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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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seien sie nur, wenn sie in Zukunft nicht mehr Marozias Partei und die des Usurpators Wido unterstützten, sondern sich als gehorsame Anhänger des Heiligen Vaters erwiesen.
    Uns war klar, daß hier Pietro, von Horta aus, das Schwert des blutigen Kampfes führte, während der Papst irgendwo im Norden mit der Lanze der Diplomatie durch das Land ritt und mit König Hugo einen Verbündeten an sich band.
    Wido hatte den Fehdehandschuh des Papstes aufgenommen. Er besprach sich mit Crescentius und mir über die wirtschaftlichen Grundlagen des Hauses Theophylactus, über die Besitztümer, die insbesondere in der Sabina und in Latium zu schützen seien; zugleich ernannte er Alberico zum Hauptmann einer Truppe, die aus Veteranen seines Vaters bestand. Wido wußte, daß unser noch unerfahrener Sohn kampferprobte Soldaten benötigte, die sich auf keine Dummheit einließen und bereit waren, sich auf Grund ihrer alten Treue Alberich gegenüber bis zur Selbstaufgabe zu schlagen. In eine bessere Schule konnte Alberico nicht gehen. Der Junge, der seit unserem Gespräch wenig gesprochen hatte, fühlte sich ernstgenommen und versprach, sich als würdiger Nachfolger seines Vaters zu erweisen.
    Während des Winters schienen sich die gegnerischen Parteien zu belauern. Von dem neuen König Hugo hatte man in Rom zwar gehört, doch kümmerte man sich wenig um ihn. Könige wie Kaiser kamen und gingen, konkurrierten, gelegentlich sogar zu gleicher Zeit, und spielten für die Stadt im Grunde keine Rolle. Was eher beunruhigte, waren die Horden der Ungarn, die an die Zeit der Sarazenenüberfälle erinnerten. Zur Zeit schienen sie zwar lediglich, wie bereits früher, den Norden des Landes heimzusuchen, doch kursierten Gerüchte, erste Trupps seien in Tuszien und sogar diesseits des Apennin gesichtet worden.
    Das römische Volk – vom Pilgerführer bis zum Wasserverkäufer und Hafenarbeiter, vom Tavernenwirt bis zum Straßenmädchen und zum Bettler – konnte anarchische Zeiten ertragen, ja, es brauchte sie, weil jeder irgendwie von ihnen zu profitieren glaubte; das römische Volk mißachtete eine geordnete Herrschaft und verachtete Recht und Gesetz; am meisten verabscheute es aber fremde Besatzer. So sehr es sich auf Söldner und kämpfende Bauern aus der Umgebung verließ, die ihre Ewige Stadt gefälligst schützen sollten: Innerhalb der Mauern hatten sie wenig zu suchen; man duldete allenfalls kleine Milizen, auf keinen Fall fremde Heere. Falls sie dennoch versuchten, sich Eingang zu verschaffen, war man als stolzer Römer zu jedem Aufstand bereit, zu Hinterhalt, Heimtücke und Mord.
    Auf diese Weise würde man natürlich auch den Ungarn den Weg zur Hölle bereiten, falls es ihnen gelang, Roms starke Mauern zu überwinden, doch zugleich fürchtete man, daß sie die Hölle verkörperten; daß man gar nicht zu Hinterhalt und Heimtücke kam, weil man vorher geblendet, gepfählt, verbrannt oder bei lebendigem Leib gehäutet wurde.
    Weil Wido genau wußte, daß Rom nur unauffällige Milizen zu beherbergen bereit war, hatte er den Teil seines Heeres, den ihm sein Bruder Lambert gesandt hatte, vor den Toren der Stadt lagern lassen und bei strengsten Strafen jegliche Übergriffe verboten. Da die Soldaten sich an den Befehl ihres Herrn hielten, gewannen sie rasch Sympathien in der Stadt: Sie kauften Brot und Kerzen, zudem die Angebote der Sattler, Schmiede und Huren, sie ließen sich gelegentlich bestehlen und bezahlten in den Tavernen überhöhte Preise. Täglich suchten die fliegenden Händler sie auf, ebenso alte Kupplerinnen mit ihrem jüngsten Angebot – und da der Winter mild und trocken blieb, herrschte gute Stimmung.
    Der Papst, so erfuhr Marozia zu ihrem Erstaunen, war wieder in der Stadt. Er mußte sich geradezu hereingeschlichen haben, denn kein Senator hatte ihn empfangen, keine Gruppe von kirchlichen Würdenträgern war ihm singend und lobpreisend entgegengezogen. Er hatte vor ausgewählten Anhängern die Weihnachtsmesse in der Kapelle Sancta Sanctorum des Laterans gehalten. Keiner aus Marozias Sippe war eingeladen worden, auch Markgraf Wido nicht. Dafür sollte Pietro gesehen worden sein.
    Im März 927 lächelte die wärmende Sonne des Herrn über der Ewigen Stadt. Zugvögel begannen, lärmend die Ruinen und Felder, Obsthaine und Weingärten zu bevölkern, das Grün schoß aus kahlen Zweigen, Osterglocken und Primelchen betupften das dreckige Grau der unratübersäten Flächen.
    Marozia und Wido hatten eine glückliche Zeit miteinander

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