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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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ging er auf Michael Berchtholdt zu. »Wer in Gottes Namen hat Euch so viel Mutterkorn gegeben?«, zischte er. »Wer, verdammt noch mal! Welcher Kurpfuscher?«
    Der Bäcker wich zurück. Als er mit dem Rücken an der Tür stand, murmelte er so leise, dass Simon es zunächst kaum verstehen konnte.
    »Es war Euer Vater.«
    Der junge Medicus blieb wie vom Blitz getroffen stehen. »Mein Vater?«
    Berchtholdt nickte. »Zwei Gulden hat mich der Spaß gekostet. Aber Euer Vater meinte, es sei das sicherste Mittel.«
    Simon hatte Mühe zu sprechen. »Hat mein Vater Euch wenigstens gesagt, wie viel Ihr davon verabreichen sollt?«
    »Eigentlich nicht.« Der Bäcker zuckte mit den Schultern. »Er meinte nur, ich solle eher mehr als weniger nehmen. Damit’s auch wirklich wirkt. Da hab ich ihr eben alles gegeben.«
    Kurz war Simon versucht, dem Bäcker an die Kehle zu gehen, als hinter ihm die Magd erneut zu kreischen anfing. Der Schrei war diesmal länger und höher als alle zuvor. Resl Kirchlechner bäumte sich auf, als würde ihr Rückgrat bersten. Die blassen Schenkel waren weit geöffnet,das weiße Leinenkleid dazwischen rot von Blut. Plötzlich sank die Magd in sich zusammen, und ein fleischlicher Brocken von der Größe einer Katze fiel von der Ofenbank zu Boden.
    Es war ein toter Fötus.
    Simon eilte auf die Magd zu und fühlte in der Halsbeuge nach ihrem Puls. Das Gesicht Resl Kirchlechners war nun gelöst und friedlich, gebrochene Augen starrten auf das blutige Stroh, das um sie herum ausgebreitet war. Der Medicus schloss ihr die Lider und bettete sie sanft auf die Bank.
    »Sie ist jetzt in einer besseren Welt«, murmelte er und schlug ein Kreuz. »Ohne Schmerzen und Dämonen, und ohne Menschen, die ihr Böses wollen.«
    Es herrschte ein Moment der Stille, in der nur das Wimmern der Bäckersgattin zu hören war. Schließlich kam Michael Berchtholdt wieder zur Besinnung. Er ging zu dem Fötus, der immer noch auf dem Boden neben dem Ofen lag, hob ihn mit spitzen Fingern empor und verschwand durch die Hintertür im Garten. Als er nach einiger Zeit wieder auftauchte, wischte er sich die erdverklebten Hände an der Hose ab. Er versuchte ein schmales Lächeln, das ihm zu einer Grimasse gefror.
    »Die Resl ist tot, das ist bedauerlich«, sagte er mit leiser Stimme. »Ich werd dafür sorgen, dass sie eine ordentliche Bestattung auf dem Sebastiansfriedhof bekommt, mit Pfarrer, Leichenschmaus und allem Drum und Dran. Ihren Eltern soll’s auch nicht an Geld mangeln. Alles andere …« Er setzte zu einem verlegenen Grinsen an. »Wir wollen doch nicht, dass sich in der Stadt herumspricht, der Teufel wäre in eine Magd gefahren. Das kann bös enden. Und der junge Medicus hier wird sicher auch der Meinung sein, dass die Resl ein schweres Fieber gehabthat. So was kann zu schlimmen Träumen führen, nicht wahr?« Der Bäcker sah Simon abwartend an.
    »Ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass …«, begann der Medicus, doch Berchtholdt hob die Hände und unterbrach ihn. »Ich weiß, Eure Hausbesuche sind teuer. Wie viel? Sagen wir, fünf Gulden? Zehn? Wie viel wollt Ihr haben?« Er zog eine Truhe hinter dem Stubentisch hervor und begann darin zu kramen.
    »Erstick an deinem Geld!« Magdalena warf den Truhendeckel zu, so dass Berchtholdts Finger darunter eingeklemmt wurden. Wimmernd zog er sie hervor und biss vor Schmerzen die Zähne zusammen. Seine Frau sah derweil von einem zum anderen, als wäre sie von Gespenstern umgeben. Simon vermutete, dass der Schock zu viel für sie war. Maria Berchtholdt hatte beschlossen, sich in ihre eigene Welt zurückzuziehen.
    »Jedem, jedem werd ich erzählen, dass Ihr Eure Magd wie ein Bock bestiegen und sie am Mutterkorn habt verrecken lassen«, flüsterte die Henkerstochter. »Immer sind’s wir Frauen, die für die Geilheit der Männer bezahlen sollen. Diesmal nicht!«
    Die kleinen Wieselaugen des Bäckers bekamen einen kalten Glanz. »Ach, und wer wird euch das glauben?«, zischte er. »Eine Henkerstochter und der räudige Sohn eines Feldschers. Was für ein Paar! Geht raus, und erzählt es den Leuten, und ich verspreche, dass ich euch das Leben zur Hölle machen werde!«
    »Mein Leben ist schon die Hölle.« Magdalena wandte sich zum Gehen und winkte Simon, ihr zu folgen. Mit einer spöttischen Verbeugung verabschiedete sich der Medicus vom Ratsherrn und Bäckermeister Michael Berchtholdt.
    »Wenn Euch mal wieder die Afterperlen quälen oder derStuhl drückt«, sagte Simon mit betont freundlicher

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