Die heimliche Braut
Koch. “Ich soll nichts taugen? Ich kochte schon für hohe Herrschaften, als Ihr nichts weiter wart als ein armer Soldat, der sich einem jeden gegen Lohn verdingte! Solche Behandlung lasse ich mir nicht bieten! Entweder sie verschwindet, oder ich gehe!”
Riona hielt den Atem an, als sie sah, wie Nicholas’ Gesicht sich verdüsterte. “Anscheinend ist’s dir nicht zuzumuten, in jemandes Diensten zu stehen, der früher nichts weiter war als ein armer Söldner. Sicherlich wird’s dir anderswo besser gefallen!”
Der Küchenmeister schluckte. Offenbar begriff er plötzlich, dass er zu weit gegangen und dabei an den Falschen geraten war. “Verzeiht meine unbedachten Worte”, stammelte er. “Die da hat mich halt aus der Fassung gebracht, mehr nicht! Ihr ließet mir doch sonst immer freie Hand bei der Führung der Küche, und als sie ankam und alles an sich reißen wollte …”
“Habt Ihr versucht, Alfred die Küchenführung streitig zu machen, Mylady?”, fragte Nicholas, wobei er Riona ansah. In seinen dunklen Augen erkannte sie eine Skepsis, die ihr verriet, wem er glaubte.
Sie antwortete ihm aus vollstem Herzen und frei heraus. “Ich forderte ihn auf, er solle aufhören, den Spießdreher zu prügeln. Ferner sagte ich ihm, ich würde Euch die Vorgänge melden. Wenn mir das als Streitigmachen ausgelegt wird, bitte! Und dann würde ich’s wieder tun!”
Nicholas wandte sich abermals an den Koch. “Alfred, du wirst Dunkeathe unverzüglich verlassen.”
“Aber Mylord! Das meint Ihr doch nicht im Ernst!”
“Und ob ich das meine! Darauf kannst du Gift nehmen!”
“Bei so vielen hochherrschaftlichen Gästen samt Dienerschaft? Wer beaufsichtigt denn da die faule Bande in der Küche?”
“Das lass nur meine Sorge sein. Pack deine Sachen und sieh zu, dass du vor Sonnenuntergang verschwindest! Oder ziehst du’s vor, die nächsten ein, zwei Wochen am Schandpfahl zuzubringen? Gleich neben Burnley?”
Der Küchenmeister erbleichte und zuckte zurück. “Gemach, Mylord, ich gehe”, knirschte er, am ganzen Körper zitternd. “Gut, dass ich Euch los bin! Euch und Euer faules Gesinde und dieses ganze verfluchte Land! Krepieren sollt Ihr!”
Mit diesen Verwünschungen rannte der Koch davon, so schnell ihn seine feisten Beine trugen. Langsam stieß Riona den Atem aus, während Nicholas neben sie trat.
“In einem hat er recht”, sagte er. “Jetzt stehe ich da ohne Koch und ohne Aufsicht in der Küche.” Mit grüblerischer Miene sah er sie an. “Sosehr ich es begrüße, dass Ihr aus Mitgefühl für den Küchenjungen gehandelt habt – ich meine mich zu erinnern, dass Euer Onkel behauptet, Ihr wäret ein wahres Wunder, wenn’s um die Haushaltsführung geht. Wäre es wohl zu viel verlangt, wenn ich Euch bäte, vorübergehend die Führung der Küche zu übernehmen? Seid versichert: Ich werde Robert auftragen, sich nach einem neuen Koch umzusehen!”
Er tat so, als handele es sich um eine völlig einleuchtende Bitte, die außerdem noch wie ein respektvolles Kompliment klang. Ein Gefühl der Euphorie machte sich in Riona breit, zumindest für einen Moment, bis eine gewisse Ernüchterung eintrat. “Ich verstehe aber nicht viel von typisch normannischer Küche.”
“Die Küchenhilfen haben bestimmt das eine oder andere von Alfred gelernt”, beschwichtigte er sie. “Die brauchen nur jemanden, der sie bei der Zubereitung beaufsichtigt und dafür sorgt, dass für jeden Gast genug zu essen da ist – und zur rechten Zeit. Ach, übrigens: Da ich meine Schwester mit ihrer Familie erwarte, könntet Ihr dem Küchenpersonal auch gleich ein paar schottische Gerichte beibringen!”
Wie hätte sie seinen Vorschlag ablehnen können, denn er klang vernünftig! Außerdem bot sich die Gelegenheit, ihrem Onkel etwas nach seinem Geschmack vorzusetzen! “Einverstanden, Mylord.”
Plötzlich schienen seine Augen zu leuchten, und seine Lippen verzogen sich zu einem erfreuten Lächeln. “Vielleicht müsste ich Euch sogar dankbar sein! Denn gerade fällt mir ein, dass ich nun eine Möglichkeit habe, herauszufinden, welche der verbliebenen Kandidatinnen am besten meinen Haushalt führt! Alle werden der Reihe nach Gelegenheit bekommen. Ihr als Erste!”
“Es war aber nicht Zweck meiner Beschwerde über den Koch, dass Ihr daraus einen Wettbewerb um die tüchtigste Braut veranstaltet”, entgegnete Riona stirnrunzelnd.
“Trotzdem verschafft es mir die Gelegenheit”, erwiderte er völlig ungeniert. “Falls Ihr lieber
Weitere Kostenlose Bücher