Die heißen Kuesse der Revolution
ihnen.“
Dominic erstarrte. „Sie steht also schon unter Ihrer Beobachtung.“
Sebastian blickte finster. „Offiziell steht sie unter keiner Beobachtung.“
Dem Himmel sei Dank, dachte Dominic. „Aber woher wissen Sie dann so viel über sie?“
„Sie ist meine Nichte“, sagte Sebastian Warlock. Seine Stimme triefte vor Ironie.
8. KAPITEL
W ährend Warlocks Kutsche davonfuhr, betrat Dominic die Eingangshalle von Bedford House. Das prächtige Gebäude war schon vor vielen Generationen erbaut, aber immer wieder erweitert worden. Sein Vater schließlich hatte es aufwendig renovieren lassen. Das Gebäude war ziemlich breit, drei Stockwerke hoch und protzte mit drei mittelalterlichen Türmen. Im mittleren befand sich die Eingangshalle. Vor dem Haus war eine kreisförmige Auffahrt angelegt worden. Dahinter befanden sich sorgfältig gepflegte Gärten. Kletterrosen und Efeu umrankten die vorderen Mauern, blühende Wiesen erstreckten sich bis zur Straße unterhalb der Auffahrt.
Dominic hatte erneut kein Auge für die Schönheit. Schreckliche Bilder blitzten in seinem Kopf auf. Er sah sterbende und verwundete Männer, das Chaos an der Front und den leblosen Körper von Nadine auf einer blutgetränkten gepflasterten Straße.
Dominic riss sich von seinen Albträumen los. Wieso hatte ihn gerade jetzt die Vergangenheit eingeholt? Mein Gott, er war wieder zu Hause!
Er blinzelte und erkannte die beiden Portiers, die in ihrer königsblauen und goldenen Livrée vor dem ebenhölzernen Haupttor standen und ihn verblüfft anstarrten. Er brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. Noch nie war er so erleichtert gewesen, wieder daheim zu sein. Dieser verfluchte Krieg.
Er ging die breite Treppe hinauf und lächelte den Dienern zu. Sie öffneten die Türen und verbeugten sich tief.
All die furchtbaren Bilder waren mit einem Schlag verschwunden. Dominic blieb in der großen Halle stehen und sah sich um. Es hatte sich kaum etwas verändert. An den Wänden standen Stühle aufgereiht, die mit rotem Damast bezogen waren und vergoldete Armlehnen hatten. Der schwarz-weiße Marmorboden glänzte ebenso wie der weiße Stuck an den Wänden, an denen Landschaftsbilder und Portraits hingen. Ein Ölgemälde zeigte ihn als kleines Kind mit seinen Eltern. Er war daheim . Es war wirklich kaum zu glauben.
Sein Butler kam eilig in die Halle.
Dem guten Gerard stand die Überraschung ins Gesicht geschrieben. „Mylord!“, rief er aus. „Wir haben Sie nicht erwartet!“
Dominic lächelte. Für wenigstens einen Monat wollte er den ganzen Luxus und den ungetrübten Frieden genießen, den sein gewohntes Leben hier in London ihm versprach.
„Guten Tag, Gerard. Sie müssen sich nicht hetzen. Ja, ich bin wieder zu Hause. Ist die Dowager Countess anwesend?“
Gerard hatte ihn endlich erreicht. Sein Gesicht war vor Anstrengung gerötet. „Willkommen zu Hause, Mylord! Lady Catherine empfängt in diesem Augenblick Gäste im Goldenen Salon, Mylord.“ Gerard war ein Franzose mittleren Alters, der seit seiner Jugend der Familie seiner Mutter zu Diensten war. Er war schlank und mittlerweile ergraut, aber Dominic und seiner Mutter sehr ergeben. Stirnrunzelnd begutachtete er Dominics Kleidung.
„Keine Sorge, es ist nur geliehen“, sagte er und ging lächelnd am Butler vorbei.
„Was kann ich Ihnen bringen, Mylord?“
„Wo ist Jean?“ Dominic meinte seinen persönlichen Kammerdiener. Er trat an die Schwelle eines lichtdurchfluteten Salons mit goldenen Tapeten und vergoldeten Möbeln. An einem Ende des Saals saß seine Mutter, wie immer prächtig gekleidet in grüner Seide und mit Smaragden geschmückt. Zwei Damen leisteten ihr Gesellschaft. Natürlich wusste niemand, wo er die vergangenen anderthalb Jahre gewesen war. Jeder dachte, Dominic sei auf dem Land, wo er mehrere große Anwesen besaß, die in Ordnung gehalten werden mussten. Niemand ahnte, dass er seine Mutter seit anderthalb Jahren weder gesehen noch gesprochen hatte.
Es sprach für ihre Noblesse, dass sie bei seinem Anblick weder freudig aufschrie noch nach Luft schnappte, obwohl sie sicherlich erregt war. Sie erblasste leicht, unterdrückte aber gekonnt jede weitere Gefühlsregung.
„Ich werde Jean sogleich herbeirufen“, sagte Gerard.
Dominic gab gelassen Anweisungen: „Ich wünsche zu baden und mich umzuziehen. Jean soll mir ein heißes Bad einlassen. Und, Gerard? Dekantiere bitte eine Flasche von meinem besten Pinot Noir. Dem 87er.“ Er schritt auf seine Mutter zu.
Catherine
Weitere Kostenlose Bücher