Die heimliche Gemahlin
Schwester rasch aufzuspüren. „Sind Sie sicher?“
„Ja. Die zwei waren in London. Daran besteht kein Zweifel. Allerdings sind sie schon wieder abgereist. Ein halbes Dutzend Menschen erinnert sich daran, die beiden vor drei Tagen im Golden Lion gesehen zu haben. Am Morgen darauf wurde Juliet dabei beobachtet, wie sie mit Pryce in eine gemietete Kutsche stieg.“
„Und wer ist dieser Pryce?“
„Offenbar ist Will Morgan nur sein Deckname gewesen.
Tatsächlich heißt er Morgan Pryce.“
Ein falscher Name! Gnädiger Gott! Es verschlug ihr den Atem. Dieser Schuft! „Man darf wohl vermuten, dass er dunkle Gründe dafür hat, sich als jemand anderes auszugeben?“
„Nein, darüber wissen wir noch nichts. Wahrscheinlich wollte er es nur möglichen Verfolgern erschweren, ihn zu finden.“
„Ist er nun ein Schmuggler?“
Er zögerte. „Das ist... möglich.“
„Bei allen guten Geistern! Ich hab’ es doch geahnt! Der Kerl ist ein mieser Halunke, das habe ich sofort gespürt. Was will er nur von Juliet? Nun, selbstverständlich kann ich mir die Antwort leicht selbst geben. Er hat vor, sie für immer zu ruinieren, ihr wehzutun ...“
„Beruhigen Sie sich“, unterbrach er sie. „Davon kann keine Rede sein. Er teilte jedem mit, dass Juliet seine Verlobte sei, und behandelte sie stets mit äußerster Zurückhaltung und Höflichkeit. Pryce scheint Ihre Schwester wirklich heiraten zu wollen.“
„Falls er das tut, ist er nur hinter Juliets Mitgift her. Das muss ich Ihnen doch wohl kaum erklären“, entgegnete sie aufgebracht.
„Auch das können wir nicht mit Sicherheit sagen“, widersprach er ungeduldig. „Egal, wen ich fragte, alle berichteten, dass er Juliet stets höchsten Respekt erwiesen hat. Vielleicht täuschen Sie sich also in ihm, Lady Helena. Nicht alle Schmuggler sind wüste Schurken.“
Bei diesen Worten verwandelte sich ihre tiefe Sorge in glühenden Zorn. „Dann soll er die Schwester eines seiner Kumpane heiraten! Meine wird er jedenfalls nicht zur Braut bekommen!“
„Das hat er doch schon - deshalb stecken wir doch jetzt in diesen Schwierigkeiten. “
„Aber nicht mehr lange! Sie müssen mir einfach helfen! Lassen Sie mich jetzt nicht im Stich!“
„Was glauben Sie wohl, weshalb ich gestern Nacht von Taverne zu Taverne gezogen bin? Um herauszufinden, wohin die beiden verschwunden sind. Den heutigen Morgen verbrachte ich dann mit Reisevorbereitungen.“ Er senkte die Stimme. „Ich habe Juliet sehr gern. Sie mag ja glauben, in diesen Tunichtgut verliebt zu sein, dabei hat sie nicht die leiseste Ahnung, in was für eine Geschichte sie da hineinstolpert.“
„Selbstverständlich nicht! Sie ist naiv und vertrauensselig. Bestimmt hat er ihr irgendeine romantische Lügengeschichte aufgetischt, auf die sie prompt hereingefallen ist.“ Wütend presste sie die Spitze des Gehstocks in den Teppich. „Aber das lasse ich nicht zu! Der Kerl soll sich nur ja in Acht nehmen! “ Fest schaute sie ihn an. „Wann reisen wir ab, Mr. Brennan? Ich werde unverzüglich packen.“ Ungläubig zog er eine Braue hoch. „Wir? Wir fahren nirgendwohin. Ich fahre. Sie hingegen begeben sich jetzt zurück nach Knighton House und bleiben dort, bis ich mit Ihrer Schwester nach London zurückkehre.“
„Wie bitte? Sie belieben wohl zu scherzen! Oder denken Sie allen Ernstes, ich setze mich hin und drehe Däumchen, während Sie die beiden verfolgen? Selbstverständlich komme ich mit.“
Er richtete sich auf. „Ich werde Sie jedoch nicht mitnehmen.“
„Dann muss ich eben doch einen Detektiv aus der Bow Street engagieren“, widersprach sie.
Doch zu ihrem Entsetzen brach er in lautes Lachen aus. „Ein Detektiv? Bis gestern wussten Sie noch nicht einmal von der Existenz dieser Herren.“ Seine Miene wurde ernst. „Außerdem dürften Sie viel zu besorgt um den Ruf Ihrer Schwester sein, als dass Sie sich einem Fremden anvertrauten. Und dies aus gutem Grund.“
Himmel, der Mann konnte einen zur Raserei treiben! „Wie Sie wünschen. Dann werde ich Ihnen eben folgen. Sie können mich schließlich kaum davon abhalten, dieselbe Straße zu benutzen wie Sie.“
Der selbstzufriedene Ausdruck auf seinem Gesicht verschwand. „So dumm werden Sie nicht sein.“
„Wäre es denn so dumm, alles in meiner Macht Stehende zu unternehmen, um Juliet zu helfen?“
„Mir zu folgen hilft ihr keineswegs. Stattdessen brächte es auch noch Sie in Schwierigkeiten. Sie würden nur für jeden Strauchdieb ein leichtes Opfer
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