Die heißen Kuesse der Revolution
Julianne schritt in seinem Salon auf und ab. Draußen hatte die Abenddämmerung begonnen. Ihr war so unwohl, dass sie sich noch einmal übergeben musste, doch dieses Mal hatte es mit der Schwangerschaft überhaupt nichts zu tun.
Sollte sie Dominic von Marcel erzählen? So konnte es schließlich nicht weitergehen. Doch wenn sie ihm von dem Treffen erzählte, musste sie ihm alles beichten.
Sie hörte ein Geräusch und fuhr herum. Lady Catherine stand in der Türschwelle und musterte sie besorgt. „Ist alles in Ordnung?“
Julianne schlang die Arme um sich selbst. Seit der Abendgesellschaft war Dominics Mutter sehr höflich zu ihr. Stand Julianne inzwischen in ihrer Gunst? Wenn Julianne Dominic aber von Marcel erzählte, würde seine Mutter von ihrem Verrat erfahren und sie aufs Neue hassen.
Vermutlich wusste sie gar nicht, dass Dominic bald nach Frankreich zurückkehren wollte. Sie kannte Lady Catherine inzwischen gut genug, um zu wissen, was für ein feuriges Temperament sie besaß. Sie konnte ihre Gefühle ebenso schlecht verbergen wie Julianne. Wenn sie es wüsste, wäre sie bedrückt.
„Es ist spät. Ich warte auf Dominic.“
„Sobald er kommt, werden wir gemeinsam zu Abend essen.“ Julianne sah Lady Catherine überrascht an. Sie hatten noch nie zu dritt zu Abend gegessen. „Er hat eine Nachricht geschickt, dass es etwas später wird.“
Durch das große Fenster, das auf die Auffahrt hinausging, nahm sie eine Bewegung wahr. Julianne drehte sich um und erblickte Dominics große, schwarz lackierte Kutsche. Ein Portier öffnete die Tür.
Seltsam erleichtert lächelte Julianne und lief in die Eingangshalle. Dominics Mutter folgte. Die beiden Türen standen bereits offen. Draußen wurde der vom Rot der untergehenden Sonne übersäte Himmel immer dunkler.
Dominic stieg aus der Kutsche.
Julianne stand mit seiner Mutter in der Tür und biss sich nervös auf die Lippe. Dominic kam die breite Treppe hoch und lächelte ihr zu.
Aus den Augenwinkeln sah sie, wie jemand über die Auffahrt lief. Er war bereits dicht hinter Dominic, der etwas gehört haben musste, denn er drehte sich um und zuckte zusammen. „Was macht denn François noch hier?“, sagte seine Mutter.
Julianne sah den eilig näher kommenden Diener verwirrt an und erkannte, dass er eine Pistole in der Hand hielt, die er auf Dominic richtete.
Als er die Waffe abfeuerte, warf Dominic sich zu Boden. Die Explosion war ohrenbetäubend.
Julianne schrie auf.
François ließ die Waffe fallen und rannte los.
Dominic sprang auf und rannte hinter ihm her. Sein Kutscher und die beiden Diener folgten ihm.
Julianne raffte ihre Röcke und eilte die Stufen hinab. Lady Catherine folgte ihr. François rannte über den Rasen, dicht gefolgt von Dominic und seinen Männern. Julianne wusste nicht, ob sie ihn schnappen könnten. Doch in diesem Augenblick stolperte der Mann und stürzte.
Dominic warf sich auf ihn.
Julianne lief hin. Dominic hatte François im Griff. „Wer hat dich geschickt?“, brüllte er.
Marcel hatte ihn geschickt.
François spuckte ihm ins Gesicht. „Du Schwein! Du beutest die Armen aus! Du wirst fett, und wir hungern. Ich verrate dir nie, wer mich geschickt hat, du Ratte!“
Dominic schlug dem Mann wütend die Faust auf die Nase. Blut spritzte. „Sag mir, wer dich geschickt hat, oder ich breche dir alle Knochen.“
François spuckte ihm noch einmal ins Gesicht.
Dominic riss ihn auf die Füße. Seine Augen blitzten vor Wut. „Hol den Knüppel, Eddie.“
Julianne schnappte nach Luft. „Dominic.“
Er wandte sich ihr zu. „Geh wieder ins Haus, Julianne, und du auch, Mutter.“
Julianne rührte sich nicht. In ihren Ohren klingelte es noch. Sie fürchtete, in Ohnmacht zu fallen. Sie flüsterte mehr, als dass sie sprach. „Ich weiß, wer ihn geschickt hat. Es war Marcel.“
Dominic ließ François los und starrte sie ungläubig an.
„Was hat sie gesagt?“, rief Lady Catherine. Eddie und einer der Portiers ergriffen François.
Julianne blickte völlig verängstigt zu Dominic, dessen Gesicht finster entschlossen war. Doch seine Stimme blieb ganz ruhig. „Marcel ist der Jakobiner, der an dich und Tom Treyton geschrieben hat.“
Julianne fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Sie zitterte am ganzen Körper. „Ja.“
„Und wieso glaubst du, dass Marcel diesen gedungenen Mörder geschickt hat?“
„Als du uns verlassen hast, habe ich Tom erzählt, wer du wirklich bist. Er hat Marcel geschrieben.“
Dominic bewegte sich
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