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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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dass es in der kleinen Stube wie in der Ostermesse roch. Simon glaubte nicht, dass diese Dämpfe etwas bewirkten. Er hatte vielmehr gelesen, dass Krankheiten durch Schmutz und Körperflüssigkeiten übertragen wurden, doch das hielt sein Vater für neumodischen Unsinn. Als der Schmiedgeselle zu seiner Linken zu einem neuen Hustenanfall ansetzte, trat Simon vorsichtshalber einen Schritt zur Seite.
    »Schön, dass der junge Herr auch einmal kommt. Was hast du in Altenstadt so lange gemacht? Mit dem Pfarrer gevespert?«
    Bonifaz Fronwieser trat aus der Kammer nebenan, in den Händen einen rußenden Kienspan und ein paar weitere Sträucher Lavendel. Er wirkte älter als seine fünfzig Jahre. Einst war er eine stattliche Erscheinung gewesen; dem schneidigen Feldscher im Krieg hatten nicht wenige Mädchen schöne Augen gemacht. Doch nun, mit grauem, lichtem Haar und krummem Rücken, hatte er sich von früher nur den stechenden, wachen Blick bewahrt. Und seinen harschen Ton.
    »Seit Stunden warte ich hier auf dich!«, zischte er so leise, dass es die drei Patienten auf der Bank nicht hören konnten. »Ich soll zum Magister Hardenberg, immerhin Mitglied des Stadtrats. Auch ihn hat’s erwischt! Stattdessen muss ich mich hier mit ein paar Bauern abplagen, die mich, wenn’s hoch kommt, mit ein paar Eiern bezahlen!«
    Er legte seinen dürren Zeigefinger auf Simons Brust. »Gib’s zu, du hast dich wieder beim Henker rumgetrieben und deine Nase in schmutzige Bücher gesteckt! Die Leut tratschen schon, und du gibst ihnen allen Grund dazu.«
    Simon rollte mit den Augen. Bonifaz Fronwieser hasste den Scharfrichter, von dem er glaubte, dass er mit seinen unorthodoxen Heilmethoden und Büchern seinen Sohn verdarb.
    »Vater, der Pfarrer ... «, versuchte Simon die Predigt des Alten zu unterbrechen. Doch dieser fiel ihm gleich wieder ins Wort.
    »Aha, so ist das! Hast wohl mit dem fetten alten Zausel noch gezecht, hä? Ich hoffe, es hat wenigstens geschmeckt«, schnarrte er. »Die Haushälterin vom Koppmeyer soll eine ausgezeichnete Köchin sein!«
    »Er ist tot, Vater«, sagte Simon leise.
    »Was?« Bonifaz Fronwieser wirkte irritiert. Kurz wollte er in seiner Litanei fortfahren, dann zögerte er doch. Damit hatte er nicht gerechnet.
    »Koppmeyer ist tot. Es gab deshalb noch einiges zu tun«, wiederholte Simon.
    »Das ... das tut mir leid«, murrte der ältere Medicus nach einer kurzen Pause. »Hatte er auch dieses Fieber?«
    Simon sah auf die drei Kranken, die ihn teils neugierig, teils ängstlich anblickten. Dann schüttelte er den Kopf.
    »Etwas ... anderes. Ich erzähle es dir später.«
    »Nun gut«, murrte sein Vater, jetzt wieder ganz der Alte. »Dann mach dich an die Arbeit. Wie du siehst, sind hier noch ein paar Lebende, und die wollen behandelt werden.«
    Simon seufzte, dann half er seinem Vater bei der Untersuchung der Kranken. Viel gab es nicht zu tun. Ein paar getrocknete Kräuter für einen Sud, Brustkörbe abklopfen, Zungen begutachten, das übliche Beschnüffeln und Betrachten des Urins. Simon machte sich nichts vor. Vieles davon war nichts als billiges Theater, aufgeführt, um die Kranken in falscher Hoffnung zu wiegen und an ihr Geld zu kommen. Ausrichten konnten selbst studierte Doktoren nur in den wenigsten Fällen etwas. Auch diesem Fieber, das seit gut zwei Wochen nun in Schongau grassierte und dem schon ein Dutzend Bürger zum Opfer gefallen waren, standen die beiden Fronwiesers machtlos gegenüber. Die Menschen bekamen Schüttelfrost und Gliederschmerzen, manche starben ganz plötzlich innerhalb einer Nacht. Andere überstandendie erste Welle, nur um sich wenig später die Lunge aus dem Leib zu husten.
    Es machte Simon wütend, diesem Dahinsiechen machtlos zuzusehen. Sein Vater dagegen hatte sich offenbar damit abgefunden. Das Verhältnis zwischen ihnen war, gelinde gesagt, angespannt. Als Schongauer Stadtmedicus hoffte Bonifaz Fronwieser, dass sein Sohn einst in seine Fußstapfen treten würde. Doch Simon hatte mit den veralteten Methoden seines Vaters nichts am Hut. Klistierspritzen verabreichen, Blut abzapfen, das Riechen an der Pisse alter Männer ... Der junge Medicus beschäftigte sich lieber mit den Büchern, die ihm der Schongauer Henker immer wieder zur Verfügung stellte. Die Kiste mit den Lederfolianten, die er von Jakob Kuisl vor fast einem Jahr geschenkt bekommen hatte, war längst durchgearbeitet. Er gierte nach mehr. Auch jetzt während der Behandlung der drei Kranken geisterten zum wiederholten

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