siedler ebenso. Rebecca gebar zwei gesunde Söhne, Esther eine Tochter. Auch Catharina war wieder schwanger und hoffte auf einen Stammhalter. Die Männer bauten und schufen heimelige Unterkünfte,sie tischlerten Möbel und schnitzten Dachtraufen. Der Ort nahm Gestalt an. Tönis Kunders richtete eine Schankstube ein, braute das erste Bier.
Auch Pastorius machte sich nun daran, sein Haus zu bauen. Es sollte etwas Besonderes werden, ohne protzig zu sein, vertraute er Margaretha an. Er wollte eine Schreibstube haben, mit großen Fenstern und gutem Licht. Kamine, die jedes Zimmer erwärmten.
»Wir brauchen einen Erdkeller, um Dinge kühl zu halten. Der Sommer ist warm, aber der Winter kalt. Im Winter können wir Eisbrocken aus dem Fluss schlagen und in den Erdkeller verbringen. So haben wir auch im nächsten Jahr die Kühle, damit die Butter nicht ranzig wird, das Fleisch nicht verdirbt«, sagte Margaretha. Beide waren viel beschäftigt, fanden nicht so viel Zeit füreinander wie im Winter. Meistens streifte sie alleine durch die Wälder auf der Suche nach Heilkräutern. Er war oft in Philadelphia und regelte Dinge, Verträge und Handel, kaufte für die Siedler ein. Neue Siedler kamen, das Land für sie musste ausgemessen und verteilt werden. Ein weiterer Ort wurde geschaffen, denn die Krefelder wollten unter sich bleiben und sahen den Pfälzern und Schweizern misstrauisch entgegen. Zwischen diesen Parteien und Sir William Penn verhandelte Pastorius, er schlichtete, vermittelte und bot Kompromisse an.
Eines Morgens im August stand Margaretha auf und ging in die Küche. Das Feuer im Ofen war fast erloschen, doch mit ein paar Spänen entfachte sie es erneut, und bald loderte es auf. Den Sauerbrotteig
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