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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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Dann begab er sich hinüber zum Portal und klopfte lautstark an.
    Es dauerte eine Weile, bis hinter dem Tor schlurfende Schritte zu hören waren. Quietschend öffnete sich die Luke, und das verkniffene, unrasierte Gesicht eines bischöflichen Wachsoldaten tauchte auf.
    »Lass dir einen guten Grund einfallen, warum du um diese gottverfluchte Zeit hier anklopfst«, murmelte die Wache. »Sonst verbringst du den Sommer bei uns im Kerker. Und zwar ohne Wasser.«
    Mit gewichtiger Miene zog Simon die Einladung des Braumeisters hervor. »Seine Exzellenz Pater Hubertus hat nach mir rufen lassen«, sagte er, ohne mit der Wimper zu zucken. »Ich soll sofort zu ihm kommen.«
    »Jetzt?« Der Soldat kratzte sich den verlausten Kopf. »Nach Mitternacht?«
    »Ich bin der Simon Fronwieser aus der Spitalsbrauerei«, fabulierte der Medicus frei drauflos. »Etwas mit der Gärung des Weißbiers stimmt bei euch nicht. Wenn wir nichts unternehmen, schmeckt das Bier morgen wie Pferdepisse, und der Bischof sitzt auf dem Trockenen.«
    Der Wachmann legte die Stirn in Falten. Die Vorstellung, dass der leicht erregbare Bischof die Wachmannschaft für seinen nächsten Durst verantwortlich machte, verursachte ihm Bauchschmerzen.
    »He, Rupert!«, brüllte er nach hinten. »Weck mal den fetten Pfaffen aus der Brauerei auf. Da ist Besuch für ihn!«
    Plötzlichertönten vom Domplatz her die Marschtritte vieler Stiefel. Eine größere Abordnung von Wachen schien sich zurück in ihr Viertel zu begeben. Simon konnte sich ausmalen, was passierte, wenn die Stadtwachen auf ihn trafen.
    »Äh, würd es Euch etwas ausmachen, das Tor zu öffnen?«, fragte der Medicus. »Hier draußen zieht es, und ich steh mir nur ungern die Beine in den Bauch.«
    »Nur mit der Ruhe«, knurrte der Soldat. »Der Pfaffe wird gleich da sein.«
    Jetzt waren von Süden her einzelne Stimmen zu vernehmen. Simon drehte den Kopf zur Seite und sah mindestens ein Dutzend spießbewehrter Büttel vom Domplatz her auf sich zukommen.
    »Ob ich hier draußen warte oder drinnen, ist doch einerlei.« Er lächelte krampfhaft. »Außerdem zwickt’s mich im Bauch. Das Erbsenmus heute Mittag war schon ein wenig vergoren. Also macht doch einfach die Tür auf und …«
    »Schnauze, hab ich gesagt«, unterbrach ihn der Wachsoldat. »Will erst sehen, ob der Braumeister dich auch kennt. Haben schon ganz andere versucht, hier reinzukommen und um Asyl zu betteln.«
    Jetzt waren die städtischen Büttel nur noch dreißig Schritte von Simon entfernt.
    Vielleicht erkennen sie mich ja nicht , dachte er verzweifelt. Wie auch immer, sie werden sicher Fragen stellen. Ein Mann allein in der Nacht vor dem Tor des Bischofshofs, das ist verdächtig …
    »Möchte wirklich wissen, was da draußen vor sich geht«, sagte die Wache und streckte den Kopf durch die Luke, um mehr erkennen zu können. »Das ganze Geschrei und Gebimmel, als ob die Türken vor der Stadt stehen. Na ja, nun werden wir es ja sicher gleich erfahren.«
    Tatsächlichnäherten sich jetzt einige Büttel dem Bischofshof. Einer der Soldaten deutete mit seinem langen Spieß auf Simon und schien den anderen etwas zuzurufen. Dem Medicus kam es vor, als ob die Männer plötzlich merklich schneller gingen. Simon lief der Schweiß über die Stirn. Sollte er weglaufen? Doch dann würde das Tor auf ewig für ihn versperrt sein.
    »He, du da!«, rief der Soldat und eilte auf ihn zu. »Was machst du da am Portal?«
    In diesem Moment dröhnte von jenseits des Tores eine bekannte Stimme.
    »Simon Fronwieser! Wollt Ihr beichten, oder dürstet es Euch einfach nach meinem elysischen Weißbier?«
    Der Medicus atmete auf. Offenbar war Pater Hubertus endlich aufgestanden!
    »Ich habe gute Neuigkeiten für Euch«, polterte der Franziskaner hinter der Luke weiter. »Ich weiß jetzt, was dieses Pulver ist! Aber lasst uns das doch bei ein oder zwei Krügen in aller Ruhe besprechen. Kruzitürken, wollt ihr vom Heiland verfluchten Schafschädel meinen Freund nicht endlich reinlassen!?«
    Die letzten Worte waren an die bischöflichen Wachen gerichtet, die nun endlich die schweren Riegel zurückschoben und das Portal öffneten.
    »Jetzt!«, schrie Simon plötzlich. »Lauft!«
    In diesem Augenblick passierten mehrere Dinge gleichzeitig.
    Aus dem Schatten jenseits des Platzes schälten sich zwei Gestalten. Magdalena hatte ihrem Vater klargemacht, dass er, sobald Simon nach ihnen rief, um sein Leben laufen musste. Kuisl hatte die Ohnmacht kurzzeitig abgeschüttelt und rannte

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