Die heißen Kuesse der Revolution
ungerecht war. Stets ergaben sich neue Wendungen, die niemand wünschen, aber auch niemand voraussehen konnte. Er schuldete auch Julianne viel, doch er hatte sie entehrt, indem er sie verführte.
Das inzwischen vertraute Schuldgefühlt breitete sich wieder aus. „Ich stehe tief in Ihrer Schuld, Greystone, und in der Schuld Ihres Bruders natürlich auch. Ich bin entschlossen, Ihnen und Ihrer Familie alle Mühe zu vergelten.“ Er würde der Familie eine sehr großzügige Summe aussetzen. Und falls jemals ein Greystone eine Empfehlung brauchen sollte, oder ein wenig hilfreichen Druck an höchsten Stellen, wäre er mit Freuden zu Diensten. „Sie können mich jederzeit in meinem Haus in London erreichen. Falls ich nicht da sein sollte, kümmert sich die Dowager Countess um meine Angelegenheiten. Ich zahle meine Schulden immer zurück.“
„Sie schulden uns nichts. Ich bin ein Patriot und froh, wenn ich meinem Land dienen kann.“
Dominic war überzeugt, dass Lucas es vollkommen ernst meinte. Lucas marschierte nun ruhelos auf und ab, und Dominic befürchtete, er würde wieder auf seine Beziehung zu Julianne zu sprechen kommen. Doch in dieser Hinsicht hatte er selbst etwas zu sagen. „Sie sollten Ihre Schwester im Auge behalten“, sagte er leise.
Lucas hielt verblüfft inne.
„Für eine so intellektuelle Frau ist ihre Naivität erschreckend. Sie hat nicht die geringste Ahnung, was wirklich in Frankreich vor sich geht oder was Krieg wirklich bedeutet. Sie glorifiziert die Revolution und die Republikaner. Wir befinden uns im Krieg, doch sie unterstützt den Feind. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.“
„Ich bin mir über Juliannes Ansichten durchaus im Klaren“, erwiderte Lucas scharf. „Ich habe sie bislang toleriert, doch ich billige sie in keiner Weise, was sie sehr wohl weiß. Aber was, um alles in der Welt, geht Sie das an?“
„Sie hat mir das Leben gerettet. Ich möchte dazu beitragen, auch das ihre zu retten. Sie sollte ihre radikalen Ideen nicht so offen nach außen tragen, zumindest nicht in solch gefährlichen Zeiten.“
Lucas starrte ihn an. „Ich verstehe nicht, was Sie das angeht, Mylord.“
Dominic schüttelte den Kopf. „Das müssen Sie auch nicht. Aber wussten Sie, dass sie in Erwägung zieht, den Pariser Jakobinern zu helfen, eine Emigrantenfamilie aufzuspüren, die sich hier in Cornwall niedergelassen hat?“
„Nein, das wusste ich nicht“, sagte Lucas grimmig.
„Dieser Treyton ist verliebt in sie. Er scheint ein wirklich gefährlicher Radikaler zu sein.“
„Von Treyton halte ich auch nichts. Sie kann eine bessere Partie machen. Aber woher wissen Sie von diesem Auftrag der Jakobiner?“
Auch Dominic schätzte Treyton nicht, weshalb er in dieser Hinsicht beruhigt sein konnte. „Julianne hat mir davon erzählt. Ich habe sie davor gewarnt, nach diesen Emigranten zu suchen. Sie würde solche Spionagespielchen niemals überleben.“
„Ich habe sie deswegen wieder und wieder gescholten. Ich habe ihr sogar verboten, zu diesen radikalen Zusammenkünften zu gehen. Und natürlich stimme ich Ihnen vollkommen zu, Julianne wird es nicht überleben, wenn sie für den Feind spioniert. Aber meine Schwester ist außerordentlich eigensinnig und kaum zu zügeln. Ich kann sie nicht einschließen.“
„Aber wenn Sie nicht besser auf sie aufpassen, wird sie in Schwierigkeiten geraten, aus denen sie nicht so leicht wieder herauskommt. Juliannes Ansichten rechtfertigen den Vorwurf des geplanten Umsturzes, wenn nicht sogar des Hochverrats und könnten sie in ernsthafte Gefahr bringen. Unsere eigenen Leute könnten sie irgendwann vor Gericht bringen. Die Jakobiner sehen nur mitleidlos zu, falls sie sie nicht selbst beseitigen, um einen Mitwisser aus dem Weg zu räumen.“
„Steht es so schlimm in Frankreich?“, fragte Lucas nachdenklich.
„Es steht so schlimm in Frankreich“, sagte Dominic. Er wählte seine Worte mit großer Sorgfalt. „Ihre Schwester besitzt ihren ganz eigenen Reiz. Ich habe sie in den letzten Wochen sehr ins Herz geschlossen. Ich möchte auf keinen Fall zulassen, dass sie für ihre Unerfahrenheit einen furchtbaren Preis bezahlen muss.“ Die Männer starrten sich unverwandt in die Augen. „Sie sollte sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, sich aus der Politik heraushalten und zusehen, dass sie eine gute Partie macht.“
Lucas lachte freudlos. „Ich habe große Achtung vor Ihnen, Mylord, und zwar nicht nur, weil Sie ein Bedford sind, sondern weil Sie viel für
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