Die heimliche Päpstin
verbracht. Vor Ostern endete sie abrupt. Die Ungarn waren in großen Scharen in Tuszien eingefallen, näherten sich plündernd und mordend Florenz, Pisa und Lucca. Lambert wurde mit ihnen allein nicht fertig. So schwer es Wido fiel, er mußte mit dem Großteil seines Heers nach Norden ziehen, um sein Land zu schützen. Er stellte Alberico einen erfahrenen Feldhauptmann zur Seite, verbrachte eine letzte kurze Nacht mit Marozia und verließ in aller Frühe die Stadt.
Keine Woche war verstrichen, als eine brandschatzende Männerhorde nördlich der Stadt auftauchte und die Milvische Brücke überquerte. Die Tore wurden geschlossen, weil man befürchtete, es seien die Ungarn. Doch plötzlich hörte man, die Bewaffneten seien bereits in die Leo-Stadt, in den Bereich des Vatikans, eingelassen worden, und eh man sich's versah, waren sie überall. Die Eingänge und Portale zu den Häusern und Palästen wurden verriegelt und verrammelt, aber die Armen in ihren Holzhütten, in ihren Verschlagen zwischen den Ruinen mußten das Wenige, was sie besaßen, herausrücken, die Straßenmädchen mußten pausenlos arbeiten, ohne dafür entlohnt zu werden, den kleinen Händlern wurde alles genommen, was sie besaßen, und zum Dank erhielten sie noch Prügel.
Es wurde Albericos Stunde. Er schickte umgehend eine Reihe von Spähern aus, die erkunden sollten, wer die Soldaten befehligte und wie viele sie waren. Bald wußten wir Genaueres: Wie bereits befürchtet, hatte Pietro die Gunst der Stunde, das heißt, Widos Abzug, genutzt, um sich der Stadt zu bemächtigen. Sein Hauptquartier war im Lateranpalast, bei Papst Johannes. Die Anzahl der Soldaten war zu groß, als daß Alberico mit seiner Schutztruppe etwas hätte ausrichten können, und so galt es zuerst einmal, den Palast auf dem Aventin in eine Festung zu verwandeln. Crescentius flüchtete mit Theodora und den drei Grazien zu uns und mußte sein Haus den Männern des Pietro überlassen, die es gründlich verwüsteten. Das Haus in der Via Lata konnte dagegen gehalten werden, wie auch Aarons Besitz und die meisten anderen Häuser der Adelsfamilien, deren Söhne und Helfer zum Gegenangriff übergingen und das gesamte Marsfeld-Viertel von den fremden Soldaten säuberten.
Alberico selbst ritt mit einem Teil seiner Truppe dorthin, mußte sich dabei den Weg freikämpfen und tötete im Zweikampf mehrere Gegner, ohne – bis auf ein paar Schrammen – verletzt zu werden. Es wurden anschließend um das Marsfeld Sperren errichtet und Hinterhalte gelegt, und als all dies geschehen war, erneuerte man die Freundschaft unter den Familien dieses so urrömischen Viertels. Alberico bestand darauf, daß das gemeinsame Besäufnis nicht nur im Kreis der Adelskumpane stattfand, sondern daß alle die Stadt verteidigenden Männer, auch die aus den untersten Volksschichten, gleichberechtigt mittranken. Alberico schwang sich sogar zu einer Rede auf, in der er seine Großeltern und seinen Vater beschwor, an die Tapferkeit und den Zusammenhalt der Römer appellierte und sie an den gesunden Haß auf fremde Besatzer erinnerte.
Alle waren sie begeistert über diesen jungen blonden Recken, der seinem Vater so ähnlich sah, einem Mann, dem Rom, wie alle wußten, Sicherheit und friedliche Zeiten verdankte. Sie ließen ihn hochleben und versprachen, ihn nicht nur gegen Pietro zu unterstützen, sondern auch gegen jeden fremden König, komme er nun aus Friaul, Burgund oder der Provence.
Was den Papst betraf, so war die Meinung unter den Männern geteilt. Seine anrüchige Kumpanei mit dem Sodomiten Pietro, dessen vermaledeiten Einflüsterungen er erlag, war auf jeden Fall verwerflich, die Tatsache, daß er gerne Fremde zu Königen oder gar Kaisern ernannte, ebenfalls; zudem war er ein Romane aus der Gegend um Bologna, auf jeden Fall kein Römer. Dies alles sprach gegen ihn.
Für ihn sprach seine freigebige und leutselige Art, seine frühere Liebe zu der schönen Theodora, sein Sieg über die Sarazenen und seine erhebenden Messen. Im Grunde war er der beste Papst seit langem, der seine Stellung zwar einer Frau verdankte, nicht jedoch Meuchelmorden wie der fluchwürdige Sergius.
Als sich die Lage zu beruhigen schien, tauchten plötzlich die Ungarn vor der Stadt auf. Die Wachen an den Toren und die Milizen auf den Mauern wollten es zuerst nicht glauben, aber die Berichte der hereinströmenden Flüchtlinge ließen keinen Zweifel. Männer mit häßlichen Barbarenfratzen auf kleinen drahtigen Pferden hatten sie
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