Die heißen Kuesse der Revolution
heraushalten, wenn seine Leute in die Schlacht zogen. Dennoch wurde ihm erst jetzt bewusst, dass er in vier Tagen abreisen musste.
Was sollte mit Julianne geschehen?
Ihm zerriss es das Herz. Es war seltsam, aber er wollte Julianne nicht verlassen.
Er musste Vorkehrungen für sie treffen. Sie konnte doch nicht nach Cornwall und den ärmlichen Umständen zurückkehren, an die sie gewöhnt war. Er würde seiner Mutter sagen, dass sie ihr einen längeren Aufenthalt im Bedford House gewähren sollte. Wenn sie es wünschte, könnte sie auch ihre Schwester und ihre Mutter einladen Und dann? Er konnte sie schließlich nicht bitten, auf ihn zu warten.
Dominic stand abrupt auf. Er wollte Warlocks Gesellschaft nicht länger ertragen. Er könnte Julianne in die Oper oder ins Theater ausführen, um sich abzulenken. Morgen würde er einen Modisten kommen lassen, außerdem wollte er ihr ein dezenteres Schmuckstück schenken, das sie täglich tragen konnte.
„Ich muss gehen“, sagte er. Auf dem Heimweg würde er einen Juwelier konsultieren.
Sebastian Warlock schüttelte den Kopf.
Am frühen Abend war der Hyde Park verlassen. Es war gegen sechs Uhr.
Die letzten Stunden, die Julianne auf eine Nachricht von Marcel warten musste, waren furchtbar gewesen. Gestern Abend hatte Dominic sie in die Vauxhall Gardens ausgeführt, den berühmten Vergnügungspark mit Konzertbühnen. Anschließend hatten sie in seinen Gemächern bei Kerzenlicht zu Abend gegessen. Am Morgen hatte er einen Modisten kommen lassen und eine vollständige Garderobe für sie bestellt! Den Nachmittag hatten sie im British Museum verbracht. Julianne war ständig zwischen Entzücken und Verzweiflung hin- und hergerissen. Seine Zuneigung zu ihr war offensichtlich, aber sie war krank vor Sorge, weil sie ihn ausspionieren sollte.
Sie wusste nicht, wieso Dominic sich plötzlich so sehr um sie bemühte, sie vermutete aber, dass auch ihm bewusst war, dass ihre Zeit langsam ablief. Er hatte ihr noch nicht gesagt, wann er nach Frankreich zurückkehren musste, aber es würde gewiss sehr bald sein.
Besorgt und ängstlich ging Julianne neben einem Kutschpfad auf und ab.
Wie konnte sie Dominic nur auf diese Weise hintergehen? Aber was hatte sie für eine Wahl? Selbst wenn Dominic sie nicht gewarnt hätte, wie gefährlich diese Spionagespielchen waren, kam sie fast um vor Angst. Dieser Marcel schien vollkommen rücksichtslos zu sein.
Bilder des wunderbaren Abends gestern stiegen wieder in ihr auf. Sie erinnerte sich an Dominics Blick, als er den Musikern auf der Bühne zusah! An seinen warmen Blick, als er sie über den Esstisch betrachtete und an sein glühendes Begehren später im Bett. Wie gekonnt er am Morgen die Stoffe und Pelze befühlt, jenes verworfen und dieses bestellt hatte, während sie ihn und den Modisten hilflos anstarrte. Sie erinnerte sich, wie sie Hand in Hand durch das Museum geschlendert waren. Andere Besucher hatten die Köpfe nach ihnen gereckt.
Julianne war verzweifelt. Ihr ganzes Leben lag in Trümmern.
Ein Zweispänner bog von der Park Lane in den Park. Julianne zitterte vor Angst, ihr Herz raste. Sie war sicher, dass Marcel in der Kutsche saß. Julianne blieb neben dem Kutschpfad stehen. Marcel lächelte und legte die Hand an den Hut.
Julianne erwiderte das Lächeln nicht.
„Und? Was haben Sie für mich?“
Sie gab ihm die Zeichnung, die sie aus dem Gedächtnis angefertigt hatte, und die Notizen zu Dominics Brief.
Er starrte alles mit großen Augen an. „Wo haben Sie das her?“
„Die Originale sind in einer verschlossenen Schublade. Ich habe mir beides eingeprägt. Damit habe ich meinen Teil erfüllt. Ich will ihr Wort haben, dass Sie meiner Schwester und meiner Mutter nichts tun.“
„Warum sollte ich Ihnen das geben? Sie haben gerade unter Beweis gestellt, wie nützlich Sie für mich sein können! Ihr Bruder Lucas will nach Frankreich aufbrechen. Ich glaube, sein Ziel wird Le Havre sein. Finden Sie heraus, wann und wo genau er abreisen wird und wo er an Land gehen will.“
Julianne sah ihn erschrocken an. Jetzt sollte sie auch noch Lucas ausspionieren? „Sie Schuft! Sie haben mich angelogen! Ich werde Ihnen Lucas nicht ausliefern!“
„Wenn Sie sich weigern, könnte Ihre Mutter sehr schnell die Treppe herunterfallen und sich den Hals brechen.“ Er lächelte, aber seine Augen waren eiskalt. „Ich habe Sie jetzt in der Hand, Julianne.“
Es war beinahe acht Uhr am Abend, und Dominic war immer noch nicht nach Hause gekommen.
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