Die heißen Kuesse der Revolution
vorziehen, wenn du bleibst.“ Er musterte sie durchdringend. „Du hast keinen Grund, dich zu genieren, Julianne.“
„Ich geniere mich nicht.“
Er blickte zur offenen Tür.
Sie ließ die Tür immer unverschlossen, wenn sie mit ihm allein in diesem Zimmer war. Alles andere wäre in höchstem Maße unschicklich. „Es ist bestimmt besser, wenn wir alles so belassen wie üblich“, sagte Julianne leise.
Er lächelte und erhob sich. In ihrem Kopf herrschte eine seltsame Leere. Sie konnte an nichts anderes denken als an diese wunderbare leidenschaftliche Nacht und daran, was nun weiter geschehen würde.
„Was ist mit Amelia?“, fragte er, als er sich das Hemd über den Kopf zog.
„Sie ahnt nichts. Ich hasse es, meine Schwester zu hintergehen.“
„Das weiß ich. Ich habe längst gemerkt, wie offen und ehrlich du bist.“ Er berührte sie hinten an ihrer Schulter. Julianne zuckte zusammen und drehte sich ruckartig um. Sein Blick blieb ruhig. „Warum fürchtest du dich denn plötzlich davor, mich anzusehen? Leugne es nicht, du bist furchtbar angespannt. Bereust du, was letzte Nacht geschehen ist?“
„Nein.“ Ihr Herz pochte bis zum Hals. Julianne war noch immer erfüllt von der Lust, die sie miteinander geteilt hatten, und sie wusste, dass diese Leidenschaft sie immer wieder überkommen konnte.
„Gott sei Dank. Ich bereue es auch nicht.“ Charles sah sie besorgt an. „Und wie geht es dir heute Morgen? Ich fürchte, ich war vielleicht etwas ungestümer, als ich hätte sein sollen.“
Sie blickte zur geöffneten Tür hinter ihr. „Es ist niemand da“, beruhigte Charles Julianne und strich ihr eine Strähne hinters Ohr.
Diese zärtliche Geste verwirrte sie noch mehr. „Du hast mir nicht wehgetan. Ganz und gar nicht. Aber ich habe solche Gefühle bisher nicht gekannt.“ Da er nichts erwiderte, fuhr Julianne seltsam schüchtern fort. „Mein ganzer Körper war so wunderbar warm und kribbelig, dass es fast wehtat, sogar in meinem Herzen.“
Charles lächelte und zog einen Stuhl für sie zurück. Sie setzte sich und sah ihn erwartungsvoll an. Er setzte sich auch, reichte ihr die Teetasse und begann mit großem Appetit zu frühstücken. Julianne betrachtete ihn nachdenklich. Was sollte nur aus ihnen werden?
Er sah auf. „Du bist doch sonst nicht so still. Muss ich mir Sorgen machen?“
Nun fragte er schon zum zweiten Mal, ob etwas nicht stimmte. Julianne verzog zaghaft das Gesicht. Hatte er nicht gesagt, er wüsste nur zu gerne, was ihr durch den Kopf ging? „Ich habe Angst, dass man uns auf die Schliche kommt.“
„Das dachte ich mir.“ Er legte Messer und Gabel hin. „Es war dumm von uns, so lange zusammenzubleiben. Aber das war meine Schuld. Du hättest lange vor Sonnenaufgang wieder in deine Kammer gehen müssen.“
„Das wusste ich auch“, sagte sie schüchtern, „aber ich wollte noch nicht gehen.“
„Dann kommst du heute Nacht wieder?“
Ihr Herz pochte noch aufgeregter. Natürlich würde sie wieder zu ihm kommen, schließlich waren sie jetzt Liebende.
Aber warum fiel es ihr so schwer, nach seinen Gefühlen zu fragen? Und was drängte sie überhaupt, ihn danach zu fragen? Er hatte sie gestern Nacht geliebt.
„Meinst du, du könntest heute nach St. Just oder Penzance fahren?“
Julianne war der plötzliche Themenwechsel nicht unangenehm. „Das hatte ich eigentlich nicht vor. Wieso?“
„Ich muss wissen, welche Neuigkeiten es aus Frankreich gibt, welche Erlasse die Regierung verabschiedet hat und wie der Kriegsverlauf ist.“ Er nahm einen Schluck Tee.
„Gestern hatte ich leider keine Zeit, nach Neuigkeiten zu fragen. Amelia hat es immer so eilig.“
„Könntest du dann heute nach Penzance fahren? Vielleicht weiß dieser Freund von dir, dieser Treyton, mehr?“
„Aber sicher.“ Julianne war verblüfft, dass er noch wusste, wer Tom war. Sie hatte ihn doch nur ein einziges Mal erwähnt.
„Ich würde das sehr zu schätzen wissen.“
Charles sah sie so durchdringend an, als wollte er in ihren Augen alle ihre intimsten Geheimnisse lesen. Für einen Moment fühlte sie sich unbehaglich. Sie wusste, dass sie ihre Gefühle nicht verbergen konnte. Charles hingegen war sehr verschlossen. Sie wusste nie, was wirklich in ihm vorging. „Was ist denn?“
„Warum ich, Julianne?“
Er wollte also ernsthaft über ihre Beziehung sprechen. Sie zögerte beunruhigt. „Wir sind doch sehr gute, sehr enge Freunde geworden“, sagte sie vorsichtig.
„Ja, das sind wir.“
„Wir
Weitere Kostenlose Bücher