Die heimliche Braut
reichen!” Er warf Riona einen Blick zu. “Ihr auch, Verehrteste, falls Euch danach ist”, fügte er hinzu, bevor er das Gemach verließ.
Kaum war er fort, strahlte Onkel Fergus seine Nichte schelmisch an. “Bin wohl ein kleines bisschen zu früh zurückgekommen, wie?”
Es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte vor Entsetzen laut gestöhnt.
Zurück im Burgsaal, gab Nicholas nicht etwa eine Erklärung ab für seinen plötzlichen Aufbruch, sondern spielte, obgleich alles andere als erfreut, weiter den gut gelaunten Gastgeber. Dabei war er nicht allein wütend auf Percival, sondern ebenso auf sich selbst. In Gegenwart von Riona hatte er zu viel über sich enthüllt. Zu viel gesagt. Zu viel getan.
Er musste lernen, seine Sehnsucht nach ihr zu zügeln. Es gab keine ehrenhafte Zukunft für sie als Paar. Außerdem achtete er sie zu sehr, als dass er ihr ein Abenteuer vorgeschlagen hätte, ohne ihr gleichzeitig die Ehe anzubieten.
Während er nun die Ausführungen von Lord Chesleigh über fachgerechte Pferdedressur über sich ergehen ließ – und nach seiner Überzeugung verstand der Schwafelkopf nicht das Geringste davon –, fiel ihm auf, dass Eleanor nicht anwesend war.
Dafür aber ihr Cousin, und deshalb begab sich Nicholas sofort zu Percival, der offenbar bereits tief in den Weinkelch geschaut hatte. “Auf ein Wort, Percival”, bat er mit vorgetäuschter Fröhlichkeit, um sich sodann mit dem Angesprochenen in einen ruhigen Winkel zurückzuziehen.
Percival bedachte ihn mit einem schmeichlerischen Lächeln. “Ich hoffe, Eleanor hat Euch nicht gekränkt, Mylord.”
“Nicht doch”, erwiderte Nicholas, der seine Abscheu kaum verhehlen konnte. “Ich möchte Euch um eine persönliche Unterredung bitten. Könntet Ihr mich morgen nach der Messe in meiner Kemenate aufsuchen?”
Die Augen des Angetrunkenen, der diese Einladung offenbar als gutes Omen auslegte, glänzten vor entzückter Begehrlichkeit. “Es wäre mir eine Ehre, Mylord!”
Nicholas verabschiedete sich lächelnd, solange er noch seine Zunge im Zaum zu halten vermochte. Nach einem Kopfnicken ging er davon und gesellte sich zu Audric – ein wohltuender Gegenpol nach dem angeheiterten Percival und dem selbstgefälligen Chesleigh.
Am folgenden Morgen stand Nicholas, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, am Bogenfenster seiner Kemenate und schaute dem Treiben auf seinem Burghof zu. Soldaten waren auf Wache, andere sattelten die Pferde für eine berittene Patrouille, und Knechte waren dabei, den Wagen einer seiner Gäste zu beladen.
“Lady Isabelle hat also beschlossen abzureisen?”, fragte er seinen Kastellan, der mit einer seiner zahlreichen Listen am Tische saß.
“Richtig, Mylord”, antwortete Robert. “Ihr Vormund hält einen weiteren Verbleib für überflüssig.”
“Aus welchem Grund? Er mag zwar nur ein unbedeutender Ritter sein, aber ich hoffe doch, ich habe ihm keinen Anlass gegeben, sich beleidigt zu fühlen!”
“Ich vermute eher, Lady Isabelle ist, bei all ihren Untugenden, doch klug genug einzusehen, dass Eure Wahl nicht auf sie fallen würde.”
Tatsächlich hatte diese Dame Nicholas nicht sonderlich imponiert, weder als Frau noch in anderer Hinsicht. “Nein, allerdings nicht. Aber ich werde die Höflichkeit selber sein, wenn er sich verabschiedet. Gibt es sonst noch etwas zu besprechen?”
“Während der Messe kam ein Meldereiter von Eurer Frau Schwester”, antwortete Robert. “Sie sagt Euch von Herzen Dank für die Einladung. Sie wird mit ihrer Familie in einer Woche anreisen.”
Verdutzt starrte Nicholas seinen Verwalter an. Eigentlich war er mehr an Mariannes Meinung über seine Auserwählte interessiert, weniger am Urteil seines Schwagers oder dem eines vierjährigen Knaben und eines Säuglings. “Ich habe doch nicht die ganze Sippschaft eingeladen!”
Robert machte ein bestürztes Gesicht. “Soll ich einen Boten losschicken und ihnen mitteilen lassen …”
“Ach was! Den Säugling muss sie ja wohl mitbringen, und außerdem möchte sie sicher Seamus und ihren Gemahl nicht allein lassen.”
“Sie sind in der Tat eine ausnehmend glückliche und zufriedene Familie, muss ich sagen!”
Das hätte man Nicholas nicht ausdrücklich sagen müssen. “Sonst noch etwas?”
“Bis das Heu eingefahren ist, sind wir im Marstall ein wenig knapp an Futter.”
“Dann kaufe das Nötige von benachbarten Lehen!”
Robert hüstelte beflissen. “Ich fürchte, Mylord, ich muss Euch daran erinnern, dass wir
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