Die heißen Kuesse der Revolution
ein wenig ausruhen. Du hast ja noch eine lange Reise vor dir.“ Sie ergriff seinen Arm.
In diesem Augenblick ging die Haustür auf, und Lucas kam lächelnd heraus. Aber sein Lächeln galt ganz allein ihr.
„Wie ich sehe, hast du es gut nach London geschafft. Hallo, Julianne.“ In seinen hellen Kniehosen, einer silberfarbenen Weste und darüber einem dunkelgrünen Gehrock kam er auf sie zu. Er trug keine Perücke und hatte sein blondes Haar zu einem Zopf gebunden.
Julianne umarmte ihren Bruder, doch ihr fiel auf, dass sein Lächeln flüchtig und sein Blick fragend war. Sie wollte sich sobald wie möglich ernsthaft mit ihm unterhalten. „Wir mussten einige ziemlich schlimme Straßen passieren“, sagte sie leichthin und sah, wie Lucas Tom die Hand schüttelte. Die beiden Männer waren zum letzten Mal in Penzance aufeinander getroffen. Das war über einen Monat her, am Tag der letzten Versammlung, die sie besucht hatte. Es war der Tag gewesen, an dem ihr Bruder Jack Dominic Paget nach Greystone gebracht hatte.
Damals hatte Lucas nicht verborgen, wie wenig er Tom schätzte. Nun aber verhielt er sich sehr kühl und formell. „Haben Sie vielen Dank, dass Sie Julianne in die Stadt begleitet haben, Thomas.“
„Es war mir ein Vergnügen“, sagte Tom.
„Wenn du nichts dagegen hast, bleibt Tom über Nacht“, sagte Julianne schnell.
„Er bleibt nur für eine einzige Nacht?“, fragte Lucas ruhig.
Julianne beunruhigte, dass sie nicht wusste, was Lucas wirklich dachte. In gewisser Weise erinnerte er sie an Dominic. Lucas hinterging seine Geschwister. Als Julianne ihn und den Earl überrascht hatte, war offensichtlich, dass er Geheimnisse hatte. Auch er war irgendwie in kriegerische Machenschaften verwickelt. Hatte er nicht sogar von Befehlen aus Whitehall gesprochen?
„Ich muss morgen weiter nach Schottland“, sagte Tom.
„Ah, richtig, die radikale Zusammenkunft von diesem Thomas Hardy.“ Lucas wirkte unbeteiligt, doch sein Tonfall wirkte spöttisch. Doch bevor Julianne etwas erwidern konnte, winkte Lucas ab. „Das ist ja auch kein Geheimnis. Kommt rein, ich habe ein kleines Abendessen für uns vorbereiten lassen.“ Lucas blinzelte Julianne zu. „Ich bin übrigens erstaunt, dass du mich nicht gebeten hast, dich mit ihm nach Edinburgh fahren zu lassen.“
Julianne dachte an die Versammlung in London und lächelte.
Julianne blieb vor der offenen Tür zum Salon stehen. Sie sah Lucas allein mit einem Glas Brandy und der Times . Nach dem Essen hatte er sich in einen Schlafrock mit Paisleymuster gehüllt und Hausschuhe angezogen. Er stand auf, als er sie erblickte, und lupfte fragend die Augenbrauen.
Julianne trug noch immer dasselbe Kleid, das sie zum Essen angezogen hatte. Es war ein roséfarbenes Seidenkleid mit Blumenmustern, einem viereckigen Ausschnitt und dreiviertellangen Ärmeln. Die vollen Röcke waren leicht gerüscht, um die dunkleren, mit Rosen bestickten Unterröcke zu enthüllen. Amelia hatte darauf bestanden, dass sie den Perlenanhänger und die Ohrringe ihrer Mutter mitnahm, die sie ebenfalls noch nicht abgelegt hatte. Julianne betrat den Salon und schloss die Tür hinter sich.
„Das Abendessen war durchaus angenehm“, sagte Lucas und zog einen kleinen blauen Stuhl mit weißen Armlehnen und Beinen für sie hervor. „Ich bin sehr froh, dass du kommen konntest, Julianne, aber leider muss ich gleich morgen früh wieder aufbrechen. Eine unerwartete Angelegenheit erwartet mich, aber ich werde nur ein paar Tage fort sein.“
Julianne dachte an die Versammlung, die nur zwei Tage dauern sollte, und war erleichtert. Wenn er fort war, konnte Lucas unmöglich herausfinden, warum sie wirklich gerade jetzt nach London gereist war. „Ich komme schon zurecht.“ Lucas wollte sich also schon wieder auf eine Reise begeben. Sie hatte sich schon oft gefragt, ob er sich wirklich, wie behauptet, immer nur in London aufhielt, wenn er nicht in Greystone war. „Wo willst du denn hin?“
„Nach Manchester. Ich will mir eine Gießerei ansehen, die unser Eisenerz vielleicht besser und billiger verarbeiten kann.“
Julianne stutzte. Sie zweifelte an Lucas’ Worten, sagte aber nichts. „Du hast dir heute große Mühe gegeben, nett zu Tom zu sein, was ich sehr schätze.“ Sie setzte sich.
Lucas nahm wieder auf dem Sofa Platz und streckte seine langen Beine aus. Er redete offen. „Ich schätze seine Ansichten nicht und ich fürchte, er könnte dich zu Dingen verleiten, die dir sonst niemals in den Sinn
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