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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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aufzuheitern.
    Sie rührte sich nicht.
    Kaum schickte die Sonne ihre schwachen Dezemberstrahlen über die Ewige Stadt, durchtobten Geschrei und Waffenlärm die Engelsburg. Sofort fühlte ich mich an Lucca erinnert. Versuchte König Hugo, auch Rom mit Hilfe eines Überraschungsangriffs zu besetzen?
    Ich eilte auf einen der Wehrgänge und entdeckte zahllose bewaffnete Männer vor den Mauern und innerhalb der Burg: Es waren jedoch nicht Hugos Soldaten, sondern die Söhne der römischen Adelsgeschlechter mit ihren Kämpfern und Knechten, dazu die Veteranen Alberichs, die seinem gedemütigten Sohn unverbrüchlich die Treue hielten. Einige Wachen des Königs wurden über die Zinnen gestoßen und johlend mit ausgestreckten Spießen empfangen, andere kämpften um ihr Leben oder röchelten bereits am Boden und spuckten Blut. Es herrschte ein unglaubliches Durcheinander. Ich wollte zu Marozia zurückeilen, wurde jedoch gepackt, zu Boden gedrückt und gefesselt. Bald war die gesamte Engelsburg in den Händen der Aufständischen, und ich sah, wer sie befehligte: Kein anderer als unser Alberico, ein Schwert in der blutverschmierten Hand.
    Er entdeckte mich, ließ mich zu Marozia bringen, die tobte und dafür von einem der Veteranen mit dem Kommentar »Dies ist die Rache für unseren Alberich« einen Schlag auf den Mund erhielt, der ihre Lippe aufplatzen und sie nach einem Aufschrei verstummen ließ. Vorsichtig betastete sie mit den Fingern ihren Mund und betrachtete ungläubig das Blut.
    Ihre Augen glühten in mörderischer Wut.
    Auf dem Boden des Ganges lag König Hugo in seinem Erbrochenem.
    »Alberico!« kreischte sie. »Was geht hier vor?«
    Ihr Sohn schlenderte lässig herbei, ließ dabei die Spitze seines Schwert über den Boden schleifen. »Das merkst du doch – am eigenen Leib. Ihr seid festgesetzt, du und dein sauberer Gemahl. Rom hat sich gegen euch aufgelehnt. Es wird keine Kaiserkrönung geben.«
    »Das wagst du nicht!« Marozia kreischte noch immer, während es Alberico genoß, seine Mutter so erniedrigt zu sehen.
    »Ich habe es bereits gewagt. Ihr habt den Bogen überspannt, und ich, der kleine Alberico, den seine Mutter belogen und betrogen hat, bin der Herr über Rom. Der Adel will sich nicht länger von einer Frau herumkommandieren lassen und sich schon gar nicht einem Mann wie Hugo ausliefern. Was Markgraf Lambert zugestoßen ist, hat man hier höchst aufmerksam vermerkt. Insbesondere ich, dein Sohn, hat seine Lehre daraus gezogen.«
    »Vor den Mauern liegt Hugos Heer. Es wird euch zerschmettern, und dann wirst du nicht nur geblendet, sondern auch um deinen Kopf kürzer gemacht.«
    Marozia hatte sich nun wieder in der Gewalt. Um sie von weiteren leeren Drohungen oder Beleidigungen abzuhalten, fiel ich ihr ins Wort und fragte Alberico: »Junge, was habe ich dir getan, daß du mich in Fesseln legst?«
    »Nichts hast du mir getan, Aglaia. Soll ich dich freilassen?«
    »Laß mir bitte die Fesseln abnehmen.«
    Er gab einem der Soldaten einen Wink, und rasch wurden meine schmerzenden Gelenke befreit.
    »Das alles muß in einem Blutbad enden, Alberico. Hast du dir das gut überlegt?« fragte ich so sanft wie möglich.
    »Das habe ich. Rom ist nicht Lucca, und ich heiße nicht Lambert, sondern Alberich wie mein Vater. Mein Vater hat sich sein Leben lang den Weibern untergeordnet, in diesem Punkt unterscheide ich mich von ihm, selbst wenn das bisher nicht so aussah. Aber ich habe, während ich auf meinen Titel wartete, die graue Wölfin erlegt – du erinnerst dich, die alte, gerissene Wölfin, die meinen Vater auf dem Gewissen hat …«
    »Was soll nun werden?« fragte ich.
    »Meine Mutter bleibt in diesem Grabmal, nur wird sie sich ein paar Stockwerke tiefer aufhalten müssen.«
    Marozia schrie auf wie ein weidwundes Tier.
    »Ich werde sie nicht allein lassen«, sagte ich bestimmt, ohne daß ich mir die Folgen überlegt hatte.
    »Es ist nicht meine Absicht, dich ebenfalls einzusperren.«
    »Das wirst du müssen.«
    Alberico schaute mich mit einem Ausdruck des Bedauerns an. Dann umarmte er mich kurz, rief den Wachen zu: »Sperrt die beiden ein! Den Bastard von König ebenfalls, in ein anderes Verlies.« Gespielt lässig stiefelte er davon, ohne sich noch einmal nach seiner Mutter umzudrehen.
    Wir wurden vorwärts gestoßen. Immer tiefer ging es hinab in die Gewölbe der Gruft.
    Nach einem lauten Stöhnen fiel hinter uns die Kerkertür ins Schloß.
    66
    Ich mußte über dem Pergament eingeschlafen sein, denn das

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