Die heimliche Päpstin
räumen.«
Ich staunte über unseren schönen Jüngling, der offenkundig während seines letzten Feldzugs an Härte und politischer Konsequenz gewonnen hatte.
»Töten?«
»Ja, töten.«
»Und wie?«
»Möglichst unauffällig.«
»Darin habe ich keine Erfahrung.«
»Ich auch nicht.«
Es entstand eine Pause, während der beide einen fragenden Blick auf mich warfen. Ich äußerte mich jedoch nicht, weder durch Worte noch durch Gesten oder einen mimischen Kommentar.
»Ich weiß nicht«, sagte Marozia gedehnt. »An Pietros Tod haben wir uns nicht einmal die Finger schmutzig machen müssen. Aber Johannes …?«
»Hat er in der Zwischenzeit Alberico zum Markgrafen von Spoleto ernannt?«
Sie schüttelte den Kopf. »Er hat aber Giovanni zum Diaconus geweiht und jetzt zum protoscrinarius ernannt.«
»Das besagt überhaupt nichts. Er will uns höchstens Sand in die Augen streuen.«
»Warum haßt du ihn plötzlich? Dir hat er doch nichts getan.«
»Ich hasse ihn nicht, ich sehe nur die Gefahr für Tuszien: im Norden mein Halbbruder Hugo, im Süden Papst Johannes, Alberico noch immer nicht zum Markgrafen ernannt, die Ungarn geschlagen, aber keineswegs vernichtet – ich will überleben, mehr noch: König werden, vielleicht sogar Kaiser. Und du sollst meine Kaiserin sein!«
Marozia lachte auf und gab ihm einen Kuß. Nun drückte er sie an sich und ließ seine Hand an ihrem Rücken entlanggleiten.
»Ich werde deine Kaiserin!« Wieder küßte sie ihn. »Laß uns ein andermal über Johannes reden.«
»Er muß sterben.« Wido ließ sich von ihrem verführerischen Lächeln nicht ablenken.
»Wenn er jetzt stirbt«, erwiderte Marozia, »haben wir keinen Nachfolger. Giovanni ist zu jung, erst in paar Jahren können wir ihn zum Papst ernennen lassen. Bis dahin müssen Kaiser und Kaiserin warten.« Sie schmiegte sich an Wido und ergriff seine Hand. »Außerdem«, sagte sie mit so leiser Stimme, daß ich sie kaum verstand, »paßt es mir nicht, wenn Alberico bereits jetzt Markgraf wird. Er ist ebenfalls zu jung. Ich fürchte zudem das unbeherrschte Temperament seines Vaters.«
Wido löste sich von Marozia. »Du kannst Alberico Spoleto nicht verweigern. Außerdem sollte er endlich zum magister militum und zum Senator ernannt werden. Er hat sich kaltblütig und klug verhalten, in ihm steckt viel mehr, als du vermutest.«
»Ich will, daß sie beide ihre Titel zur gleichen Zeit erhalten: Giovanni wird Papst, Alberico Markgraf – und wir Kaiser und Kaiserin.« Marozia hakte sich bei Wido unter. »Wido der Schöne und Marozia die Mächtige, welch ein Kaiserpaar!«
Der Gedanke schien sie zu berauschen. Sie drehte sich hoheitlich, gab ihm einen weiteren Kuß auf den Mund und tippte dann ihren Finger auf seine Brust. »Und wenn du zusätzlich Markgraf von Spoleto wirst? Dann bist du so mächtig wie kein zweiter Fürst in Italien. Alberico könnte superista werden und die Lateranmiliz befehlen, meinetwegen auch römischer magister militum. Was braucht er Spoleto! Camerino darf er behalten.«
Wido lachte, schüttelte jedoch den Kopf. »Alberico soll sein Spoleto erhalten, ich will keinen Feind in der Familie. Außerdem war sein Vater mein Freund.«
»Wie Ihr meint, erhabener Kaiser Wido!« Marozia verneigte sich theatralisch, lachte spöttisch und winkte mir gespielt huldvoll zu: »Ich verlasse mich auf deine Verschwiegenheit, auch den Söhnen gegenüber.«
Ich, ernst geblieben, nickte knapp.
Bald darauf – unerwartet für mich, die ich mit Crescentius die Bücher geprüft und einige Inspektionsreisen unternommen hatte – hörte ich, daß Papst Johannes nach Pavia zu König Hugo aufgebrochen, unweit von Rom indessen auf offener Straße von einem bewaffneten Trupp überfallen und im tuszischen Veroli in den Kerker geworfen worden sei.
In der Stadt herrschte Verwirrung, doch rasch wurde klar, daß hinter diesem Überfall Markgraf Wido stecken mußte, der dann auch, geschützt von seiner schwerbewaffneten Leibwache, im Lateran und bei einer Versammlung aller Senatoren erklärte, Papst Johannes habe ihn absetzen wollen, habe ihm sogar nach dem Leben getrachtet und sei daher an einen sicheren Ort verbracht worden. Nun könne endlich ein würdigerer Nachfolger gewählt werden. Senatrix Marozia schlage den secundarius notariorum Leo vor, einen verdienten und glaubensstarken, im treuen Dienst der Kirche ergrauten und von Skandalen unbelasteten Prälaten.
Tatsächlich war Leo, was Wido nicht im einzelnen ausführte, nicht nur
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