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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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man den Kammerdienern der Kurie, dem niederen Klerus und dem Volk von Rom drei Tage zur gründlichen Plünderung des Lateranpalasts gelassen hatte. Zugleich wurde in den Straßen Roms trotz der Stechmücken weinselig gefeiert.
    Der weißhaarige, zittrige und fast blinde Leo VI. hielt sein erstes Hochamt unter tatkräftiger Mithilfe unseres Giovanni, der während dieser Messe die letzte Weihestufe vor dem Episkopat erklomm und zum Kardinalpresbyter von Sancta Maria in Trastevere ordiniert wurde. Nun stand seiner Ernennung zum Bischof von Rom nichts mehr im Wege als der Wille seiner Mutter, auch wenn er erst zwanzig Lenze zählte und es ihm ein wenig an weißhaariger Würde gebrach.
    Leo VI. starb noch im selben Jahr. So früh hatte Marozia mit seinem Ableben nicht gerechnet, und daher beschloß sie, einen weiteren Statthalter für ihren Sohn wählen zu lassen: Stephan VII. Er war ebenfalls hochbetagt, wenn auch nicht blind und zittrig.
    Die Mückenplage hatte mittlerweile nachgelassen, dafür brachten die Wintermonate Regen und Kälte.
    Wido und Marozia beherrschten Rom während dieser Zeit unangefochten. Papst Stephan war ihr Befehlsempfänger. Panis et circenses hielten das Volk bei Laune, und der befreundete Adel wurde mit Posten und Titeln in Kurie und neugestalteter Stadtverwaltung sowie mit Domänen in der Campania und in den Albaner Bergen versorgt.
    Nach ihrem letzten Überfall hörte man nichts mehr von den Ungarn, die sich auch aus dem Norden Italiens zurückgezogen haben mußten. König Hugo, dem Halbbruder, gelang es währenddessen, mit den auf Eigenständigkeit versessenen Mächten Norditaliens einen Ausgleich zu finden. In der Hauptstadt von Tuszien vertrat Lambert seinen Bruder Wido, der auf dem Aventin residierte, da Marozia es brüsk von sich wies, nach Lucca umzusiedeln.
    Sie betrachtete Rom als den Nabel der Welt und hielt sich überdies für unentbehrlich in der Stadt; Wido seinerseits liebte seine Gemahlin und wollte sich daher nicht von ihr trennen. Außerdem wünschte er sich von ihr Erben, überhaupt Kinder, damit sein Geschlecht weiterhin über das reiche Tuszien herrschen könne. Marozia, mittlerweile vierzig Jahre alt, zeigte wenig Begeisterung. Doch liebte sie ihren Wido und konnte ihm seinen Wunsch nicht abschlagen. Allerdings war sie seit der nun fast fünfzehnjährigen Berta nicht mehr schwanger gewesen, und es sah so aus, als wollte der Allmächtige ihr keine weiteren Kinder mehr bescheren.
    Nach ihren Erzählungen bemühte sich Wido jede Nacht, die ablehnende Haltung des Herrn zu erweichen, und er scheute nicht, die von der Kirche vorgeschriebene Stellung zu verlassen, weil er an die kopulierenden Tiere dachte, die sich nicht in die Augen schauten und dennoch fruchtbarer als die Menschen waren.
    Und tatsächlich, Marozia wurde schwanger.
    Dann geschah allerdings etwas, was niemand erwartet hatte. Wir schrieben das Jahr 930 nach der Menschwerdung des Herrn, es drohten weder Ungarn noch Sarazenen, von König Hugo hörte man nur, daß er gerne zum Kaiser gekrönt werden wolle, der Frühling war feucht, aber friedlich, Giovanni war nur selten auf dem Aventin zu sehen, weil er sich intensiv auf seine Rolle als pontifex maximus vorbereitete. Auch Alberico tauchte wochenlang nicht auf, weil er mit der Veteranentruppe seines Vaters Wölfe jagte, insbesondere die eine Wölfin, die ihm so viel Leid zugefügt hatte, und zugleich sein zukünftiges Herrschaftsgebiet um Spoleto und Camerino inspizierte. Seine Mutter hatte ihm hoch und heilig versprochen, daß die erste Amtshandlung seines Bruders als Papst sein würde, ihn zum Markgrafen sowie zum magister militum zu ernennen.
    Das Kind wuchs unter ihrem Herzen, und Wido zeigte eine unbändige Freude, wenn er den Kopf auf ihren Leib bettete, mit seinen Fingern vorsichtig auf die Wölbung trommelte und das Kind ihm mit seinen Füßchen antwortete.
    Der Sommer brachte Hitze, neue Mückenschwärme und mit ihnen das Drei- und Viertagesfieber. Auch Marozia und ich erlitten, nicht zum ersten Mal, einen Schub, genasen jedoch rasch.
    Wido war bisher verschont geblieben, was an ein Wunder grenzte.
    Diesen Sommer blieb das Wunder aus: Er erkrankte, das Fieber stieg unaufhörlich, er begann ins delirium zu fallen, erkannte Marozia, die ihn eigenhändig pflegte, bald nicht mehr. In der vierten Nacht hörte ich einen schrecklichen Schrei.
    Ich wußte, was geschehen war.
    Im Raum des Kranken stand Marozia, bleich wie ein Leichentuch und starr wie ein Stein. Wido,

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