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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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seinen nicht mal dreißig Jahren war er der skrupelloseste der drei Lettner-Brüder, und er besaß die nötige Bauernschläue, um in diesem Haufen an der Spitze zu bleiben. Schon letztes Jahr hatten die Männer begonnen, während der Feldzüge ihre eigenen kleinen Ausflüge zu unternehmen. Philipp Lettner hatte es bislang immer geschafft, dass der junge Feldweibel nichts davon mitbekam. Auch jetzt während des Winterlagers überfielen sie die umliegenden Weiler und Dörfer, obwohl der Feldweibel das ausdrücklich verboten hatte. Sie verkauften die Beute an die Marketenderinnen, die mit ihren Wagen dem Heertross folgten, und hatten so immer etwas zum Beißen, Huren und Saufen.
    Heute sah es nach einem besonders guten Fang aus. DasDorf auf der Lichtung, verborgen hinter dichten Tannen und Buchen, schien von den Wirren des langen Krieges noch fast unberührt. Im Licht der Abendsonne erblickten die Söldner frisch gezimmerte Scheunen und Ställe, Kühe grasten auf den feuchten Wiesen unweit des Waldrands, von irgendwoher ertönte das Lied einer Kinderpfeife. Philipp Lettner schlug seinem Pferd die Stiefel in die Seiten. Wiehernd stellte es sich auf die Hinterbeine, dann galoppierte es zwischen den blutrot gefärbten Buchen hervor. Die anderen folgten ihrem Anführer, und das Morden begann.
    Ein krummgebeugter weißhaariger Greis sah sie als Erster. Er hatte zwischen den Sträuchern gekauert, um seine Notdurft zu verrichten. Anstatt ins Unterholz zu fliehen, stolperte er nun mit heruntergelassenen Hosen den Weg entlang aufs Dorf zu. Philipp Lettner überholte ihn, im Vorbeigaloppieren holte er mit dem Säbel aus und trennte dem Mann mit einem einzigen Hieb den rechten Arm ab. Johlend ritten die Übrigen über den zuckenden Leib hinweg.
    Mittlerweile hatten die Menschen, die vor den Häusern ihren Geschäften nachgingen, die Landsknechte entdeckt. Laut schreiend ließen die Frauen Krüge und Bündel fallen und liefen in alle Richtungen davon, hinaus auf die Felder und weiter auf den Wald zu. Der junge Karl zielte mit seiner Armbrust kichernd auf einen etwa zwölfjährigen Jungen, der versuchte, sich zwischen den niedrigen Stoppeln eines abgemähten Getreidefelds zu verstecken. Der Bolzen traf den Knaben in die Schulter, und er fiel lautlos in den Dreck.
    Friedrich Lettner war inzwischen mit einigen anderen Söldnern ausgeschwärmt, um die Frauen, die auf den Waldrand zurannten, wie eine Herde wildgewordener Kühewieder einzufangen. Die Männer lachten und hoben ihre Beute zu sich aufs Pferd oder schleiften sie an den Haaren hinter sich her. Philipp widmete sich unterdessen den verängstigten Bauern, die aus den Häusern gelaufen kamen, um ihr armseliges Leben und das Leben ihrer Weiber und Kinder zu verteidigen. Sie trugen Dreschflegel und Sensen, der eine oder andere führte sogar einen Säbel bei sich, aber allesamt waren sie im Kampf unerfahrene, von Krankheit und dünnem Hirsebrei geschwächte Hungerleider, die vielleicht einem Huhn den Kopf abschlagen, aber einem berittenen Landser nichts anhaben konnten.
    Schon nach wenigen Minuten war das Gemetzel vorüber. Die Dorfbewohner lagen in ihrem Blut, hingestreckt in ihren Häusern zwischen zerschlagenen Tischen, Betten und Schemeln oder draußen auf der Straße, wo Philipp Lettner den wenigen, die noch stöhnten, einem nach dem anderen die Kehle durchschnitt. Einen der toten Bauern warfen zwei Söldner in den Brunnen am Dorfplatz. Das verwesende Fleisch würde das Wasser vergiften und den Ort so für viele Jahre unbewohnbar machen. Die anderen Männer durchsuchten währenddessen die Häuser nach Essbarem und möglichen Schätzen. Viel war nicht zu holen, ein paar fleckige Münzen, zwei Silberlöffel, einige billige Ketten und Rosenkränze. Der junge Karl Lettner zog sich ein weißes Brautkleid über, das er in einer Truhe gefunden hatte, und tanzte einige Bocksprünge, während er mit fistelnder Stimme einen Hochzeitslandler sang. Unter dem gellenden Gelächter der Übrigen fiel er kopfüber in den Morast; das Kleid riss und hing in Fetzen an ihm, verschmiert von Blutflecken und Schlammspritzern.
    Das Wertvollste im Dorf war das Vieh. Acht Kühe, drei Schweine, einige Ziegen und ein Dutzend Hühner. Bei denMarketenderinnen würden sie dafür einen guten Preis erzielen.
    Und dann waren da natürlich noch die Frauen.
    Es ging bereits auf den Abend zu, eine feuchte Kühle breitete sich auf der Lichtung aus. Um für die nötige Wärme zu sorgen, warfen die Söldner

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