Die heimliche Gemahlin
zurückgeschickt!“
Völlig richtig. Was für ein stures Frauenzimmer! Doch Starrsinn war eine Sache, das eigene Leben zu riskieren hingegen eine ganz andere! „Und ebendies werde ich auch tun“, verkündete er sanft. „Ihre Waghalsigkeit hat Ihnen also rein gar nichts eingebracht. Merken Sie sich das. Wenn ich nur daran denke, was für ein Bild Sie eben abgaben ...“ Der Gedanke daran, wie sie mit verdrehten Beinen am Boden gelegen hatte, machte ihn ganz krank. „Was soll ich bloß nun mit Ihnen anfangen? Sie wieder auf ein Pferd zu setzen, kommt ja keinesfalls infrage.“
„Wenn Sie mich hinaufheben würden, könnte ich bestimmt wieder reiten.“
„Entweder sind Sie schrecklich begriffsstutzig oder schlicht übergeschnappt. Sie werden selbstverständlich mit der Kutsche zurück nach London reisen, verdammt!“ Wütend wirbelte er herum. „Und ich schwöre Ihnen ...“ Als er ihren Gesichtsausdruck bemerkte, hielt er inne. Sie weinte still. Winzige Tränen tropften von den Lidern auf die zarten Wangen, obwohl Helena sich bemühte, sie zurückzuhalten.
Verdammt, er hatte sie zum Weinen gebracht. Das war ihm vorher noch nie bei einer Frau passiert. Da konnte man wieder einmal sehen, dass Helena ihn vollkommen aus der Fassung brachte - ihn, der immer so viel Rücksicht auf die Gefühle des schwachen Geschlechts nahm. Er musste sich wirklich furchtbar benommen haben, wenn eine so stolze junge Dame in Tränen ausbrach.
Peinlich berührt senkte sie nun den Kopf, doch das machte die Sache für Daniel nur noch schlimmer. Jetzt sah er nämlich auch, wie ihre Schultern zitterten. Leise schluchzte sie auf.
Ihm wollte schier das Herz brechen. „Liebe Gute, weinen Sie doch nicht“, flüsterte er und nahm neben ihr auf dem Sofa Platz. „Ich meinte es nicht so. Sie sind selbstverständlich weder dumm noch verrückt. Ich ..." Angesichts des kleinen Häufchens Elend, das da vor ihm saß, fehlten ihm die Worte. „Sch, sch, es ist ja alles gut.“ Tröstend legte er ihr den Arm um die Schultern.
Sie hob das Gesicht und guckte ihn aus leicht geröteten Augen an. „Bitte, Daniel. Bitte schicken Sie mich nicht zurück. Ich werde Ihnen bestimmt keine weiteren Schwierigkeiten machen. Ich versprech’s. Am besten miete ich einen Gig. Der ist schnell, und ich kann ihn selbst lenken.“ „Helena ...“, wollte er ihr sanft widersprechen.
„Sie haben ja Recht. Natürlich hätte ich Ihnen sagen müssen, dass ich ewig nicht mehr geritten bin. Aber dann hätten Sie mich nicht mitgenommen. Außerdem glaubte ich wirklich, ich könnte es schaffen. Doch mein krankes Bein war zu schwach, und dadurch habe ich das gesunde überfordert und ...“ Sie gab einen erstickten Laut von sich, fand jedoch sogleich die Sprache wieder. „Ich hasse mein Bein!“
Er drückte zärtlich ihre Schulter. „Aber, aber. Sie können nur einfach nicht erwarten, dass es sich sofort wieder ans Reiten gewöhnt. Derlei braucht eine gute Weile.“ „Dafür haben wir keine Zeit.“ Noch immer hingen ihr Tränen in den langen Wimpern. „Trotzdem kann ich Sie weiter begleiten, wenn wir unsere Pläne ein wenig an die veränderte Lage anpassen.“
Mit einem Seufzer blickte er die weiß gekalkte Wand Hilfe suchend an. „Trauen Sie mir denn nicht zu, Ihre Schwester zu finden?“
„Darum geht es nicht. Ich muss unbedingt mitkommen.“ Er schüttelte den Kopf. „Weshalb denn nur, um Gottes Willen?“
„Weil ich an allem schuld bin. Meinetwegen ist sie erst in diese Lage geraten“, schluchzte sie. „Wenn ich nur ein bisschen besser auf sie aufgepasst hätte, wäre mir doch aufgefallen ..."
„Nicht doch, meine Liebe. Das war sicherlich nicht Ihr Fehler. Niemand kann dafür verantwortlich gemacht werden.“
Begütigend zog er sie zu sich heran. Zu seiner Überraschung leistete sie keinerlei Widerstand gegen diese Umarmung. Am liebsten hätte er sie noch enger an seine Brust gedrückt. Traurig schmiegte sie die Wange an Daniels Schulter und ließ den Tränen freien Lauf, bis seine Jacke ganz feucht war. Freundlich reichte er ihr ein Taschentuch, das sie ebenfalls mit ihren Tränen vollkommen durchnässte.
„Ich habe doch bemerkt, wie er sie anschaute ...“, schluchzte sie. „Dass dieser Kerl Böses im Schilde führte, war mir ganz klar. Deshalb hätte ich ja auch besser auf sie Acht geben müssen.“
„Niemand kann eine erwachsene Frau davon abhalten zu tun, was sie will“, sagte er leise. Das war jedenfalls die Lehre, die er aus dieser
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