Die heißen Kuesse der Revolution
Für uns mögen solche Worte Chaos und Tod bedeuten, für die einfachen Soldaten und die Offiziere wirken die Worte wie Lebenselixier. Sie halten die französische Armee für eine abgerissene Truppe von Zwangsverpflichteten? Abgerissen ist die Truppe wirklich, das stimmt, aber die Männer dort sind wild entschlossen, die Herrschaft der Fürsten in Europa zu zerstören. Sie wollen die gewöhnlichen Menschen von der Tyrannei und der Ungerechtigkeit befreien und die Revolution in Frankreich zum Triumph führen. Sie kämpfen für eine Republik ohne Eliten, ohne Adel und ohne Wohlstand. Für eine Republik des Volkes, in der niemand etwas besitzen darf, was ein anderer nicht hat.“ Dominic stockte einen Moment. „Diese Soldaten werden bereitwillig sterben für La liberté !“
Dominic spürte, dass er am ganzen Körper zitterte. Ein finsteres Schweigen legte sich über den Raum. Es war Lucas Greystone, der ihm ein weiteres Glas Whisky reichte. Dominic nahm einen großen Schluck. „Trotz der Krise, in der das Land im Augenblick zu versinken scheint, ist Frankreich immer noch das mit Abstand reichste Land Europas. Es zählt die größte Bevölkerung, die größten Landwirtschaftserträge, und verfügt über die größten Waffenschmieden und Munitionshersteller. Es kann mehr Soldaten mobilisieren und ausrüsten als die ganze Koalition zusammen. Noch ist die Regierung in Paris unfähig, aber sobald sie halbwegs handlungsfähig ist und vielleicht sogar über einen genialen Feldherren und Organisator verfügt, kann die Republik uns alle vernichten. Sofern wir sie nicht zuvor vernichten.“ Dominic trank noch einen Schluck. „Dies wird ein langer Krieg werden, wenn wir unsere Chance nicht ergreifen, solange Frankreich schwach und zerrissen ist.“
„Ich kann nur hoffen, dass Sie unrecht haben“, erwiderte William Windham grimmig. „Zwei Dinge hätte ich von Ihnen gern schriftlich, Bedford. Erstens, führen Sie den Bedarf in der Vendée in allen Einzelheiten auf. Ich brauche genaue Zahlen, Bedford, also wie viele Männer, wie viele Waffen und wie viel Brot Sie brauchen. Zweitens, schreiben Sie mir alles auf, was Sie soeben gesagt haben. Untermauern Sie Ihre Prophezeiungen bitte. Ich fürchte, damit sind unsere Angelegenheiten für heute besprochen. Ich muss in eine Sitzung. Ich danke Ihnen, Bedford. Und Ihnen danke ich natürlich ebenfalls, Greystone.“ Damit rauschte der Kriegsminister hinaus.
Dominic folgte mit den anderen. In der Halle griff Sebastian nach seinem Arm. „Wir müssen uns unterhalten.“
Dominic nickte und verabschiedete sich eilig von Edmund Burke und Lucas Greystone. Sie traten nach draußen. „Kennen Sie Lucas Greystone?“
„Ja. Tatsächlich kenne ich ihn recht gut.“
Dominic wartete auf eine Erklärung von Sebastian, doch sie blieb aus. Stattdessen zeigte Sebastian auf eine schwarze Kutsche, hinter deren Fenstern die Vorhänge zugezogen waren. Dominic lächelte, als sie einstiegen. „Sind geschlossene Vorhänge wirklich erforderlich?“
Sebastian klopfte an die Scheibe zum Kutscher und rief: „St. James Park.“ Dann musterte er Dominic. „Wer hat auf Sie geschossen?“
Während die Kutsche davonratterte, beruhigte sich Dominic langsam wieder. „Ich glaube, man hat mir in Paris hinterherspioniert. Die Radikalen sind voller Paranoia, sie verfolgen jeden. Wenn man mir nach Nantes gefolgt ist, wurde ich enttarnt, als ich mich Jacquelyn anschloss.“
„Es ist ein Glück, dass Sie noch am Leben sind.“
„Es ist wirklich ein Glück. Ihre Erleichterung ist unübersehbar“, stimmte Dominic trocken zu.
„Habe ich Ihnen nicht beigebracht, sich niemals jemandem persönlich verbunden zu fühlen?“
Dominic lächelte freudlos. Er dachte an Julianne. „Das haben Sie, in der Tat. Und wir haben beide Glück, dass ich Frankreich genauso bedingungslos von diesen Radikalen befreien will wie Sie. Hat Michel Jacquelyn Sie benachrichtigt, dass ich verwundet worden bin?“
„Das hat er. Ich konnte nicht zulassen, dass Sie in Frankreich blieben, selbst wenn Sie dort wieder gesund geworden wären. Man hätte Ihnen zu leicht ein weiteres Mal nach dem Leben trachten können. Doch nun müssen Sie so schnell wie möglich wieder zurück.“
„Wie schnell?“
„In spätestens einem Monat. Sind Sie dazu bereit?“
Dominic nickte. „Natürlich bin ich dazu bereit. Ich könnte meiner Familie und meinen Freunden dort niemals den Rücken zukehren.“
„Gut“, war alles, was Sebastian dazu zu sagen
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