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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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ihrer Brust, das in düsterem Gold glänzte.
    Alberico hatte einen Gürtel mitsamt Schwert umgezogen, hielt die Waffe allerdings unter einem weiten, togaähnlichen Umhang verborgen. Umgeben war er von seiner Leibwache, die auch die anderen Mitglieder der Familie abschirmen sollte vor möglichen Angreifern.
    Wir mußten uns mühsam den Weg durch die sich bereits stauende Menschenmenge vor dem fünfsäuligen Portal der Basilika bahnen, gelangten schließlich in das Innere und nahmen in den ersten Reihen Platz, neben- und hintereinander, damit wir eine kompakte und leichter zu verteidigende Einheit bildeten.
    Draußen war es bereits dunkel, und tausende Kerzen brannten an großen runden Leuchtern und an den seitlichen Säulen, als das brausende Geräusch der zusammengedrängten Menge mit Beginn des Hochamts abebbte. Ich sah Papst Johannes neben dem Altar thronen, umgeben von den Kardinälen und den höchsten Prälaten der Kurie. Auf der anderen Seite drängten sich Roms Bischöfe.
    Diakon und Subdiakon begannen abwechselnd das Stufengebet zu sprechen, und tatsächlich stand auf den Stufen vor dem Altar, unweit des Heiligen Vaters, unser Giovanni und donnerte nicht nur das einleitende »In nomine Patris, et Filii , et Spiritus Sancti , Amen« mit dem nachfolgenden » Introibo ad altare Dei « in die Menge, sondern nach der Ergänzung des Subdiakons das »Judica me , Deus, et discerne causam meam de gente non sancta : ab homine iniquo et doloso erue me . Schaff' Recht mir, Gott, und führe meine Sache gegen ein unheiliges Volk; von frevelhaften, falschen Menschen rette mich.« Anfangs hatte seine Stimme ein wenig gezittert, doch bald glättete sie sich, und ich staunte über seine Sicherheit, zumal an diesem Tag, an dem jeder von uns etwas Ungewöhnliches oder sogar Schreckliches erwartete.
    Ich beobachtete Marozia, die mit Stolz auf ihren Sohn schaute, und ließ dann möglichst unauffällig meinen Blick über die Menschen gleiten, die uns umgaben. Es waren zahlreiche Mitglieder der Adelsfamilien darunter, von denen uns keine Gefahr drohte. Am rechten Rand hockte eine Gruppe von Männern, unter denen ich Pietro entdeckte. Mit Sicherheit waren sie bewaffnet. Ich hoffte, daß auch Alberico aufmerksam genug war, Pietro inmitten seiner zwielichtigen Gestalten auszumachen, und klug genug, sich gegen sie zu wappnen. Tatsächlich ertappte ich mich während des Gloria und des Graduale dabei, mir einen Kampfplan auszudenken, falls es denn wirklich zu solch einer Entweihung der heiligen Messe kommen sollte.
    Am besten wäre, den Papst, der nicht weit von Marozia entfernt thronte, zu ergreifen und ihm das Messer an den Hals zu setzen. Dann würde niemand wagen, uns zu bedrohen. Solche Überlegungen beschäftigten mich, während mich zugleich der Gesang des Gloria ergriff. Papst Johannes sang aus vollem Hals mit, und was mir bereits mehrfach berichtet worden war, konnte ich bestätigt finden: Er sang gern, laut und mit einer volltönenden Baßstimme.
    Giovanni durfte im weiteren Verlauf des Hochamts vortreten und die Epistel lesen. Auch dies gelang ihm ohne Stocken und Versprechen, und stolz warf er am Ende einen Blick auf seine Mutter, die ihm unauffällig zuwinkte. Nun trat der Heilige Vater vor und betete das » Munda cor meum ac labia mea, omnipotens Deus. Reinige mein Herz und meine Lippen, allmächtiger Vater!« Kaum hatte er sich wieder gesetzt, las und sang unser Giovanni das Evangelium, in dem es nach dem 43. Psalm in inbrünstigem Hilfeersuchen um die Abwehr der Feinde ging.
    Ich wurde unruhig, und nicht nur ich. Die Anspielungen auf Roms Situation waren für die, die Latein verstanden, unüberhörbar. Vielleicht war in dem Evangelium sogar eine Losung versteckt. Ja, ich war mir plötzlich sicher, daß die Männer um Pietro mit verborgenem Griff nach den Waffen ihren Anführer erwartungsvoll anschauten. Der Papst schien in gläubiges Zuhören versunken, spähte jedoch versteckt in die Richtung seines angeblichen Bruders, dann hinwiederum zu Marozia, die ihn jetzt unverhohlen anstarrte.
    Ich dachte: Ist es denn wirklich möglich, daß draußen vor den Mauern der Stadt die Ungarn mit der Erstürmung drohen und bei dieser heiligen Messe, die unseren dreieinigen Gott um Hilfe anfleht, vor aller Augen eine Mordattacke stattfindet? Ich dachte: Marozia wird hoffentlich nicht so verrückt sein, ihrerseits den Papst ohne Anlaß anzugreifen.
    Giovanni trat zurück, und der Papst begab sich zur Kanzel, um in seiner Predigt das

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