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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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erregen, und wurde kurz gekrault. Kaum hatte er jedoch eine vorbeistreifende Katze entdeckt, hechtete er los und nahm mit begeistertem Gekläff die Verfolgung der Fliehenden auf.
    Ich hatte den Tieren nachgeschaut; als ich mich wieder den Männern zuwandte, entdeckte ich im Zimmerschatten des ersten Stocks, halb verdeckt und doch neugierig, Marozia. Sie mußte sich soeben mit wirren Haaren aus Angelos Armen gelöst haben, um nach der Ursache des Lärms zu schauen. Rasch verschwand sie, und es dauerte eine Weile, während nun auch Alberich nach Wein rief, bis sie mit einem verklärten Lächeln ans Fenster trat. Vorerst war ich die einzige, die sie bemerkte.
    Sie trug eine leichte Tunika ohne Stola; ihre Haare fielen auf die weichen Rundungen ihrer Schultern, die in dem dunkler werdenden Licht sinnlich leuchteten: Halb erinnerte sie mich an ein unschuldiges Mädchen voller Erwartung, halb an eine Zauberin, die lockend am Eingang ihrer verheißungsvollen Grotte stand, geheimnisvoll lächelnd …
    Rasch wandte ich mich ab, weil ich nicht den Blick der Männer auf sie lenken wollte, doch Wido hatte sie bereits erspäht.
    Ich kenne mich in Liebesdingen nicht aus, habe nur davon gehört, daß ein Blick genügen kann, Leidenschaften auflodern zu lassen. Theodora hat mir häufig von der vorwärtspeitschenden Kraft geschlechtlichen Begehrens erzählt, von dem Sturm der Gefühle, dem kein Widerstreben standhält, von der Lust an Überwältigung und Überwältigtwerden, von der sich steigernden Sucht nach immer mehr, die jedoch von einem Punkt der Sättigung ab umschlage in eine Sucht nach Abwechslung.
    Nein, ich kenne mich in den Stufen und Formen der Wollust nicht aus, doch ich sah Widos Blick und Marozias Lächeln.
    Nun hatten auch die Kinder ihre Mutter entdeckt, riefen sie, winkten ihr. Alberich schaute ebenfalls empor, und über seinen Blick fiel ein Schatten.
    »Ich komme!« rief Marozia. »Wartet, ich bin gleich bei euch!«
    Es dauerte eine Weile, bis sie kam, das Haar noch offen, über den Schultern ein durchsichtiger Schleier, und ihre erste Willkommensgeste galt dem Gast.
    Wido schaute sie wie ein Wunder an, dabei mußte er sie doch kennen. Er hatte als junger Mann gegen die Sarazenen mitgekämpft und an den römischen Siegesfeiern sowie der Kaiserkrönung Berengars teilgenommen. Marozia hatte sich seitdem nur in einem Punkt dem unerbittlichen Diktat der Zeit beugen müssen: Was sie an Formen gewonnen hatte, hatte sie an Festigkeit verloren. Ihre Haut jedoch war noch immer glatt wie die einer Jungfrau, die Fülle der Haare ungebrochen, die Stimme weich, und sie bewegte sich so geschmeidig, federnd und anmutig wie eh und je.
    Marozia warf Wido einen ihrer leicht spöttischen und zugleich einladenden Blicke zu, bevor sie, mütterlich übertreibend, ihren Zweitältesten Sohn in lauter Bewunderung begrüßte, auf Giovannis geistlichen Erfolg hinwies und zudem die sich entfaltende ›Lilienschönheit‹ ihrer jüngsten Tochter pries, als wollte sie Wido seine zukünftige Braut schmackhaft machen.
    Schließlich ließ sie sich von ihrem Gatten auf die Stirn küssen und erkundigte sich nach seiner Verletzung. Alberich nahm sie in den Arm und preßte seine rechte Hand auf ihr volles Hinterteil, doch mit einer geschickten Drehbewegung entschlüpfte sie ihm und nahm Widos Hand, um den Gast in den Speiseraum zu führen, den bereits ihre Mutter nach altrömischem Vorbild wie ein Triclinium hatte gestalten lassen, mit weichgepolsterten Liegen um einen Tisch, auf dem Speisen gereicht wurden.
    Alberich erzählte erneut von den mutigen Taten seines Sohnes und seinem Sieg über den Leitwolf, während Alberico mit stolz-verschämtem Blick das Lob seines Vaters hinnahm und dann von der alten Wölfin erzählte, die ihre Welpen gerächt habe.
    »Sie wird so alt noch nicht gewesen sein«, korrigierte ihn mild sein Vater.
    »Vielleicht war es ja die auferstandene Agiltrud«, warf Marozia ein und lachte.
    »Wer war Agiltrud?« fragte Alberico.
    »Was für ein Unsinn! Erzähl dem Jungen keine Schauermärchen.« Sein Vater hatte sich kurz Marozia zugewandt, bevor er wieder seinen Sohn ansprach. »Deine Mutter meint eine Frau, an die sie sich selbst kaum erinnern dürfte.« Alberich goß sich Wein nach und trank einen kräftigen Schluck. »Dummes Weibergeschwätz!« stieß er noch aus.
    »Kein dummes, sondern zutreffendes Weibergeschwätz«, sagte Marozia spitz. »Ich spreche von der früheren Herrin von Spoleto, deren älterer Sohn auf eurer

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