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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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der Kammer seines schnarchenden Vaters vorbeigeschlichen. Bonifaz Fronwieser war gestern Nacht erst spät nach Hause gekommen. Simon vermutete, dass er den Lohn vom Krankenbesuch bei Ratsherr Hardenberg sogleich in Wein und Schnaps umgesetzt hatte. Die Wirte der Tavernen hinter dem Ballenhaus ließen auch nach der Sperrstunde um acht Uhr abends noch den einen oder anderen Gast sitzen, wenn er genügend Münzen hatte. Und der angesehene Patrizier Hardenberg hatte bestimmt mehr für seine Untersuchung gezahlt als alle kranken Bauern in dieser Woche zusammen. Genug jedenfalls für mindestens drei Schoppen teuersten Burgunder.
    Vorsichtig zog Simon die Tür zu und eilte im Laufschritt auf das Hoftor am Ende der Gasse zu. Dort unten neben den Mauern des verfallenen Herzogsschlosses lehnte Josef von der Stadtwache. Er hatte das mit Eisen verstärkte Tor bereits geöffnet und starrte müde auf die herannahende Gestalt.
    »So früh schon auf den Beinen, Simon?«, brummte er. Sie kannten sich gut, der junge Medicus hatte erst vor kurzem Josefs Sohn von der Krätze geheilt. Umsonst natürlich, denn es war immer gut, jemanden von der Wache zum Freund zu haben. So konnte man gelegentlich auch noch nach Sonnenuntergang durchs Einmanntor in die Stadt schlüpfen.
    »Muss noch einmal nach Altenstadt«, sagte Simon. »Ein Kranker braucht meine Hilfe.«
    »Ist’s wieder das Husten und Schwitzen?«, fragte Josef, wissend, dass auch in dem kleinen Dorf Altenstadt viele an dem merkwürdigen Fieber erkrankt waren. Simon nickte bedächtigund lief eilig durchs Tor. Es musste ja niemand wissen, was er wirklich in Altenstadt wollte. Der Wächter Josef sah ihm nach und zeichnete ein Trudenkreuz in den Schnee.
    »Gott verhüt, dass die Pest nach Schongau zurückkommt!«, rief er dem Medicus nach. »Gott verhüt’s! « Er dankte der Jungfrau, dass sie ihn vor der Krankheit bislang verschont hatte. Dann versuchte er wieder, mit offenen Augen zu schlafen.
    Die Straße schlängelte sich in Serpentinen den Berg hoch. Schon bald war Simon trotz der trockenen Kälte wohlig warm. Während des Marschierens überlegte er, warum er sich in aller Herrgottsfrühe auf den Weg machte, um den Tod eines Menschen zu ergründen, der ihm noch nicht einmal nahestand. Er hätte im Bett liegen bleiben können, hätte zum Neunuhrläuten einen Becher Kaffee trinken und am bullernden warmen Herd den Schneeflocken draußen beim Tanzen zuschauen können. Aber wie so oft überkam ihn die Neugierde, ein ihm angeborener Drang, hinter die Dinge zu schauen; außerdem war da natürlich Benedikta Koppmeyer. Seit er sie gestern gesehen hatte, ging sie ihm nicht mehr aus dem Kopf. Vielleicht tat er ihr mit diesem Gang einen kleinen Gefallen?
    Simons Ziel war die Basilika St. Michael in Altenstadt. Bullig ragte sie zwischen den gedrungenen Häusern empor, Erinnerung an eine Zeit, als das jetzt kleine Dorf ein wichtiger Handelsstützpunkt auf der Via Claudia Augusta, der alten römischen Heeresstraße, gewesen war. Umgeben von einer hohen Mauer und erbaut aus wuchtigen Steinquadern mit zwei himmelhohen Türmen, wirkte die Basilika fast mehr wie eine Burg als wie eine Kirche.
    Simon schritt die breite Treppe hinauf zum Hauptportal. Direkt über dem zweiflügligen Tor prangte ein Relief. Es zeigte einen mit Schild, Helm und Schwert bewaffneten Ritter , der gegen einen Drachen kämpfte. Im Maul des Drachen steckte der Körper eines zweiten Mannes. Simon schüttelteden Kopf. Im Gegensatz zu vielen seiner Landsleute hatte er sich nie mit den blutigen, monströsen Darstellungen in den Kirchen anfreunden können. Solche Bilder sollten die Leute wohl an die Schrecken der Hölle erinnern, Simon erschienen sie eher wie Boten einer längst überwunden geglaubten Zeit.
    Seine Gedanken beruhigten sich erst, als er die Kirche betrat und er seinen Blick nach vorne richtete. In der Apsis über dem Altar hing das schönste und größte Kruzifix des Pfaffenwinkels. Der »Große Gott von Altenstadt« war weit über die Grenzen des Orts hinaus bekannt, und auch der sonst eher nüchtern denkende Medicus konnte sich seiner Wirkung nicht entziehen. Die aus Lärchenholz geschnitzte Figur war riesig, bestimmt drei Schritt lang und ebenso breit. Links und rechts von ihr standen lebensgroß die Figuren von Maria und Johannes. Das Besondere aber war das Gesicht des Heilands. Es blickte nicht schmerzverzerrt oder anklagend auf den Gläubigen herab, sondern milde und fast ein wenig traurig.
    Als Simon wieder

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