Die heimliche Gemahlin
beschützen.“
„Mag sein.“ Daniel traute sie ein derartig mieses Verhalten hingegen nicht zu. Er schien zu ehrlich für solche Machenschaften.
Schweigend beendeten die beiden ihre Mahlzeit. Zum ersten Mal, seit Helena Swan Park verlassen hatte, vergaß sie ihre Zukunftsängste ein wenig. Trotz ihrer Schmerzen schöpfte sie wieder Hoffnung. Dieser Mann schien ihr zu allem fähig - sogar dazu, ihre naive kleine Schwester wiederzufinden. Zweifellos konnte es bis dahin nicht mehr lange dauern, nachdem sie schon so weit gekommen waren.
„Wollen Sie noch etwas, oder kann ich jetzt die Rechnung bringen, Mr. Brennan?“ Die Wirtin war plötzlich neben dem Tisch erschienen.
Für wen hielt diese Frau sich eigentlich? Glaubte sie etwa, es mit gewöhnlichen Zechprellern zu tun zu haben? Doch bevor Helena etwas erwidern konnte, ergriff Daniel das Wort.
„Tatsächlich habe ich noch eine Frage.“ Er zog die beiden Porträts aus der Tasche. „Würden Sie sich bitte diese beiden Bilder einmal anschauen. Meine Gemahlin und ich suchen die beiden. Vielleicht sind sie ja hier vorbeigekommen. Haben Sie sie gesehen?“
Die roten Hände in die Hüften gestemmt, betrachtete die Frau die Porträts. „Glaub ich kaum“, erwiderte sie herausfordernd.
„Sind Sie ganz sicher? Eine Wirtin, die ihr Gasthaus so umsichtig führt, hat sicher viel zu tun. Aber vielleicht ist Ihnen trotzdem wenigstens das Mädchen aufgefallen.“ Er schob ihr die Miniatur hin. „Sie ist die Schwester meiner Gemahlin. Und der Kerl da ist hinter ihrer Mitgift her.“ „So einer ist das also?“ fragte sie und verengte die Augen.
„Richtig. Sie sind eine schwer arbeitende Frau. Denken Sie nur, der Kerl würde mit Ihrer Tochter auf und davon stürmen, um sich Ihr Geld unter den Nagel zu reißen ..." Er legte eine wirkungsvolle Kunstpause ein.
Die Wirtin schien ein wenig gelöster. „Sind Sie aus London?“
„Dort lebe ich jetzt. Aber ich bin in Sussex aufgewachsen. Meine Mutter war Engländerin. Sie führte auch einen Gasthof, die Gute. Sie erinnern mich ein wenig an sie.“ „Tatsächlich? Wie hieß sie denn?“ fragte die Frau nun schon weit freundlicher.
„Molly. Mein Vater war ein irischer Soldat. Bis auf den heutigen Tag sind die beiden noch zusammen.“
„Molly Brennan aus Sussex. Hab’ von ihr gehört. Eine gute Frau, wenn ich mich recht entsinne.“
„Eine wunderbare Frau“, bestätigte Daniel, woraufhin die Wirtin beinahe lächelte. Am liebsten hätte Helena ihrer Verachtung für dieses unwürdige Schauspiel laut Ausdruck verliehen. Der Mann konnte wahrlich lügen wie gedruckt! Dabei wusste doch jeder, dass man seine Mutter neben Wild Danny aufgehängt hatte! Und ein Gasthaus hatte diese Räuberin ebenfalls nie geführt!
Die Wirtin betrachtete nochmals das Bild. Dann zeigte sie mit einem langen dünnen Finger darauf. „Ja, so ein Kerl ist vor zwei Tagen hier gewesen. Gut aussehender Mann, aber ich wusste sofort, dass mit dem was nicht stimmt. Hatte es übrigens ziemlich eilig.“
„War eine Frau bei ihm?“ hakte Daniel nach.
„Falls ja, habe ich sie jedenfalls nicht zu Gesicht bekommen. Der Mann saß in einer Kutsche, wissen Sie. Ich konnte nicht erkennen, ob da jemand bei ihm war. Aber er bestellte zwei Brotzeiten und kaufte mir zwei Gläser ab.“ „Tausend Dank für Ihre Hilfe, Madam.“ Großzügig griff Daniel in den prall gefüllten Geldbeutel. „Dann sollte ich jetzt die Rechnung begleichen. Zehn Shilling, neun Pence, sagten Sie?“
„Richtig.“ Mit gierigen Blicken verfolgte die Wirtin jede seiner Bewegungen.
„Dann gebe ich Ihnen für das köstliche Mahl elf Shilling.“ Er legte zwei Crowns und einen Shilling auf den Tisch, dem er eine weitere Crown folgen ließ. „Und fünf drauf für Ihre hilfreichen Auskünfte.“ Damit stellte er den Beutel neben der Skizze auf der Tischplatte ab. „Hat der Herr vielleicht zufällig erwähnt, wohin er wollte?“
Rasch griff die Wirtin nach den Münzen und steckte sie ein. „Nein“, erklärte sie mit einem bedauernden Blick auf die Börse. „Aber vielleicht weiß es unser Stallknecht.“ Daniel gab ihr noch einen Shilling. „Dennoch tausend Dank. Ich ahnte doch, dass eine gute Frau, wie Sie es sind, meiner Gemahlin und mir gern weiterhilft.“ Er zwinkerte der Wirtin zu.
Als die daraufhin errötete, wollte Helena ihren Augen kaum trauen. „Nicht doch, Mr. Brennan“, wehrte die Wirtin ab. „Das war selbstverständlich. Lassen Sie mich nur wissen, ob ich Ihnen
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