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Die Heiratsschwindlerin

Die Heiratsschwindlerin

Titel: Die Heiratsschwindlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Kinsella
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Eine Weile schwiegen beide. Harry leerte sein Bier, hielt einen Augenblick inne und sah dann auf.
    »Wie geht’s Isobel?«, fragte er beiläufig. »Wie hat sie auf die ganze Sache reagiert?«
    »Wie üblich«, meinte James. »Hat wenig rausgelassen.« Er leerte sein Glas. »Die arme Isobel hat augenblicklich selber genug am Hals.«
    »Berufliche Probleme?« Harry lehnte sich vor.
    »Nicht nur.«
    »Also noch was anderes? Steckt sie irgendwie in Schwierigkeiten?« Der Anflug eines Lächelns huschte über James’ Gesicht.
    »Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen.«
    »Wie meinst du das?«
    James starrte in sein leeres Bierglas.
    »Ich schätze, ein großes Geheimnis ist es ohnehin nicht«, sagte er und blickte in Harrys nachdenkliches Gesicht. »Sie ist schwanger.«
    »Schwanger?« Ein Ausdruck blanken Schocks erschien auf Harrys Miene. »Isobel ist schwanger?«
    »Ja. Ich kann’s selbst kaum glauben.«
    »Und ihr seid euch da ganz sicher?«, fragte Harry. »Kein Irrtum möglich?«
    Gerührt über Harrys Besorgnis, lächelte James ihn an.
    »Keine Bange. Die kriegt das schon hin.«
    »Hat sie mit dir darüber gesprochen?«
    »Sie lässt sich nicht recht in die Karten schauen«, sagte James. »Wir wissen nicht mal, wer der Vater ist.«
    »Ah.« Harry trank einen großen Schluck Bier.
    »Das Einzige, was wir tun können, ist, sie zu unterstützen, egal, welche Entscheidung sie trifft.«
    »Entscheidung?« Harry sah auf.
    »Na, ob sie das Kind behalten will oder … nicht.« James zuckte verlegen die Achseln und sah fort. Ein seltsamer Ausdruck trat in Harrys Augen.
    »Oh, ich verstehe«, sagte er bedächtig. »Das wäre natürlich eine Möglichkeit.« Er schloss die Augen. »Dumm von mir.«
    »Was?«
    »Nichts.« Harry schlug die Augen wieder auf. »Nichts.«
    »Wie auch immer«, sagte James. »Dein Problem ist es nicht.« Er sah auf Harrys leeres Glas. »Ich besorge dir noch eins.«
    »Nein. Ich hole dir noch eins.«
    »Aber du hast doch schon …«
    »Bitte, James.« James fand, dass Harry plötzlich niedergeschlagen klang. Fast traurig. »Bitte, James. Lass mich.«
    Isobel war bis zum Garden for the Blind marschiert. Nun saß sie auf einer gusseisernen Bank, sah zu, wie das Brunnenwasser unaufhörlich in den kleinen Teich tröpfelte, und versuchte, in Ruhe nachzudenken. Einem Endlosfilm gleich, sah sie immer wieder Harrys Gesichtsausdruck vor sich, als sie ihn verlassen hatte; hörte immer wieder seine Stimme. Die ständige Wiederholung hätte den Schmerz in ihr eigentlich dämpfen müssen, hätte sie in die Lage versetzen müssen, ihre Situation logisch zu analysieren. Aber der Schmerz ließ nicht nach; ihre Gedanken kamen nicht zur Ruhe. Sie fühlte sich innerlich völlig zerrissen.
    Sie und Harry hatten sich erst vor ein paar Monaten anlässlich Millys und Simons Verlobungsfeier kennen gelernt. Gleich beim Händeschütteln hatte es zwischen ihnen gefunkt. Beider Stimmen hatten leicht gebebt, und wie Spiegelbilder hatten sie sich beide rasch abgewandt und mit anderen gesprochen. Aber Harrys Augen ruhten jedes Mal auf ihr, wenn sie sich umdrehte, und sie spürte, wie ihr ganzer Körper auf seine Aufmerksamkeit reagierte. In der Woche darauf trafen sie sich heimlich zum Dinner. Er schmuggelte sie zu sich ins Haus, und am nächsten Morgen beobachtete sie von seinem Schlafzimmerfenster aus, wie Milly Simon auf der Auffahrt hinterherwinkte. Im nächsten Monat waren sie in verschiedenen Flugzeugen nach Paris gereist. Jede Begegnung war etwas ganz Besonderes gewesen. Sie hatten beschlossen, es niemandem zu erzählen, die Dinge locker und unverbindlich zu lassen. Zwei Erwachsene, die einander genossen, weiter nichts.
    Doch jetzt konnte nichts mehr locker sein, nichts unverbindlich. Welchen Weg auch immer sie einschlug – er hatte enorme Konsequenzen. Sie würde Harry verlieren. Sie würde ihre Freiheit verlieren. Sie wäre notgedrungen auf die Hilfe ihrer Mutter angewiesen. Das Leben würde ein unerträgliches Einerlei aus Arbeit, Kaffeeklatsch mit anderen Müttern und geisttötendem Babygebrabbel werden.
    Wenn sie das Kind andererseits abtrieb …
    Sie verspürte einen Stich in der Brust. Wem machte sie was vor? Worin bestand diese so genannte Wahl? Ja, sie hatte eine Wahl. Jede moderne Frau hatte eine Wahl. Aber in Wahrheit hatte sie keine. Sie war Sklavin ihrer selbst – Sklavin ihrer mütterlichen Gefühle, von deren Existenz sie nichts geahnt hatte, Sklavin des kleinen Geschöpfes, das in ihr wuchs, des

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