Die heimliche Päpstin
gemeinsamen Jagd und deren jüngerer durch deine Klinge starb – worauf du die Herrschaft in der Markgrafschaft … antreten konntest.«
»Du hast ihn getötet?« fragten Giovanni und Alberico wie aus einem Mund.
»Er hat mich herausgefordert und beleidigt.«
»Sag ihnen auch, wie alt der Junge damals war!«
Alberich nahm einen weiteren großen Schluck, wischte sich anschließend gründlich den Mund ab und griff nach einem Stück Hühnerschenkel.
»Papa, wie alt war er?« fragte Giovanni.
»Und wie hast du ihn abgestochen?« fragte Alberico.
»Ich habe ihn nicht abgestochen«, antwortete sein Vater unwirsch. »Es war Notwehr.«
»Roms größter Schwertkämpfer gerät gegenüber einem vierzehnjährigen Knaben in Notwehr«, höhnte Marozia und fügte in gespielter Bewunderung an: »Euer Vater war damals ein Herkules an Mann, der sogar eure Großmutter auf einem Arm in die Luft stemmen konnte. Heute muß er dagegen seine Verletzung pflegen, die ihm eine kinderliebende Wölfin zugefügt hat.«
»Mama, warum sagst du das so höhnisch?« Alberico ergriff die Partei seines Vaters. »Die Wunde war tief und blutete stark.«
»War dieser Junge wirklich nicht älter als wir?« fragte Giovanni nach.
»Eure Mutter war damals sieben Jahre alt und weiß nicht, wovon sie spricht.« Alberich bemühte sich, die Fassung zu bewahren.
»Er hieß im übrigen Wido«, fügte sie bedeutungsvoll an.
In das entstehende Schweigen hinein wandte sich Marozia dem aufmerksam lauschenden Gast zu, als sei ihr Mann plötzlich Luft. Sie reichte ihm mit bezauberndem Lächeln eine Schüssel mit Süßigkeiten, und ihr Gast dankte, ebenso lächelnd, nahm eine in Honig eingelegte Frucht, obwohl er noch dabei war, einen Hühnerknochen abzunagen.
»Erzähl von deiner Familie, liebster Wido!« flötete sie. »Ich erinnere mich gut an deinen charmanten und fröhlichen Vater. Starb er nicht kurz vor unserem Feldzug gegen die Sarazenen?«
Wido nickte: »Er starb leider viel zu früh. Ich habe ihn sehr vermißt …«
»O wie ich dich verstehe«, fiel sie ihm ins Wort. »Auch ich vermisse meinen Vater … Und deine Mutter?«
»Sie ist die Tochter des Königs von Lotharingien und heißt Bertha«, kommentierte Alberich.
Unsere kleine Berta errötete.
»Ja, meine Mutter lebt noch«, sagte Wido. »Ich habe auch einen jüngeren Bruder, Lambert. Wir sind nur ein Jahr auseinander und mögen uns sehr.«
Die Kinder hörten aufmerksam zu, vermutlich, weil aus jedem von Widos Worten seine ehrlichen Gefühle sprachen.
»Lambert!« stieß Marozia in übertriebener Überraschung aus. »So hieß ja auch der Spoletaner, Widos älterer Bruder, der bei der Jagd tödlich verletzt wurde, weil Alberich den Eber nicht rechtzeitig abstechen konnte – welch seltsame Fügung!«
Unser Gast lächelte nur.
»Widos älterer Bruder heißt Hugo, er ist Graf von Arles und Herrscher der Provence«, mischte sich Alberich erneut, mit tiefer Furche zwischen den Augen, ins Gespräch. »Dieser Hugo, ein fähiger Mann, vertritt König Ludwig den Blinden, der nicht immer blind war.« Alberich wandte sich belehrend an seine Kinder: »Er wurde heimtückisch überfallen und geblendet, und wißt ihr, von wem? Von Berengar persönlich, den kürzlich der Dolch traf, den er seit langem verdiente. So soll es allen Verrätern und Usurpatoren gehen! Nicht wahr, mein Freund?«
Wido nickte nachdenklich und nahm einen Schluck Wein. »Hugo ist aber nur mein Halbbruder. Meine Mutter war früher mit Hugos Vater verheiratet, bevor dieser starb. Wir trafen uns einmal in unserem Leben, und das ist lange her.«
»Aber ihr habt euch sicher gut verstanden, was? Brüder müssen zusammenhalten!« rief Alberich aus, während er seine Söhne auffordernd anschaute. »Blut verbindet, merkt euch das, ihr Burschen!«
Marozia überging die Worte ihres Mannes und wandte sich an Wido: »Du bist noch jung, liebster Freund, und bereits der mächtigste Mann in Mittelitalien. Da Berengar jetzt den Weg alles Irdischen gegangen ist, könntest du der nächste König oder gar Kaiser werden. Es wird Zeit, daß endlich einer von uns die Herrschaft übernimmt und unser noch immer zersplittertes und zerstrittenes Land eint. Dieser Burgunder Rudolf, auf den die Herren des Nordens setzen, ist sicherlich nur ein Mann des Übergangs, oder was denkst du?«
Wido hatte, gemeinsam mit Alberich, kurz aufgelacht und legte den Hühnerknochen beiseite. »Das sehen wir genauso«, antwortete er. »Mit guten Freunden an meiner
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