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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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die Politik betrifft, die über die Mauern der Ewigen Stadt hinausreicht, ja, über die Grenzen des Patrimoniums, so sollten sich diejenigen darum kümmern, die qua Amt, Alter und Berufung dafür auserwählt sind.«
    Der Papst lächelte Marozia väterlich an, während ihr Lächeln gefror. Pietro, der hinter ihm stand und den Arm besitzergreifend auf seine Rückenlehne legte, verzog die Mundwinkel in höhnischem Triumph, nickte und fügte an: »Zumal der Blick eines Weibes nie über die engen Grenzen, die ihrem Geschlecht gezogen sind, hinausschauen kann. Und schon gar nicht sollte.« Er hob seinen Kopf in törichtem Stolz und fuhr sich anschließend mit seinen Fingern durch sein dichtes, wallendes Haar.
    Ich nenne seinen Stolz töricht, weil er ohne Not die mächtigste Frau der Stadt vor aller Ohren demütigte und offensichtlich die Kraft ihrer Rachsucht unterschätzte.
    Papst Johannes warf ihm einen mild tadelnden Blick zu und lächelte Marozia noch väterlicher an. »Wir danken für deinen Rat, geliebte Tochter, und werden ihn selbstredend zu überdenken wissen, zumal uns beide die gleichen Ziele antreiben: das Wohlergehen und die Einheit unserer italischen Länder unter der Schirmherrschaft des einzigen und einigen Gottes zu gewährleisten. Leider zeichnen sich die Herrscher Italiens durch ein besonders hohes Maß an brüderlicher Mißgunst, verräterischer Gesinnung und ruchloser Ränke aus. Wir haben die Sarazenen gemeinsam besiegt, doch ob es Uns gelingt, den Frieden nach innen zu erhalten … der Herr allein weiß es, es liegt in SEINER Hand. Du, meine Tochter, solltest dich um den Frieden in unserer Stadt, um die Sicherheit der Einwohner und Pilger sowie um die Versorgung der Armen, Alten und Schwachen kümmern.«
    Der Papst war aufgestanden und hatte Marozia seine Ringhand hingehalten. Sie deutete einen Kuß an. Ihre Miene zeigte Verärgerung, die sich zu Zorn steigerte, als Pietro an ihr vorbeischritt, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Einige der Prälaten, die ihre Ämter durch unser Geld erhalten hatten, verneigten sich vor Marozia und flüsterten ihr etwas Aufmunterndes und Unterstützendes zu. Auch sie mußten in Pietro einen gefährlichen Konkurrenten sehen.
    Kaum waren wir allein, nahm Marozia mit einem Schrei einen Weinkrug, der noch unangerührt auf dem Tisch stand, und schmetterte ihn mit einem zweiten Schrei zu Boden, so daß die Flüssigkeit über die Fliesen spritzte. Unser Giovanni, der verschüchtert zugeschaut hatte, konnte nicht mehr rechtzeitig zur Seite springen, so daß er wie blutüberströmt und zugleich wie ein begossener Pudel dastand. Marozia beachtete ihn nicht. Sie trommelte vor Wut mit den Fäusten auf den Tisch und schrie ein drittes Mal in unartikulierter Erregung auf. Als sie sich ein wenig beruhigt hatte, beugte sie sich, auf die Arme gestützt, über den Tisch, nahm einen noch vollen Becher, stürzte den Wein hinunter und stieß aus: »Er wird diese Frechheit mit dem Leben bezahlen!«
    »Du willst den Heiligen Vater ermorden lassen?« fragte Giovanni ungläubig.
    »Dummkopf!« fuhr sie ihn an. »Johannes doch nicht, sondern seinen sodomitischen Pietro!«
    50
    Während Marozia bei Angelos sanftem Flötenspiel über die besten Wege zur Entmachtung und Beseitigung des Papstbruders nachgrübelte, verschoben sich die Machtverhältnisse im Norden des Landes ohne römisches Zutun. Im Jahr 924 kam es zu der Entscheidungsschlacht bei Fiorenzuola , das in der Nähe von Piacenza liegt: Der Burgunder Rudolf, getragen und unterstützt von den Aufständischen, besiegte Kaiser Berengar von Friaul, der kurz darauf von einem seiner eigenen Vasallen ermordet wurde. Darüber war nicht nur Marozia hocherfreut, sondern ebenso Alberich und Wido von Tuszien, die den Ausgang der Ereignisse in Lucca abgewartet hatten. Nun gab es einen aufgeblasenen und zugleich heimtückischen Herrscher weniger, und der Kaisertitel war wieder vakant. Wundert es, daß daraufhin der schöne und reiche Markgraf von Tuszien davon zu träumen begann, er könne der nächste Kaiser werden? Vermutlich hatte ihm sogar Alberich diesen Wunschtraum eingeredet.
    Um die neue Lage gebührend zu feiern, begaben sich die beiden Männer auf Wolfsjagd in die Sabiner Berge. Alberico, der seinen Vater bereits nach Lucca begleitet hatte, war mittlerweile alt und geschickt genug, mit seinem Vater und Onkel die grauen Walddämonen zur Strecke zu bringen.
    Sie blieben mehrere Wochen unterwegs und zogen am Ende der Jagd gemeinsam nach

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