Die Henkerstochter und der schwarze M�nch
unterbrach ihn Benedikta. »Ist das möglich?«
»Na ... natürlich.« Auch der Pfarrer schien von ihrer vornehmen,selbstsicheren Art beeindruckt. Als Vorsteher einer der größten Kirchen in der Region war er es gewohnt, hochfahrend aufzutreten. Doch diese Frau nötigte ihm Respekt ab. Ein Satz von ihr genügte, und er schrumpfte auf Normalgröße zusammen.
»Ich werde alles Nötige veranlassen«, nuschelte er. »Habt keine Sorge. Wann soll die Beerdigung stattfinden?«
Sie vereinbarten als Termin den kommenden Samstag. Schließlich stellte Simon dem Pfarrer die Frage, wegen der er eigentlich gekommen war.
»Die Lorenzkirche ... «, begann er. »Benedikta Koppmeyer wüsste als Schwester des Verstorbenen gerne mehr über die Kirche, in der er so lange gewirkt hat. Auch über ihre Vergangenheit. Gibt es Papiere darüber, hier in der Basilika? «
Pfarrer Ziegler schüttelte den Kopf.
»Tut mir leid, nein. Die Kirche gehört nicht zur Gemeinde St. Michael. Da müsstet Ihr Euch schon nach Steingaden bemühen.«
»Nach Steingaden?«, fragte Simon überrascht.
Der Pfarrer nickte. »Die Lorenzkirche befindet sich im Besitz des Prämonstratenserstifts in Steingaden. Soviel ich weiß, hat das Stift die Kirche schon vor langer Zeit gekauft. Wenn die Schweden die zugehörigen Papiere nicht verbrannt haben, dann müssten sie sich dort befinden.«
»Und wem hat die Kirche davor gehört?«, fragte Simon so arglos wie nur möglich. »Der Gemeinde St. Michael?«
Der Pfarrer lachte. »Ich muss Euch ein weiteres Mal enttäuschen, wir haben wirklich nie etwas mit dem Lorenzkirchlein zu schaffen gehabt. Nein, wenn die Gerüchte stimmen, dann gehörte die Kirche früher einem Kreuzritterorden, den Templern. Aber das ist nun wirklich schon lange her. Warum interessiert Ihr Euch so dafür?«
»Mein Bruder hat immer sehr für seine Kirche geschwärmt«, sagte Benedikta. Ihr Lächeln hätte das Januareisdraußen schmelzen können. »Ich wollte nur mehr wissen, über den Ort, der ihm so viel bedeutet hat. Vielleicht könnt Ihr das auch für die Leichenrede verwenden …«
»Oh, natürlich.« Elias Ziegler nickte beflissen. »Ich werde sehen, was ich machen kann. Weiß man denn schon, warum ...«
»Entschuldigt uns jetzt bitte«, murmelte Benedikta. »Die Trauer liegt immer noch schwer auf meinem Herzen. Ich werde mich jetzt zum Beten zurückziehen.«
Der Pfarrer nickte ergeben und sah den beiden nach, als sie durch die Sakristeitür nach draußen verschwanden. Dann wendete er sich wieder der Verkostung des Messweins zu. Der Wein war einfach zu schade, um ihn nur in das Blut Christi zu verwandeln.
»Wir müssen nach Steingaden«, flüsterte Benedikta, während sie durch die Basilika eilten. »Am besten heute noch.«
» Ihr wollt mit?«, fragte Simon, unsicher, was er von diesem Plan halten sollte.
»Natürlich. Ich will wissen, warum mein Bruder sterben musste. Ist das so schwer zu verstehen?«
»Nein, nein. Aber heute noch?« Mittlerweile standen sie wieder draußen vor dem Portal. Schneeflocken wehten ihnen ins Gesicht. Simon deutete nach oben. »Es hat wieder zu schneien begonnen. Wir werden Mühe haben, voranzukommen«, gab er zu bedenken.
»Nun, ich habe ein Pferd. Das trägt mich sicher und bequem auch noch durch kniehohen Schnee«, sagte Benedikta und sah ihn prüfend an. »Und Ihr? Als Stadtmedicus müsst Ihr doch auch über ein Pferd verfügen. Ihr seid doch der Stadtmedicus?«
»Äh, sicher, sicher, aber ...«
»Nun, dann ist ja alles gesagt«, sagte Benedikta und eilte die Stufen nach unten. »Lasst uns in zwei Stunden aufbrechen.«
Simon sah ihr wütend nach, dann zuckte er die Achseln und folgte ihr.
»Seid Ihr immer so schnell in Euren Entscheidungen?«, fragte er, während er zu ihr aufschloss.
»Ich wäre keine erfolgreiche Händlerin, wenn ich immer nur abwägen und debattieren würde«, sagte sie. »Das überlasse ich den Männern an den Stammtischen.«
Simon grinste. »Ich hoffe, ich muss nie mit Euch Geschäfte machen. Wahrscheinlich würdet Ihr mir drei Fässer überteuerten Weins andrehen, bevor ich auch nur mit der Wimper zucke.« Benedikta lachte. Es war das erste Mal, dass Simon sie lachen hörte, und er spürte, wie sehr er dieser selbstbewussten, weltgewandten Frau gefallen wollte.
Nun brauchte er noch ein Pferd. Und er hatte auch schon eine Idee, wo er eines auftreiben konnte.
An einer Straßenecke unweit der Basilika St. Michael stand Magdalena und sah den beiden nach, wie sie die
Weitere Kostenlose Bücher