Die Heilerin
sich und zog die Füße an sich. »Ich habe nach dem Kater gesucht.«
Hermann lachte leise. »Und? Warst du erfolgreich?«
»Ja, er war draußen, ist aber soeben an mir vorbei nach oben gehuscht. Es ist so kalt, ich habe mir Sorgen um ihn gemacht …«
»Aber er ist auch früher im Winter nachts draußen geblieben, Zusje. Er erfriert schon nicht, in kalten Nächten sucht er Zuflucht im Stall.«
»Das weiß ich doch. Aber ich habe mich so an ihn in meinem Bett gewöhnt.«
Hermann lachte wieder. Dann wurde er ernst. »Nun wird es aber Zeit, ins Bett zu gehen.«
»Und was ist mit dir?«
»Ich bleibe noch ein wenig, sehe zu, wie das Feuer niederbrennt, werde noch einen Becher Wein trinken und gehe dann auch schlafen, Hartje. Mach dir keine Gedanken.«
»Worüber grübelst du denn so arg?«, bohrte Margaretha nach. Etwas bedrückte ihren Bruder, das spürte sie genau.
»Nun, eigentlich nur über die Zukunft.«
»Geht es um Esther?«, fragte sie leise.
Erstaunt sah Hermann auf. »Ja, tatsächlich, darum geht es auch. Woher weißt du das?«
»Ich habe geraten.« Margaretha senkte den Kopf. »Was ist an der Zukunft mit euch so schwierig?«
»Wir wollen heiraten, aber was dann? Der Haushalt hier ist schon so groß, noch eine weitere Person und dann vielleicht Kinder, wie soll das gehen? Außerdem glaube ich kaum, dass sich Esther hier mit allen wohlfühlen würde.« Er schaute zur Seite.
Margaretha dachte nach. »Ja, das kann ich verstehen. Dies ist Mutters Haushalt. Und auch dein Zimmer wäre zu klein für euch. Hast du schon mit Vater gesprochen?«
Hermann schüttelte stumm den Kopf.
»Hermann, du musst mit ihm sprechen. Es gibt doch ganz sicher eine Lösung.«
»Aber welche?«
Knarzend öffnete sich die Tür zur Stube, der Kater kam herein, setzte sich mit vorwurfsvollem Blick vor Margaretha, so als wolle er sagen: Wo bleibst du? Ich warte schon. Dann sprang er auf ihren Schoß. Geistesabwesend vergrub Margaretha ihre Hand in dem warmen und weichen Fell des Tieres.
»Ich habe noch nicht mit Vater gesprochen, weil der Zeitpunkt einfach ungünstig ist, jetzt so kurz nach Evas Tod.« Hermann seufzte. »Aber viel länger warten möchte ich auch nicht. Doch wenn er mich dann fragt, wie ich mir das vorstelle, weiß ich auch keine Antwort.«
»Was ist denn daran so schwierig? Warum könnt ihr keinen eigenen Hausstand gründen?«
»Wo denn, Zusje? Es gibt so gut wie keinen freien Wohnraum mehr in Krefeld, und wenn, dann nur in der Neuen Stadt, im Armenviertel. Das möchte ich Esther nun wahrlich nicht antun.«
Margaretha nickte verstehend. »Die Neue Stadt geht nun wirklich nicht, das stimmt. Aber es muss doch eine andere Möglichkeit geben, zumindest so lange, bis ihr ein Haus findet. Was ist denn mit nebenan? Dort ist eine Küche, auch wenn sie fast leersteht. Im Anbau sind noch Kammern, dort könnten die Lehrjungen und die Gesellen schlafen. Und ihr hättet das obere Stockwerk für euch.«
Hermann schaute auf. »Das ist gar keine schlechte Idee, jedoch sind die Kammern mit Flachs und Tuchballen gefüllt und allerlei anderem Krempel.«
»Aber das kann man doch ändern, Hermann. Ein Anbau zum Beispiel an der Scheune oder hinter dem Waschhaus lässtsich schneller bauen als ein ganzes Haus. Sprich mit Vater, ich bin mir sicher, dass er dir zustimmt und auch deinem Glück nicht im Weg stehen möchte.« Margaretha erhob sich mit dem Kater auf dem Arm. »Und jetzt gehe ich zu Bett. Das solltest du auch tun. Morgen ist ein neuer Tag, wir sollten ihn nicht verschlafen beginnen.«
»Ich danke dir, Zusje. Du hast recht, Lösungen gibt es immer. Spätestens im neuen Jahr werde ich mich darum kümmern. Schlaf schön, meine Gute. Ich kümmere mich noch um das Feuer und geh dann auch zu Bett. Danke.«
Am nächsten Morgen bekam Margaretha kaum die Augen auf, doch dann fiel ihr ein, welcher Tag heute war. Eilends wusch sie sich und zog sich an. Dann eilte sie nach unten, die Müdigkeit schien verflogen zu sein. Noch einmal kontrollierte sie die Kammer der Magd, es duftete nach dem frischen Stroh und den Kräutern. Sie zog das Laken glatt, schüttelte das Kissen auf.
In der Küche köchelte schon der Brei. Ein wenig Fleisch war von der gestrigen Mahlzeit übriggeblieben. Margaretha schnitt es in kleine Stücke und gab es zur Grütze. Die Männer kamen nach unten. Hermann hatte dunkle Schatten unter den Augen, aber er lächelte ihr zu. Auch Gretje sah übernächtigt aus.
»Wie geht es Kunders Schwiegertochter?«,
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