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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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noch und starrte vor sich hin, als müßte sie einen Entschluß fassen, vor dem sie sich ihr Leben lang gefürchtet hatte.
    Als der Papst und sein giftiger Adlatus sich mit all den Kardinälen und Prälaten bereits durch die Tür nach draußen quetschten, drehte sich Pietro unter Aufbietung all seiner Kräfte um, reckte den Arm, als rufe er den Herrn zum Zeugen an, und schrie mit gellender Stimme: »Das goldene Kreuz des Belisar, das ihr aus der heiligen Basilika des Lateran gestohlen habt, möge dir und deiner gesamten Familie zum Fluch werden!«
    Marozia saß noch immer an dem verwüsteten Tisch, über den der Rotwein blutrot geflossen war.
    »Das bedeutet Krieg«, hörte ich sie flüstern. »Ihr oder ich, nur einer wird überleben.«

Dritter Teil
    Der Duft
von Goldorangen
und Limonen

53
    Nur einer wird überleben. Diese Worte klingen mir noch im Ohr – in einer neuen unheilschwangeren Bedeutung, denn ich bin frei, während Marozia in der dunklen Gruft hockt wie eine bleiche Märtyrerin, die sich damit abgefunden hat, daß ihr Leben endet und daß man sie vergessen wird.
    Ich bin frei!
    Noch immer fasse ich es nicht. Ich befinde mich auf dem Aventin, stehe an einem Pult am Fenster und schaue mit trunkenen Augen hinaus in die nachtigallendurchtönte Dunkelheit: Über den ergrünenden Platanenblättern schimmern und blinken die Sterne wie ausgestreute Diamanten. Beendet ist das Drama der Wolken, das heute abend auf der Bühne des Himmels aufgeführt wurde, bevor eine aufklarende Nacht die dunklen wie hellen Lichtgestalten verschluckte.
    Es ist Frühjahr. Einen ganzen Winter haben wir im tiefen Verlies zugebracht, ohne von der aufgehenden Sonne geküßt, von der untergehenden Sonne gestreichelt zu werden. Ohne den reinigenden, labenden, kühlenden Regen auf der Haut zu spüren, den verwehten Blättern nachzuträumen.
    Ich könnte fortfahren, Gottes Schöpfung unter dem Licht seiner Liebe zu preisen, wenn es mich nicht drängte, niederzuschreiben, was heute geschah, und darüber hinaus zu berichten, welchen Verlauf der Kampf zwischen Marozia und ihren Widersachern nahm – denn eins weiß ich: Wenn ich morgen wirklich, wie Alberico angekündigt hat, meinen Sohn Alexandros in die Arme schließen darf, wenn es mir gar gelingt, Marozia zu befreien, werde ich sobald keine Muße mehr finden, meinen Bericht zu beenden.
    Zurück also zu dem heutigen Morgen!
    Anastasius zeigte sich, als die lärmende Wärterschar mit ihm herbeiklapperte, besonders gut gelaunt. »Endlich!« rief er. »Die Erleuchtung des barmherzigen Erlösers hat ihren Weg gefunden in unsere Seelen.«
    Marozia, deren Herz morgens schwer und düster ist von Träumen, die sie nicht aus ihren peinigenden Klauen lassen, stöhnte lediglich und zog die schmutzige Wolldecke über den Kopf. Unsere Rattenkolonie rümpfte ihre Schnäuzchen und prüfte die Duftwolken, die von Brot, Hühnerfleisch und Grütze aufstiegen. Bevor die Wächter sie mit ihrem Besenstil ins Himmelreich der Ratten befördern konnten, waren sie verschwunden.
    Ich schaute Anastasius aus müden Augen an, und er sagte mit cäsarischer Geste: »Du bist frei, große Dienerin einer gedemütigten Göttin!«
    In diesem Moment hielt ich alles für einen zweischneidigen Morgentraum und wiederholte wie ein sprechender Rabe: »Ich bin frei.«
    Marozia stöhnte auf.
    Anastasius schien sein gestenreiches Auftreten nicht aufgeben zu wollen und tönte mit rollender Stimme: »›Im übrigen, lieber Anastasius, Herr über das Reich der Dunkelheit‹ – so sprach gestern unser Princeps venerabilis Alberich der Zweite, ›wir haben doch tatsächlich vergessen, die griechische Sklavin Aglaia wie versprochen freizulassen.‹ Sprach er im pluralis majestatis , oder wollte er einen Teil der Verantwortung für dein Leiden auf mich abwälzen? Wie dem auch sei, liebste Aglaia, Schülerin des Epikur – du bist frei. Ich werde dich jetzt ans Tageslicht führen, über den Tiber geleiten. Gemeinsam werden wir die Via Lata entlangschreiten, ohne in Sänften getragen zu werden und ohne zu reiten – o kunstvoller Reim, der die Worte schmückt … Weißt du eigentlich, verehrte Aglaia, daß ich einst ein langes Gedicht schrieb, mit dem Mut zur schmückenden, klingenden Rede, für mich allein, in den Nachtstunden, ein Poem über die Päpstin Johanna Anglica, Gott rette sie vor dem Vergessen, und zudem über die Päpstin Johanna Theodora – Euch sicher unvergeßlich …« Er kicherte, wurde rasch wieder ernst. »Ein

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