Die Heilerin
legte es auf dem Boden aus. Nun musste nur noch das Bett bezogen werden, und Rebecca konnte einziehen, dachte Margaretha und schaute sich in der Kammer um. Der Raum erschien ihr kahl und kalt. In der Abstellkammer fand sie noch einen alten Spiegel, er musste noch von den Vorbesitzern der Nachbarhäuser stammen. Zwar hatten Margaretha und Gretje welche, um den Sitz der Haube kontrollieren zu können, aber grundsätzlich galten Spiegel als eitel und nicht gottgefällig. Auch Platens waren Mennoniten; wie strenggläubig sie waren und was bei ihnen als schicklich galt, wusste Margaretha nicht. Sie nahm den Spiegel und ein Windlicht und stellte beides in die Kammer. Inzwischen fiel die Dämmerung ein, obwohl es kaum Nachmittag war. Nachdem Gretje Jasper versorgt hatte, war sie zu einer schwangeren Frau in der Nachbarschaft gegangen, die sie um Hilfe gebeten hatte. Margaretha schaute nach dem Fleisch und dem Kohl, schob das Brot in den Ofen. Dann ging sie in den Hof und nahm die Wäsche ab. Die Laken fühlten sich klamm an. Isaak hatte Haken in den Wänden des Waschhauses befestigt. Dort zog Margaretha nun eine Wäscheleine kreuz und quer durch den Raum. Der Dampf war abgezogen, das heiße Wasser verbraucht, das Feuer brannte noch schwach, die Wärme würde ausreichen, um die Wäsche zu trocknen.
Margaretha unterdrückte das Gähnen, als sie den Männern das Essen anrichtete. Beinahe wäre ihr das Brot verbrannt, gerade im letzten Moment konnte sie es noch aus dem Ofen ziehen. Die Sonne war untergegangen, die Nacht würde wieder sternenklar werden. Dirck kam aus dem Stall, er hatte die Tiere versorgt und rieb sich die Hände.
»Potverdorie! Es wird bitterkalt. Noch kälter als zuvor, fürchte ich. Ich hole mal ein paar Eimer Wasser aus dem Brunnen und stell sie in die Waschküche, bevor uns der Brunnen zufriert.«
»In der Waschküche hängt alles voller Wäsche«, sagte Margaretha und rieb sich die rauen Hände. Sie würde die Mutter um Hamamelissalbe bitten müssen.
»Das macht nichts, ich stell die Eimer einfach an die Seite. Oder ich füll den großen Kessel. Ist darin noch Seifenwasser?«
»Nein, aber ausgeschrubbt habe ich ihn noch nicht.« Margaretha schaute ihn müde an.
Er sah sie besorgt an. »Das musst du auch nicht tun, Zusje. Ich mache das schon. Wo ist Mutter?«
»Sie ist immer noch bei einer schwangeren Frau.«
»Nun dann. Was muss noch getan werden?«
Margaretha schüttelte den Kopf. »Nicht mehr viel. Aber wenn es so kalt wird, werden die Armen frieren und hungern. Ich sollte vielleicht noch eine Suppe kochen oder einen Eintopf.« Wieder unterdrückte sie krampfhaft ein Gähnen.
Dirck schüttelte den Kopf. »Wir sind zwar Stützen der Gemeinde, aber nicht alle Last muss auf uns liegen. Schon gar nicht auf dir. Du hast heute noch vor Tagesbeginn Wäsche gewaschen. Irgendwann ist es auch einmal gut. Morgen kommt die neue Magd, und ich werde drei Kreuze machen.« Er drehte sich um und ging in den Hof. Schon bald hörte Margaretha das hohe Quietschen der Brunnenwinde.
Hermann kam wenig später herein. Margaretha gab ihm einen Becher Würzwein, den er dankend annahm. »Was ist mit dem Zimmer für die Magd?«, fragte er.
Margaretha führte ihn in die Kammer. »Meinst du, das ist so in Ordnung? Wird es ihr gefallen?«
»Du hast alles alleine hergerichtet? Manchmal weiß ich nicht, wo du die Kraft hernimmst, Meisje. Ich bewundere dich.« Hermann drückte sie an sich. »Es ist wunderbar, ihr wird es schon gefallen. Aber denk daran: Sie ist nur eine Magd, auch wenn du sie gern hast.«
»Ach, ich weiß ja noch gar nicht, wie gut wir wirklich miteinander auskommen werden. Doch ich habe versucht, mir vorzustellen, wie es für sie ist: Sie muss ihre Familie verlassen und kommt an einen fremden Ort zu fremden Leuten. Ihr Leben wird sich verändern, nichts wird mehr so sein wie früher.« Margaretha schluckte. »Sie dauert mich, denn bestimmt hat sie Angst. Ich hätte es.«
Hermann nickte. »Ja, sie hat bestimmt Angst, aber wir werden uns bemühen, es ihr so leicht wie möglich zu machen. Sie hat aber auch etwas, was nur wenige andere haben: dich. Jemanden, der sich um ihre Ängste und Nöte sorgt, der sich Gedanken macht.«
Beschämt senkte Margaretha den Kopf, sie spürte das Blut in ihren Wangen.
Die Hoftür ging auf und fiel krachend ins Schloss.
»Gibt es in diesem Haus kein Essen?«, rief Isaak grummelnd.
»Doch, doch.« Margaretha eilte in die Küche und deckte den Tisch.
»Leg noch drei Gedecke
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