Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
Vom Netzwerk:
zu, der Heilige Vater nahm einen Schluck aus dem kostbaren Glas, das er als einer der wenigen erhalten hatte, und lächelte Marozia an, während Pietro sich kurz räusperte und vage von einer Zwischenlösung bis zu Albericos Volljährigkeit sprach, »die, verehrte Senatrix, den augenblicklichen Verhältnissen am besten entspricht.«
    »Was für Verhältnisse?« fragte Marozia gereizt.
    »Meine Tochter«, antwortete der Papst im freundlichen Ton, »für deine Verdienste um die Ewige Stadt und das Patrimonium Petri werden Wir dir den Titel der vestaratrix palatini verleihen, den bereits deine Mutter trug. Aufgaben und Kosten sind damit nicht verbunden, er soll allein die Wertschätzung zeigen, die Wir für dich hegen, und deine innige Verbundenheit mit der Kurie.«
    »Ich danke Euch, ehrwürdiger Vater, für diese Wertschätzung, denke jedoch, daß sich aus ihr mit großer Selbstverständlichkeit die Übertragung der Markgrafschaft auf die Familie meines verschiedenen Gatten ergibt. Sogenannte Zwischenlösungen zeigen keine Wertschätzung, sondern das Gegenteil, und dies kann nicht in Eurem Sinne sein.«
    Aaron beugte sich zu mir herüber und flüsterte mir zu: »Ich spüre, daß tödlicher Streit in der Luft liegt. Marozia soll in eine Falle gelockt werden – und ist dabei, in sie hinein zu tappen.«
    »Was kann ich tun?« flüsterte ich zurück.
    Möglichst unauffällig ließ ich Berta mit Aaron den Platz wechseln, so daß der Alte neben mir saß und Berta neben dem freundlichen Jakob.
    »Marozia muß sich zurückhalten. Eine Auseinandersetzung in dieser Öffentlichkeit schafft Positionen, die man nicht mehr ohne Gesichts- und Ehrverlust aufgeben kann. Genau das strebt der Papst an.«
    »Und Pietro?«
    »Ist die treibende Kraft hinter ihm.«
    Mir war nicht klar, was Aaron meinte, weil ich mir nicht vorstellen konnte, worauf die Auseinandersetzung hinauslaufen würde. Aaron dagegen durchblickte wie ein blinder Teiresias oder ein alttestamentarischer Prophet die Strategie von Papst und Pietro. Weil ich noch nachdachte, zögerte ich aufzustehen, um Marozia eine Warnung ins Ohr zu flüstern. Ich hätte ihr erklären müssen, worum es ging.
    »Selbstredend liegt es nicht in meinem Sinne, meine Tochter«, unterbrach Papst Johannes mein Nachdenken, »weil meine Wertschätzung über jeden Verdacht erhaben ist, doch kursieren im Volk von Rom und unter der Priesterschaft böse Gerüchte über den so tragisch Verstorbenen – Gott sei seiner armen Seele gnädig –, daß ich es gerade wegen meiner Wertschätzung für opportun erachte, die Gerüchte aus dem Weg zu räumen, bevor dein Sohn den ihm angemessenen Titel erhält.«
    Ich wollte nicht glauben, was Papst Johannes mit samtener Vaterstimme von sich gab. Begriffsstutzig, wie ich in diesem Augenblick war, begriff ich noch immer nicht, worauf er hinauswollte.
    »Die Falle schnappt zu!« sagte Aaron, leise zwar, doch so laut, daß Marozia seine Äußerung verstehen mußte. Sie schaute irritiert zu ihm herüber, aber nicht nur sie, so daß ich ihr kein Zeichen geben konnte. Ihre Irritation wog gleichwohl nur gering im Vergleich zu dem Zorn, der wegen der päpstlichen Andeutung hochschoß.
    Noch einmal versuchte Aaron einzugreifen. Diesmal sagte er lauter: »De mortuis nil nisi bene.«
    Sofort entstand ein erregtes Gemurmel unter den Anwesenden, das Pietro mit schneidender Stimme übertönte: »Wagt der ungläubige Jude etwa, den Heiligen Vater belehren zu wollen? Weiß er nicht, daß er und sein wucherisches Tun in dieser Stadt nur geduldet werden, weil der Heilige Vater in seiner christlichen Großmut …«
    »Laß gut sein, Pietro«, mischte sich der Papst ein, »unser jüdischer Freund weiß, wovon ich spreche, sonst hätte er sich nicht so gefährlich belehrend geäußert.« Wie bisher lächelte er und ließ seine Stimme alle Freundlichkeiten tragen.
    Wer auch immer am Tisch ahnte, worum es ging – die Beleidigung unseres Hauses stand im Raum und mußte geklärt werden.
    »Was für Gerüchte?« fuhr Marozia Papst Johannes an.
    Eine atemlose Stille entstand.
    »Unser jüdischer Geldleiher hat recht: Über Tote soll man nur Gutes sagen.«
    Ich begann zu begreifen, was hier für ein Spiel gespielt wurde. Marozia begriff es nicht oder wollte es nicht begreifen. Sie war jedoch geschickt genug, zu rufen: »Dann sag nur Gutes! Ich warte.«
    Leider war der Ton dem Papst gegenüber nicht angemessen, und es war vorhersehbar, daß Pietro eingriff. »Der Heilige Vater ist es

Weitere Kostenlose Bücher