Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Heilerin

Die Heilerin

Titel: Die Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
Schluchzen. Gretje schob das Scheunentor zu, langsam gingen sie wieder über den Hof zum Haus. Die Stimmen wurden leiser. Margaretha kuschelte sich in das Heu, schloss die Augen. Sie fühlte sich so leer und antriebslos. Nun hatte sie drei Tage Rebecca entgegengefiebert, doch nun war sie zu schwach, zu antriebslos, um aufzustehen und die neue Magd zu begrüßen.
    »Zusje?« Jemand rüttelte an ihrer Schulter. »Zusje, Hartje, was ist mit dir?« Dirck beugte sich besorgt über sie. »Alle suchen dich. Bist du krank?« Sie spürte seine kühle Hand auf ihrer glühenden Stirn. »Moedertje, komm schnell. Margret ist hier. Godallemachtig, sie ist krank. Schnell!«
    Margaretha versuchte krampfhaft, ihre Augen zu öffnen, doch es wollte ihr nicht gelingen. Wie in Nebel gehüllt nahm sie alles wahr. Jemand trug sie nach unten, Gretje zog sie aus, verband ihre Hand, machte Wadenwickel und flößte ihr Brühe und bitter schmeckende Aufgüsse ein.
    Der Tag wich der Nacht, und ein weiterer Tag begann. Und dann wurde es wieder dunkel. Alle Versuche, die Nebelschleier zu lichten, scheiterten. Ich sterbe, dachte Margaretha. So muss das sein, wenn man stirbt. Alles wird grau und unklar und schwach, und dann geht man. Sie kämpfte nicht mehr gegen die Nebelschichten an, ließ sich treiben. Das Fieber kämpfte in ihrem Körper, und obwohl sie zu Anfang mitgekämpft hatte, war sie es nun müde.
    Doch irgendwann öffnete sie die Augen, und der Blick war wieder klar. Gretje saß, in sich zusammengesunken, neben dem Bett. Ihr Atem ging tief und gleichmäßig. Vorsichtig versuchte Margaretha, nach der Wasserflasche zu greifen, die auf dem Kasten neben dem Bett stand. In dem Moment zuckte die Mutter hoch.
    »Margret!« Gretje füllte den Becher, gab ihn ihr, legte vorsichtig die Hand auf ihre Stirn, dann schob sie sie in denNacken. »Du scheinst kein Fieber mehr zu haben«, sagte sie erstaunt.
    »Ich war krank, nicht wahr?«, wisperte Margaretha kraftlos. »Es tut mir leid.«
    »Meisje, ich bin so froh, dass du endlich wieder ansprechbar bist. Dir muss nichts leidtun.« Gretje sah zur Seite, schluckte hart. »Ich fühle mich schuldig. Du bist noch ein Kind, mein Kind. Und doch hast du alleine die schwere Last der letzten Wochen getragen, den Haushalt für alle verrichtet. Du bist daran fast zerbrochen. Daran trage ich die Schuld.«
    »Onzin, Mutter.« Margaretha richtete sich auf. Noch immer war ihr schwindelig, aber sie schaffte es, sich hinzusetzen. Dann kamen die Erinnerungen zurück. »Was … ist mit mir? Hab ich den Blutfluss?« Sie knüllte die Decke zusammen, presste sie gegen ihren Bauch. Das Entsetzen griff nach ihr.
    »Nein, Kind. Du hattest ein Fieber und warst wohl einfach erschöpft. Eine Wunde in der Hand kam hinzu. Nichts Dramatisches, es war einfach zu viel.« Immer noch sah Gretje sie nicht an.
    »Welcher Tag ist heute?«, fragte Margaretha verwirrt.
    »Der zweite Weihnachtstag. Drei Tage hast du gefiebert. Wir haben um dein Leben gebangt, Meisje.«
    »Der zweite Weihnachtstag. Godallemachtig. Ich war zwei Tage ohne Bewusstsein, und es ist Weihnachten?«
    »Ja, Kind.«
    Margaretha schlug die Decke zur Seite, schwang die Beine aus dem Bett. »Gottegot.«
    »Meisje? Was hast du vor?«, fragte Gretje verblüfft.
    »Es gibt doch sicher unzählige Dinge zu tun. Essen vorbereiten, die Stube herrichten, Brot und Kuchen backen …« Verzweifelt schaute sie auf.
    »Meisje, bewahr Ruhe. Wir haben alles getan. Du musst nur gesund werden, sonst nichts. Viel zu lange habe ich dich Dinge tun lassen, die gar nicht deine Aufgabe waren, und fast wärest du daran zerbrochen.«
    Margaretha sank zurück in das Kissen. »Und was ist mit der Magd?«
    »Rebecca?« Gretje lachte. »Da habt ihr eine Perle, einen Edelstein aufgetan. Sie ist ein Schatz, fleißig, wissbegierig, umsichtig. Seit sie da ist, geht alles viel leichter von der Hand. Das Weihnachtsfest war sicher nicht fröhlich bisher. Wir haben viel an Eva gedacht, und dann hast du uns Sorgen gemacht, aber Rebecca hat mit ihrer fröhlichen Art alles versüßt.«
    Margaretha drückte ihren Kopf noch tiefer in das Kissen. »So ist das«, murmelte sie.
    »Ja, Rebecca fügt sich wunderbar ein. Sie ist harte Arbeit gewohnt, hat einiges an Kräuterwissen. Ich bin überrascht, wie anders die Zusammenarbeit mit ihr ist im Vergleich zu Annemieke, die von Kräutern und Heilpflanzen nichts wissen wollte.« Gretje stand auf und strich sich den Rock glatt. »Ich bin so froh, dass es dir besser geht.

Weitere Kostenlose Bücher